0162 - Die Menschenfalle
wieder. Auf den schwarzen Bodenkacheln waren die nassen Spuren nackter Füße zu sehen. Sie führten auf eine andere Tür zu. Zwei nebeneinanderliegende Zimmer verfügten über ein und dasselbe Bad.
Mein Jagdfieber loderte auf. Ich folgte den nassen Spuren. Endlich etwas Konkretes. Endlich etwas Handfestes. Eine Spur. Sie würde mich zu dieser Frau führen, die so unheimlich gesungen hatte.
Sicherheitshalber zog ich meine Beretta, die mit Silberkugeln geladen war, aus der Schulterhalfter. Ich entsicherte die Pistole. Niemand konnte wissen, was mich hinter dieser Tür erwartete.
Die Frau? Die Tote?
Ich erreichte die Tür und öffnete sie schnell. Meine Augen waren ganz schmal. Mein Gesicht sah in diesem Augenblick aus, als wäre es aus Granit gemeißelt. Ich stand unter Strom, rechnete jeden Moment mit einem Angriff.
Rasch trat ich in den anderen Raum. Ein Luftzug warf die Tür hinter mir zu. Ich war allein. Professor Chandler befand sich noch im Bad. Ich dachte im Moment nicht an ihn, sondern nur an die Untote, die gesungen hatte.
Wohin war sie verschwunden? Auf dem Teppich verlor sich ihre Spur. Doch plötzlich gewahrte ich hinter einem Paravant eine Bewegung. Und dann huschte eine Gestalt, die durchaus nackt sein konnte, durch den schummerigen Raum.
Meine Beretta flog hoch. »Halt!« schrie ich. »Oder ich schieße!«
Meine Stimme ließ keinen Zweifel darüber zu, daß ich ernst meinte, was ich sagte.
***
Chandler wollte mir zuerst folgen, doch dann blieb er im Bad. Er dachte, ich hätte die Tür zugeworfen, nahm vermutlich an, daß ich mich allein um die Frau kümmern wollte.
Grübelnd zupfte er an seinem Schnauzbart. War all den Menschen, die in Camberwell verschwunden waren, dasselbe zugestoßen?
Hatte mit ihnen Oscar Nash auch so lange Katz und Maus gespielt?
Oder war er über die sofort hergefallen, weil sie allein gewesen waren, während er bei ihnen vieren zunächst einmal trachten mußte, sie auseinanderzubringen?
Nun, in die Hälfte geteilt hatte er die vierköpfige Gruppe bereits.
Und nun hatte er ihn von John Sinclair getrennt. Stand nun ein Angriff kurz bevor? Wen würde es als ersten Treffen?
Chandler schaute in den Spiegel. Überall in diesem Haus war die Ausstrahlung des absolut Bösen zu spüren. Doch hier fühlte der Parapsychologe die Einflüsse der Hölle besonders intensiv.
Er richtete seinen Blick an seinem Spiegelbild vorbei. Ein süßlicher Geruch stieg ihm in die Nase. So roch Blut! Und plötzlich fuhr dem Professor ein eisiger Schrecken in die Glieder, denn die Badewanne war auf einmal nicht mehr mit Wasser, sondern mit Blut gefüllt!
Er wirbelte herum. »Das ist ja…«
Er starrte auf die feuchten Spuren. Ebenfalls Blut!
Er ging in die Hocke und berührte eine Fußspur mit den Fingerspitzen. Klebrig und dunkelrot. Kein Irrtum war möglich. Hier hatte tatsächlich jemand in Blut gebadet.
Chandler vernahm ein plätscherndes Geräusch. Es kam aus der Badewanne. Ihm war, als würden dicke Hagelschauer über seine Wirbelsäule rieseln. Die Person, die im Blut gebadet hatte, schien sich noch in der Wanne zu befinden. Charles Chandler richtete, noch in der Hocke, seinen Blick auf den Wannenrand, der sich in seiner Augenhöhe befand.
Plötzlich sah er eine Hand. Die schlanken Finger einer Frau. Blut tropfte von ihnen auf die Fliesen herab. Er schnellte hoch, und da sah er die unheimliche Frau.
Sie tauchte aus dem Blut auf. Es rann über ihren nackten Körper.
Das lange schwarze Haar klebte an ihrem Kopf. Sie hatte ein schönes, ebenmäßiges Gesicht und schwarze, stechende Augen, mit denen sie den Parapsychologen nun haßerfüllt anstarrte.
Sie verbarg ihre rechte Hand hinter ihrem Rücken vor ihm. Doch nicht mehr lange. Sobald sie aus der Wanne gestiegen war, kam die Hand zum Vorschein. Chandler hatte das Gefühl, seine Haare würden ihm mit einemmal zu Berge stehen.
Was er sah, entsetzte ihn.
Denn die Frau hielt ein Messer mit einer langen Klinge in ihrer Hand!
***
Nick Nagalesco rieb sich die brennende Wange. Joan hatte tüchtig zugelangt. Es machte ihm nichts aus. Er grinste trotzdem. Es war nicht die erste Ohrfeige, die er kassierte, weil er einem Mädchen einen Kuß geraubt hatte. Das kam immer wieder mal vor. Er riskierte es gern, und in Joans Fall hatte sich dieses Risiko gelohnt.
»Verrücktes Weibervolk!« sagte er amüsiert. »Na warte, du kleines Luder. Du bist keine Heilige. Dich kriege ich auch noch dorthin, wo ich dich haben will.« Es hatte in der Tat
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