0162 - Die Menschenfalle
mit Blut gefüllt war. Er keuchte schwer. Der Kampf mit der Frau hatte ihn sehr viel Kraft gekostet.
Ihr letzter Fausthieb hatte ihn brutal niedergeworfen. Benommen blickte er zu der unheimlichen Furie hoch, die sich ihre Chance, den Mann zu töten, nicht entgehen lassen wollte.
Sie holte mit dem Messer kraftvoll aus.
Mir war, als würden Eiskugeln durch meine Adern rollen.
Professor Chandlers Leben hing an einem seidenen Faden, der noch dazu brüchig war. Schon in der nächsten Sekunde konnte dieser Faden reißen.
Die blutige Frau stieß ein irres Gelächter aus.
Charles Chandler riß abwehrend beide Arme hoch. Er wollte versuchen, die Messerhand des mordlüsternen Weibes abzufangen, doch er hätte es nicht geschafft. Er war nicht mehr stark genug.
Ich machte einen großen Schritt vorwärts.
Die Furie wollte dem Professor mit ihrem Messer das Leben nehmen. Ihre Messerhand zuckte auf den wehrlosen Mann zu. Ich zögerte nicht. Meine Beretta richtete sich blitzschnell auf sie.
Auf diese Entfernung konnte ich nicht danebenschießen.
Ich brauchte also nicht zu zielen, konnte einfach abdrücken. Das tat ich. Mein Finger krümmte sich. Krachend entlud sich die Waffe.
Die geweihte Silberkugel wurde aus dem Lauf und der Furie entgegengeschleudert.
Das Geschoß traf!
Die Wirkung war frappierend. Als das Projektil in den nackten Körper des blutigen Weibes eindrang, gellte ein markerschütternder Schrei auf, und gleichzeitig verwandelte sich die unheimliche Frau in eine grelle Stichflamme, die zur Decke hochschoß und dort oben einen schwarzen Brandfleck hinterließ. Das war alles, was von diesem gefährlichen Satansweib übrigblieb.
Ich ließ erleichtert die Waffe sinken.
»Das war Rettung in höchster Not«, sagte Charles Chandler. »Ich danke Ihnen, John.«
»Keine Ursache. Haben Sie mich nicht in dieses Haus mitgenommen, damit ich auf Sie aufpasse?« erwiderte ich.
Ich begab mich zu ihm, streckte ihm die Hand entgegen, er ergriff sie, und ich half ihm auf die Beine.
»Wissen Sie, wer diese Frau war?« fragte ich den Professor.
»Nein. Sie war kalt wie ein Eisblock. Aber ich hatte den Eindruck, daß sie aus Fleisch und erstarrtem Blut bestand.«
»Eine lebende Tote?«
»Ja. Sie hat mit Nash seit vielen Jahren in diesem Haus ihr Unwesen getrieben.«
»Woher wissen Sie das?«
»Sie hat es mir gesagt.«
»Was hat sie noch gesagt?« wollte ich wissen.
»Sonst nicht mehr viel. Nur, daß sie mich umbringen würde.«
Charles Chandler schüttelte sich. »Es war schauderhaft. Wenn Sie nicht eingegriffen hätten, wäre ich verloren gewesen. Diese Furie war ungemein kräftig.«
»Kräfte der Hölle befanden sich in ihr«, sagte ich.
Chandler wischte sich mit der Hand über die Augen. »Nie werde ich vergessen, wie sie aus dieser Wanne voll Blut stieg…« Er drehte sich um, und sein Blick nahm einen ungläubigen Ausdruck an, denn in der Wanne befand sich auf einmal kein Blut mehr, sondern gewöhnliches Wasser.
Mir fiel es auch auf. Ich nickte grimmig. »Nash setzt sein Spiel mit uns fort.«
»Ich bin sicher, daß wir ihn früher oder später zu Gesicht kriegen werden, John«, sagte der Professor.
»Mir wäre früher lieber als später«, knirschte ich, während ich auf die Pistole in meiner Hand schaute.
***
Atemlos lehnte Nick Nagalesco an der Tür. Fassungslos blickte er auf die toten Opfer des Hexers. Hier lagen sie, in diesem Zimmer des Grauens. Der Verwalter leckte sich nervös die Lippen.
Was war das nur für ein Horror. Wie hatte er glauben können, daß es so etwas nicht gibt? Wie hatte er sich einbilden können, die Geschichten, die man sich über dieses Schreckenshaus erzählte, würden alle erfunden sein? Konnte ein Mensch überhaupt eine so grausame Phantasie haben?
Nagalesco hielt die Luft an und lauschte. Das Krokodil, vor dem er geflohen war, war nicht zu hören. Aber es war bestimmt noch in der Nähe. Der Hexer war noch da, Nick Nagalesco glaubte ihn fühlen zu können.
Mit überreizten Nerven versuchte der Verwalter sich ein Bild von seiner Situation zu machen. Er mußte weg von hier. Raus aus diesem Haus. An die andern dachte er nicht.
Auch nicht an Joan Duxbury, die der Professor in seine Obhut gegeben hatte. Zum Teufel, jetzt war sich jeder selbst der Nächste.
Sollte jeder auf seine Weise trachten, aus dem Spukhaus zu kommen.
Nagalesco war nicht in der Lage, sich um die andern zu kümmern.
Er hatte genug damit zu tun, sich um seine eigene Sicherheit zu sorgen. Nash hatte es
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