0160 - Der Sammler
Zweigen, dann war es ruhig.
Ich lief zurück zur Straße.
Meine rechte Hand hielt ich mit der linken umklammert und massierte das Gelenk. Es tat noch immer weh und war auch angeschwollen. Aber gebrochen hatte ich mir zum Glück nichts.
Ein Wagen hatte neben dem Bentley gestoppt. Ich sah es, als ich die Fahrbahn erreichte.
Es war ein dunkler Mercedes mit getönten Scheiben. Kaum konnte ich die beiden Männer hinter dem Lenkrad erkennen. Der Fahrer hatte es schwer, an meinem Silbergrauen vorbeizukommen.
Die Tür des Mercedes schwang auf.
Ein sehniger Bursche verließ den Wagen und schaute mir kalt entgegen. Plötzlich klingelte es in meinem Kopf Alarm. Ich kannte diese Typen wie den da. Er trug zwar einen hellgrauen Anzug, ein weißes Hemd und eine schmale Krawatte, aber die Kleidung konnte die Ausbuchtung dicht unter der Schulter nicht verdecken und bewies mir, daß dieser Typ zu einer gewissen Sorte Mensch gehörte, die ihr Geld auf nicht ehrliche Weise verdiente.
So sahen Killer aus.
Von den Augen erkannte ich nichts, weil eine Sonnenbrille sie verdeckte. Das schwarze Haar war glatt zurückgekämmt und fiel lang in den Nacken, wie es ja heutzutage Mode war. Der Typ bewegte beim Sprechen kaum die Lippen, als er mich anredete.
»Gehört Ihnen der Wagen?«
»Ja.«
»Dann schaff ihn weg, verdammt.«
In mir stieg die Wut hoch. Okay, der Bentley stand im Weg, aber das hätte man mir auch in einem anderen Tonfall sagen können. Ich spielte nicht gern die große Autorität, diesmal hielt ich es für angebracht.
»Darf ich Ihren Ausweis sehen?« fragte ich.
»Wozu?«
»Scotland Yard!«
Diese Antwort schien ihm überhaupt nicht zu passen, denn er wurde weiß. Er warf einen schnellen Blick auf seinen Kumpan, der sich zurückgelehnt hatte. Dann atmete er scharf durch.
Ich lächelte. »Darf ich bitten?« Innerlich vibrierte ich. Hoffentlich machten die Kerle keinen Ärger. Sie hätten mich ohne weiteres niederschießen können, denn meine Waffe lag ganz woanders.
Der Mann holte seinen Ausweis hervor und warf ihn mir zu. Ich fing ihn auf.
Vicente Paresi hieß der Knabe. Das hörte sich so richtig nach Mafia an.
»Und Ihr Kollege?« fragte ich, als ich ihm das Dokument wieder zurückwarf.
»Fragen Sie ihn.«
»Nein, das machen Sie!«
Er öffnete die Tür und sagte ein paar flüsternde Worte. Der Kerl im Mercedes spannte sich, spielte aber mit und präsentierte auch seinen Ausweis.
Er hieß Mort Millori. Ein englischer Name. Auch sah er nicht italienisch aus. Dunkelblondes Haar, kaum zu erkennende Augenbrauen und ein teigiges Gesicht, das zu einem runden Kopf gehörte. Er saß auf einem Stiernacken.
Ich nickte den beiden zu und ging zu meinem Wagen. Die Beretta lag an der den Gangstern abgewandten Seite. Schnell bückte ich mich und hob sie auf.
Vicente Paresi drehte sich um. »Sagen Sie mal, Mister, was sollte das eigentlich?«
Ich hatte schon die Fahrertür geöffnet. »Nur eine reine Routinemaßnahme, mehr nicht. Und Sie brauchen sicherlich nichts zu befürchten oder?«
»Nein, ganz bestimmt nicht.« Er grinste wölfisch.
Ich schoß noch eine Warnung hinterher. »Tullham ist ein sehr gefährliches Pflaster, Gentlemen, lassen Sie sich da durch den äußeren Eindruck nur nicht täuschen.«
»Danke, Bulle!« Der Kerl mit der Sonnenbrille stieg wieder ein.
Ich enterte ebenfalls meinen Wagen und fuhr ihn ein Stück zur Seite, so daß der andere vorbei konnte.
Der Mercedes startete mit durchdrehenden Reifen.
Langsamer fuhr ich an und schaute auf meine Hand. Die Schwellung hatte nicht weiter zugenommen. Ein beruhigendes Gefühl, aber auch eine Sache des Trainings. Ungeübte Kämpfer hätten sich bestimmt die Hand gebrochen. Ich hatte Routine.
Unterwegs fragte ich mich, was die beiden Kerle in dieser kleinen Stadt wollten. Daß sie Mafiosi waren, daran gab es für mich keinen Zweifel. Und mit der Mafia war ich ebenfalls schon aneinandergeraten. Ich brauchte da nur an Logan Costello zu denken, Londons mächtigsten Mafiaboß. Von ihm zu Dr. Tod und seiner Mordliga gab es sogar eine schwache Verbindung, die mir überhaupt nicht paßte. Beide waren schon mächtig genug. Sollten sie sich aber zusammenschließen, konnten wir die Hölle erleben. Soweit wollte ich es nicht kommen lassen. Bisher jedoch waren meine Attacken gegen Costello Fehlschlage gewesen. Er hatte es immer wieder verstanden, sich rauszuhalten. Allerdings machte er mich für den Tod seines Bruders verantwortlich, obwohl dieser sich selbst
Weitere Kostenlose Bücher