0161 - Zamorras Sarg
völlig übermannt?
Immerhin, sie war auf dem Vormarsch. Auch bei Nicole sah er jetzt das Blut in ihren Adern pulsieren, eine rote Flüssigkeit, die für ihn das Leben bedeutete.
Aber irgendwie kam der Vampirkeim bei ihm nicht so zur Reife, wie er es von anderen Vampir-Opfern kannte.
Es ging so unendlich langsam. Lag es daran, daß der Vampir nur zum Biß gekommen war, nicht aber dazu, Zamorras Blut zu trinken?
Oder lag es an etwas anderem?
Er entsann sich eines anderen Falles. Tanja Semjonowa, die ehemalige KGB-Agentin! Auch sie war von einem Vampir gebissen worden und war zur Vampirin geworden. Aber irgend etwas hatte dabei nicht richtig funktioniert. Semjonowa hatte sich im Laufe der Zeit zurückverwandelt, war aus eigener Kraft vom Vampir wieder zum Menschen geworden. Aber bei ihr war etwas anderes ausschlaggebend gewesen: Sie besaß latente Para-Kräfte.
Wie Zamorra…
Es hatte da auch noch einen anderen Fall gegeben, von dem er allerdings war ein Vampir auferstanden, der sich Dracula nannte. Zamorra bezweifelte allerdings, daß, es sich tatsächlich um eine Reinkamation des berüchtigten Vlad Tepes handelte. Wahrscheinlich hatte jemand das alles mißverstanden oder ein anderer Vampir hatte den Namen des Wojwodenfürsten angenommen. Fest stand jedenfalls, daß ein Mann namens Warren Clymer von diesem Dracula gebissen worden war, es aber heil überstanden hatte. Aus seinem Blut war sogar ein Serum entwickelt worden, das die unmittelbar Befallenen geheilt hatte. Ironischerweise sprach das Serum nur auf die Befallenen heilend an, die von eben diesem Vampir gebissen worden waren. Auf Bisse anderer Vampire reagierte es nicht.
Es gab also durchaus Fälle, in denen der Vampirbiß nicht unbedingt Unheil bringen mußte. Bei Semjonowa hatte es sich allerdings so abgespielt, daß es kein dämonischer Vampir gewesen war, sondern nur ein paar Wesen in Fledermausgestalt, die keinerlei Gestaltswandlung fähig waren. Auch unter den Vampiren gab es nicht unbeträchtliche Unterschiede in Rang, Können und Macht.
Zamorra nahm an, daß sein Gegner über enorme Kräfte verfügte, denn anders hätte er die Abschirmung nicht durchbrechen können. Demzufolge konnte der Professor nicht darauf hoffen, daß es sich bei ihm ebenso abspielen würde wie bei der Vampir-Lady Tanja Semjonowa. Immerhin kam der Umwandlungsprozeß nur sehr schleppend vorwärts, wurde wahrscheinlich durch Zamorras Parakräfte gehemmt. Er hatte also noch eine Chance.
Dennoch war der Keim schon stark genug um zu verhindern, daß er zu seinen Freunden darüber sprach. Obwohl er ihre Hilfe hätte gebrauchen können, um gegen den Vampirkeim anzugehen, zwang ihn etwas, zu schweigen und darüber hinaus alles zu tun, die Bißmale zu verbergen. Zamorra hatte einen Rollkragenpullover übergestreift und den Kragen ziemlich hoch geführt, obwohl er darin schwitzte. Aber auf diese Weise brauchte er niemanden hypnosuggestiv zu beeinflussen, die Male nicht zu sehen.
Es war klar abzusehen, daß er trotz der Hemmschuhe, die seine Para-Kräfte dem Keim entgegenstellten, nicht siegen konnte. Aus eigener Kraft konnte er den Keim nicht überwinden, der in seinem Blut kreiste und allmählich mehr und mehr Macht gewann.
Aber es gab eine andere Möglichkeit.
Wenn der Vampir rechtzeitig getötet wurde - erstarb dessen finstere Kraft, und Zamorra würde wieder normalisiert werden.
Es war lediglich eine Frage des Zeitpunktes. Sobald der Keim endgültig die Überhand in Zamorra gewann, war es zu spät. Es mußte vorher geschehen. Er war also im Zugzwang, im Zeitdruck. Er mußte den Unheimlichen so schnell wie möglich finden, stellen und vernichten. Nur dann hatte er eine hundertprozentige Chance. Wenn nicht, gab es nur geringe Wahrscheinlichkeiten, daß er auf irgendeine Weise davonkam. Und nicht nur das: Er wurde zu einer Gefahr für die anderen, getrieben von dem Verlangen nach Blut. Und jeder Biß würde den Keim weiterpflanzen.
Aber Zamorra wußte nicht, ob es ihm gelingen würde, den Vampir zu töten, wenn er ihm gegenüberstand. Denn seine bisherigen Erfahrungen mündeten alle in die Weisheit, daß der Gebissene in zuweilen fast sklavische Abhängigkeit zu seinem Beißer verfiel. Und ein Sklave konnte seinen Beherrscher nicht angreifen…
Lustlos zerlegte Zamorra die Kartoffel mit der Gabel in millimetergroße Fragmente. Das Essen schmeckte ihm nicht. Ihn verlangte unterschwellig nach etwas anderem, und er mußte sich beherrschen, nicht offen die Hälse der Freunde
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