0161 - Zuletzt wimmern sie alle
nächste Vorlesung erst heute nachmittag um vier. Bis dahin hofft er, der Sache schon auf der Spur zu sein.«
»Er ist Spezialist auf diesem Gebiet?«
»Ja.«
»Gut. Dann müssen wir also sein Gutachten abwarten. Allerdings können wir in der Zwischenzeit schon ein paar andere Dinge unternehmen.«
»Augenblick!« rief Phil. »Ich habe meine Anwesenheit in der Universität benutzt, um ein paar Lehrer zu interviewen, die in den Semestern Vorlesungen hielten, welche Raile Sheers besuchte.«
»Und? Das habe ich vor Wochen schon getan. Damals kam nichts heraus dabei.«
»Damals warst du auch noch nicht auf den richtigen Einfall gekommen!« sagte Phil lächelnd. »Heute konnte ich meine Fragen sehr direkt plazieren. Eine Dozentin und zwei Professoren sahen in ihren Büchern nach. Und weißt du, was dabei herauskam?«
»Na?«
»Diese Raila Sheers muß eine ganz seltsame Schülerin gewesen sein«, sagte Phil versonnen. »In bestimmten Wochen waren ihre Leistungen jeweils am Dienstag, Donnerstag und Samstag gut - vorausgesetzt, daß am Samstag überhaupt eine Vorlesung war. In anderen Wochen war sie wieder am Montag, Mittwoch und Freitag besonders gut, während ihre Leistungen in den anderen Tagen merklich abfielen. Ein ganz eigenartiger Rhythmus, findest du nicht?«
Ich blies die Luft aus: »Das sieht ja ganz so aus, als ob die beiden —«
Phil nickte: »Sehr wahr, mein Alter! Beide! Beide!«
Er dehnte das letzte Wort, daß es lange in der Luft hing. Wir sahen uns an, und dann mußten wir auf einmal laut lachen.
***
Mitten in unser Gelächter hinein klopfte es an die Tür.
»Come in!« rief ich.
Ein Kollege kam herein.
»Von der Coast Guard wurde unten diese Liste für dich abgegeben, Jerry. Der zweite Teil mit allen Schiffen, die nach zehn Uhr vormittags eingelaufen sind, würde dir heute abend zugestellt.«
»Gut, danke.«
Phil und ich machten uns sofort über die Liste her. Eine lange Reihe von Schiffsnamen war angegeben, mit ihren Reedern, Flaggen, Ankunftszeiten und Anlegestellen.
Plötzlich stieß ich auf eine Eintragung:
»Santa Margareta… wegen Nebels fünf Stunden Verspätung…«
»Sieh dir das mal an, Phil!« sagte ich.
Phil las die kurze Notiz, dann sah er mich fragend an: »Du meinst?«
Ich rieb mir nachdenklich übers Kinn: »Meiner Ansicht nach spricht alles dafür. Als mich die Gangster in das Haus in der 13ten Straße Ost gebracht hatten, hieß es plötzlich, daß der Chef nicht kommen könne, obgleich er doch ursprünglich dasein wollte. Dafür mußten wir dorthin, wo der Chef war und doch offensichtlich nicht weg konnte: in den Hafen. Er hatte ein starkes Nachtglas in der Hand und mußte wohl schon einige Zeit Ausschau gehalten haben. Nun, warum hält man im Hafen Ausschau? Wonach schon? Doch nach einem Schiff! Wir können also annehmen, daß er schon eine ganze Zeit dort gestanden hat, nicht wahr?«
Phil nickte zustimmend: »Sicher, sonst hätte er ja pünktlich in dem Haus sein können, wohin sie dich zuerst gebracht hatten.«
»Richtig. Jetzt rechne noch die Zeit dazu, die unsere Unterhaltung dauerte. Immerhin auch eine hübsche Reihe von Minuten. Jetzt kommst du schon auf eine ziemlich lange Zeitspanne. Alle anderen Schiffe, die ich bis jetzt hier überprüft habe, kamen quer über den Atlantik und hatten freie Fahrt. Nur dieser Kahn kam unten von Süden herauf, und da scheint es unterwegs irgendwo eine mordsdicke Nebelbank gegeben zu haben. Damit wäre doch das stundenlange Ausschauhalten des Boß’ erklärt!«
»Klar! Wenn man es so betrachtet, ist das sogar eine ziemlich einleuchtende Erklärung! Der Boß wollte mit dir ursprünglich in diesem einen Haus in der 13ten Straße sprechen. Vorher hatte er aber noch irgend etwas mit der ›Santa Margareta‹ zu regeln. Da sie enorme Verspätung hatte, konnte er nicht kommen, sondern ließ dich in den Hafen bringen. Wo sagtest du, war die Stelle, wo du ins Wasser sprangst?«
»Der Mann auf dem Boot, in das ich geklettert war, sagte, wir wären etwa in der Höhe der Wall Street.«
Phil schloß die Augen und dachte scharf nach. Er kennt New York noch besser als ich und murmelte nach einem Augenblick auch schon: »Das ist ungefähr Pier elf. Sieh mal nach, wo die ›Margareta‹ angelegt hat!«
Ich zog die Liste heran und suchte gespannt die Spalte, in der man die jeweilige Anlegestelle eingetragen hatte.
»Anlegestelle: Pier 11 Nord«, las ich vor. »East River.«
»Na also«, sagte Phil zufrieden. »Wochenlang kommt man
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