016 - 30 Meilen unter dem Meer
für die Tschuuks. Aber der Letzte dieser Art musste vor sehr, sehr langer Zeit verendet sein. Weder Yrral noch eine der anderen Taratzen war je einem lebenden Exemplar begegnet. Das hieß, wenn man nicht willens war, dieses andere Ungeheuer als Abkömmling der Tschuuks zu betrachten; dieses Ding, das ihnen ein ums andere Mal die Beute abjagte. Das kreischend und brüllend und Feuer speiend heranraste und Taratzen mit seiner bloßen Präsenz in die Flucht zu schlagen vermochte.
Yrral und sein Trupp hatten eine solche Begegnung gerade hinter sich.
Und er war mehr denn je davon überzeugt, dass es sich bei dieser monströsen Kreatur um einen Ableger der Tschuuks handelte.
Tarman würde nicht erfreut sein.
Denn der König zählte zu den wenigen, die diesen Glauben nicht teilten.
Pah! dachte Yrral, und der Laut zischelte in seinem Schädel wie die Stimmen in der Höhle. Dann soll er sich doch selbst mit diesem Ungeheuer anlegen!
Er jedenfalls ertrug lieber die Strafe des Königs anstatt sein Leben im Kampf gegen diese Tschuuk-Abart wegzuwerfen! Denn Tarmans Strafen waren erträglich - meistens, und in aller Regel überlebte man sie…
Das Loch in der Flanke des Tschuuks wurde von zwei Taratzen bewacht. Sie ließen Yrral passieren, aber der Blick in ihrer schwarzen Augen und ihre hämisch verzogenen Mäuler verrieten dem erfolglosen Truppführer, dass der König schlechter Laune sein musste. Man erhoffte sich offenbar ein Schauspiel, das Tarman an Yrral zelebrieren würde.
Er trat ein.
Das Innere des Tschuuks wurde von Leuchtpilzen in diffuses Licht getaucht. Die anwesenden Taratzen wichen vor Yrral zurück, bildeten ein Spalier, und während er dem Schwanzende des Tschuuks zuging, spürte Yrral abermals die Blicke der Anderen wie die Berührung feuriger Eisen im Rücken.
Wenn er Glück hatte, würde ihm der König nichts Schlimmeres antun…
Tarman hockte ganz hinten im Tschuuk. Zwei Taratzenweibchen umsorgten ihn - eines massierte ihm den Schädel, das andere küsste und leckte ihm die Füße.
Etwas abseits befand sich Amoog, die größte und stärkste Taratze des Volkes - und Tarmans Vollstrecker. Er war ebenfalls mit einem Weibchen zugange. Über ihren Rücken hinweg grinste er Yrral an, ohne in seinem Tun innezuhalten.
»Ah, Yrral…«, sagte Tarman, als er des Jägers ansichtig wurde. Mit einer knappen Geste verscheuchte er die beiden Dienerinnen. Auch Amoog scheuchte sein Weibchen davon. Dass er seine Erregung noch offen zur Schau trug, kümmerte ihn nicht. Yrral sank auf alle Viere nieder und senkte demütig den Schädel.
»Herr, ich…«, setzte er an, doch Tarman winkte ab.
»Lass den Unsinn!«, fauchte er. »Die Kunde wurde mir bereits zugetragen, wie du ja wohl weißt. Ihr habt die Beute entwischen lassen!«
Yrrals bepelzte Flanken bebten vor Aufregung.
»Das… das ist nicht ganz richtig«, wagte er dann zaghaft Widerworte.
»Ach nein? Dann hat man mich belogen, wie?« Tarmans sanfter Tonfall täuschte.
»Nun… nein, das nicht…«, schränkte Yrral rasch ein. »Aber - der junge Tschuuk…!«
Tarman kreischte ungehalten auf.
»Verschon mich mit diesem Blödsinn! Ich will nichts mehr davon hören! Ihr habt euch zum Narren halten lassen - wieder einmal!«
»Ihr könnt die anderen fragen…«, sagte Yrral, viel kleinlauter als zuvor.
Tarmans Zorn hing wie etwas Greifbares, Erstickendes über ihm. Yrral glaubte darunter zu schrumpfen. Er wollte sich in sich selbst verkriechen und gab dabei das jämmerlichste Bild seines Lebens ab. »… es ist groß und schrecklich«, fuhr Yrral trotzdem fort. Er zitterte jetzt am ganzen Leibe. Sein schmutzig graues Fell sträubte sich bei der Erinnerung an das Untier und den ohrenbetäubenden Lärm, den es verursacht hatte. »… und es hätte uns alle in seinem Feuer verbrannt, wenn…«
»Sssei ssstill!«, zischte Tarman gefährlich leise und ruhig.
Yrral verstummte augenblicklich.
»Ich werde das Wort verbreiten lassen, dass jeder, der mir noch einmal mit solchen Ausflüchten kommt, in Stücke gerissen und an unsere Brut verfüttert wird!«, erklärte König Tarman.
»Und damit man mir auch glaubt…«
Tarman gab Amoog ein Zeichen und wies auf Yrral.
»Schlag ihn tot! Zerfetz ihn!«
Amoog grunzte und knurrte, als er auf Yrral zu ging. Der Tschuuk wankte leicht unter Amoogs Gewicht und der Gewalt seiner Schritte. Er bewegte die Klauen. Seine Gelenke knackten vernehmlich.
Sein erster Hieb kam fast ansatzlos! Die langen spitzen Krallen seiner
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