0161 - Zamorras Sarg
nicht sehen konnte. Warum er sie verbarg, war ihm selbst nicht völlig klar. Irgend etwas zwang ihn dazu, obwohl sein Verstand ihm sagte, daß er Hilfe benötigte, daß Nicole, Bill Und andere ihm diese Hilfe geben konnten.
War es die unterbewußte Angst des Vampirs, beim Erkanntwerden von den Normalmenschen gepfählt zu werden?
Zamorra starrte auf die Wellen.
Plätschernd schlugen sie gegen den Rand des Beckens, erzeugt durch die Schwimmbewegungen des braunhaarigen Mädchens, das mit eleganten Bewegungen durch den Pool glitt.
Vampire können kein fließendes Wasser überqueren, entsann er sich. Erschrocken zuckte er bei diesem Gedanken zusammen. Fühle ich mich denn schon wie ein Vampir?
Immerhin - dies war kein fließendes, sondern stehendes Wasser, das täglich ausgetauscht wurde. Zamorra kletterte die kleine Leiter hinunter und fühlte, wie sich das Wasser kühl um seine Beine schloß.
»He, Bill«, rief Manuela und winkte dem Amerikaner zu. »Willst du eigentlich nur zuschauen?«
Bill lachte, stieß sich ab und verschwand mit einem weiten Hechtsprung im Pool. Zamorra wurde vom aufspritzenden Wasser überschüttet. Unwillkürlich duckte er sich. Dann endlich löste er sich von der kleinen Leiter und begann mit Schwimmbewegungen.
Er war sonst ein guter Schwimmer, aber heute schienen ihm die Bewegungen irgendwie schwer zu fallen. Er hatte sichtlich Mühe, sich über Wasser zu halten, zog zwei Runden und kletterte dann wieder hinaus. Erleichtert griff er nach dem großen Handtuch und begann sich zu frottieren. Bills Hoffnung, seine Lebensgeister durch das kühle Wasser zu wecken, hatte sich nicht erfüllt. Im Gegenteil: Zamorra fühlte sich ausgelaugter als zuvor.
Das Vampir-Syndrom! Das Tageslicht macht mir zu schaffen! Bei Nacht werde ich wieder hellwach sein!
Das Grauen schüttelte ihn. Er wurde durch den Biß langsam, unendlich langsam zum Vampir und konnte nichts dagegen tun… Aber er wollte es versuchen. Gleich nach dem Mittagessen. Es gab da verschiedene Möglichkeiten, solange das Stadium noch nicht zu weit fortgeschritten war…
Bill und Manuela kamen jetzt auch aus dem Wasser. Zamorra beobachtete das Mädchen, auf dessen schlankem, sonnengebräunten Körper die Wassertropfen glänzten. Der Professor verfolgte jede ihrer geschmeidigen Bewegungen. Sie trug ein verboten winziges, feuerrotes Ding, für das die Bezeichnung Tanga kaum noch ausreichte. Aber nicht ihr Körper war es, der ihn erregte und faszinierte, sondern etwas anderes.
Er schien durch die Haut sehen zu können. Er sah die rote, pulsierende Flüssigkeit, die durch ihre Adern pulste, sah das Leben darin. Und ein eigenartiges Verlangen begann sich in ihm zu regen.
Blut!
Mein Gott , laß es nicht wahr werden, dachte er verzweifelt. Es darf nicht sein! Soll denn Nicoles Alptraum Wirklichkeit werden?
Mit langsamen Bewegungen begann er sich anzukleiden und stellte fest, daß er immerhin noch in der Lage war, den Namen Gott zumindest in Gedanken zu formulieren. Aber seine Erleichterung darüber wurde wiederum von etwas anderem abgeschwächt, das deutliche Furcht zeigte. Der Keim des Bösen, die unselige Blutsaat des Vampirs!
Zamorras Finger berührten wie unauffällig die Bißmale an seinem Hals.
Ich muß handeln, dachte er, ehe es zu spät ist. Oder wir werden alle sterben.
Alle!
***
Plötzlich fühlte Zamorra ein seltsames Rufen in sich. Etwas im unteren Teil des Schlosses rief nach ihm, zog ihn magisch an Er blieb stehen. Manuela und Bill gingen vor ihm her zum Speiseraum.
Der Professor schüttelte den Kopf. Eine verschwommene Ahnung stieg in ihm auf, eine Erinnerung an den späten Abend… doch es blieb verwaschen.
Zamorra änderte seinen Weg. Er wollte wissen, was da nach ihm rief. In seiner Erinnerung war es unterdrückt, doch es rief nach ihm.
Er ging durch den Korridor. Halb auf der Treppe blieb Bill Fleming plötzlich stehen. »He, Zamorra, wo willst du hin?«
Zamorra stand vor der Tür eines Zimmers. Er öffnete sie und wandte den Kopf. »Ich will nach etwas sehen?«
Bill kam wieder ein paar Stufen herab. »Nach der Vampirfalle? Habe ich schon, du…«
Vampirfalle? durchzuckte es Zamorra. Gleichzeitig brach die vom Vampir-Keim unterdrückte Erinnerung wieder voll durch. Bill und er hatten das Ding aufgestellt, und er war jetzt genau hineingelaufen.
Die Vampirfalle schlug zu!
***
Zamorra fühlte sich von einem unwiderstehlichen Sog ins Zentrum des Bannfeldes gerissen. Er stolperte fast und fand sich in der Mitte
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