0160 - Der Sammler
geschlagen. Sie war in seinem Rücken aufgetaucht, der Spiegel fiel zu Boden, zurück blieben Scherben.
Dann hatte sie mit ihm gespielt.
Er sah sich noch auf den Knien liegen und um Gnade flehen.
Den Kopf hielt er gesenkt, daß er sie nicht anzuschauen brauchte.
Und sie hatte nur gelacht.
Hämisch, grauenhaft, widerlich.
»Ich töte dich nicht«, sagte sie. »Ich lasse dich auch nicht leben. Ich mache dich zu meinem Diener!«
Dann war die Verwandlung eingetreten. Man riß ihm die Seele aus dem Körper. Er wurde zu einem Steinmenschen.
Nichts konnte er tun. Er lag vor ihr. Blickte auf die züngelnden Schlangen, die ihren Kopf umtanzten.
Grüne Tiere waren es.
Giftig und gefährlich…
Dann befand er sich endgültig in ihrer Gewalt, und nichts konnte ihn mehr retten.
Die Schlangen lösten sich von ihrem Kopf, bissen ihn und knüpften so das Band, das ihn mit Medusa bis auf alle Zeiten verband.
Es war grauenhaft.
Er befand sich in der Gewalt dieser Frau und mußte das tun, was sie sagte.
Und er wurde besessen.
Das Band verstärkte sich. Eine nahezu unheimliche Gier breitete sich in seinem Körper aus. Dobbs wurde zum Sammler. Er sammelte die Köpfe der Versteinerten, die in Medusas Bann geraten waren. Wenn er den Versteinerten die Köpfe abgeschnitten hatte, dann steckte er sie auf Pfähle und zeigte sie der Frau.
Sie ergötzte sich an dem Anblick und freute sich darüber, wie treu ihr Dobbs ergeben war.
Im Laufe der Jahrzehnte waren zahlreiche Köpfe zusammengekommen. Jeden hatte er verwahrt. Im Keller des geheimnisvollen Hauses standen sie.
Sie steckten auf langen Stangen.
Männer und Frauen…
Gesichter. Viele zeigten noch die Todesangst, die sie in den letzten Minuten ihres Lebens durchlitten hatten. Grausam verzerrt, schaurig anzusehen.
Medusa freute sich über jeden Kopf.
Immer wieder schickte sie den Sammler los, damit er die schaurigen Trophäen holte.
Doch an diesem Tag kam er ohne Kopf zurück. Er war durcheinander. Medusa hatte ihm den Auftrag gegeben, einen Mann zu töten, der noch nicht versteinert war. Und das, weil dieser Mann zufällig einen Steinkopf gefunden und ihn zerstört hatte.
Aber der Mann lebte noch. Es war ihm tatsächlich gelungen, der gefährlichen Säge zu entkommen. Er trug etwas bei sich, was den Sammler vollkommen irritierte.
Ein Kreuz!
Ein gefährliches Kreuz, denn Dobbs hatte sehr wohl die Macht dieses Kruzifix gespürt. Hätte es ihn berührt, so wäre er vergangen, so aber hatte er sich gerade noch retten können.
Jetzt war er völlig durcheinander.
Er mußte unbedingt zu seiner Herrin und ihr Bericht erstatten.
Sie sollte wissen, daß ein gefährlicher Feind aufgetaucht war, den man auf keinen Fall unterschätzen durfte.
Dobbs hetzte durch den Wald.
Er stolperte den Hang hinauf und konnte es gar nicht mehr erwarten, bis er sein Haus erreichte.
Schließlich traf er auf einen schmalen Weg. Wind und Wetter hatten eine Schneise in den Wald geschlagen, so daß er einen Blick zurückwerfen konnte.
Da unten lag Tullham.
Dort wohnten seine Opfer.
Denn Medusa wollte sie haben.
Alle!
Jeder Einwohner sollte zu Stein werden und nur ihr allein dienen. Sie wollte die Macht, denn irgend etwas störte sie, das hatte Dobbs herausgefunden. Sie mußte eine Widersacherin besitzen, die ungeheuer mächtig war, von der sie aber nie etwas direkt gesagt hatte. Doch ein enger Diener wie Dobbs spürte es.
Wer war die geheimnisvolle Feindin?
Er hob die breiten Schultern und ging weiter. Mit langsamen, aber großen Schritten überwand er die Distanz, die ihn noch von dem Haus auf dem Hügel trennte.
Oft kam ein Mann aus dem Ort hierher. Er versteckte etwas in dem Haus. Direkt in der großen Halle, wo der Steinfußboden an einer Stelle gerissen war. Dort befand sich eine Öffnung, in die der Mann immer eine Tüte mit weißem Pulver legte.
Bisher hatten sich Dobbs und die Medusa nicht um ihn gekümmert, der lief ihnen nicht weg, aber sie würden sich seiner annehmen, wenn die Zeit reif war.
Es wurde Zeit, daß er Medusa Bericht erstattete. Zudem war ein Kopfloser unterwegs. Medusa hatte ihn bewußt am Leben erhalten, damit er Informationen lieferte. Sie wollte genau wissen, wie es im Ort aussah, damit sie in der Nacht zuschlagen konnte. Dieser Kopflose, das letzte Opfer, würde danach zu Staub zerfallen, nur seinen Schädel brauchte man noch.
Den bekam der Sammler.
Er freute sich diebisch darauf, nachdem er sich schon um seine Beute betrogen gesehen hatte. Doch nun
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