0162 - Londons Pflaster ist heiß
glaube, dass Nollan für heute oder morgen einen neuen Schlag gegen Sie plant, Mr. Clean. Sie sollten sich vorbereiten.«
»All right. Ich kann es tun. Bleib hier, mein Junge, und du wirst sehen, was ich unternehme.«
In den nächsten drei Stunden, in denen sich der Klub mit einer großen Anzahl Gäste füllte, erschienen nach und nach auch eine Reihe von Typen, die nicht so aussahen, als verkehrten sie regelmäßig in einem Nachtklub. Es waren Männer in fragwürdigen Anzügen und mit ebenso fragwürdigen Gesichtern. Sie vertilgten Alkohol in solchen Mengen, dass man annehmen musste, sie bekämen ihn umsonst; und sie begleiteten die Darbietungen des Programms nicht nur mit Klatschen, sondern auch mit Pfiffen, Trampeln und Grölen. Die Gentlemen des Stammpublikums sahen sich befremdet und unbehaglich um.
Richtig unbehaglich aber wurde ihnen erst, als eine Stunde nach Mitternacht am Eingang ein kleines Handgemenge entstand. Das Fräulein aus der Garderobe erschien kreischend im Saal. Hinter ihr trampelte eine Horde von Männern in Rollkragenpullovern, bunten Hemden oder Sweatern in den Klub.
Die Gentlemen, durchweg im Smoking, brachten sich in Sicherheit. Die Eindringlinge schrien, okkupierten einfach irgendwelche Stühle, drängten sich an besetzte Tische, brüllten nach der Bedienung. Die Kellner waren ratlos.
Nicht ratlos waren die Gestalten, die schon vorher im Wirrington Klub gesessen hatten. Sie schoben die Stühle zurück, krempelten die Ärmel hoch und machten sich daran, die Eindringlinge hinauszuwerfen, obwohl es ganz offensichtlich war, dass beide Gruppen im Grunde genommen aus der gleichen Schicht stammten.
Im Handumdrehen war die schönste Schlägerei im Gang. Von den Gentlemen wurde nur hin und wieder einer in Mitleidenschaft gezogen. Da die Eindringlinge offensichtlich nicht mit so energischem Widerstand gerechnet hatten, gerieten sie rasch in Bedrängnis.
Ich beteiligte mich nicht. Ich fand, dass ich in der kurzen Zeit meines Londoner Aufenthalts genügend Prügel ausgeteilt und erst recht genügend Prügel bezogen hatte.
Ich saß strategisch günstig an einem Ecktisch. Gelassen sah ich zu, wie Cleans Freunde die anderen aus dem Lokal räumten. Hier und da wurde zwar ernsthaft Widerstand geleistet. Auch ging das eine oder andere Möbelstück in die Brüche, aber im Großen und Ganzen zeichnete sich die Niederlage der anderen Partei bereits in den ersten Minuten ab.
Jemand klopfte mir auf die Schulter. Neben mir stand Lester Bright, der Fotograf.
»Ich sehe, Sie haben meinen Rat befolgt«, sagte er lächelnd, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich.
Er zeigte auf das Kampfgetümmel.
»Nollan erleidet eine Niederlage.«
»Sind das Nollans Leute?«
»Nicht direkt, selbstverständlich. Das sind Bewohner Sohos, die sich von ihm für einige Pfund haben anheuern lassen, um den Ruf des Wirrington Klubs zu ruinieren. Im schlimmsten Fall können sie zu kurzen Gefängnisstrafen verurteilt werden. Das nehmen sie für eine Handvoll Pfund in Kauf.«
»Und die andere Partei?«
»Das sind genauso Soho-Einwohner, aber sie sind von Clean angeheuert worden.«
Ich nahm einen Schluck von meinem Whisky. »Dann hat Clean aber Glück gehabt, dass seine Freunde gerade hier waren.«
Bright warf mir einen Seitenblick zu.
»Es scheint mir, als wären Sie nicht ganz unbeteiligt daran.«
Ich antwortete nicht.
Eben wurde der letzte Eindringling hinausgefeuert.
Cleans weißer Kopf tauchte hinter dem Mikrofon auf, in das bei normalem Ablauf des Programms die Sängerin ihre Chansons schluchzte.
»Ladies und Gentlemen!«, rief er, obwohl von einer Lady kaum die Rede sein konnte. »Ich bitte Sie, sich zu beruhigen. Jegliche Gefahr ist vorüber. Bitte, nehmen Sie Ihre Plätze wieder ein. Die Geschäftsleitung des Wirrington Klubs erlaubt sich, für jeden Tisch eine Flasche Sekt gratis zu spendieren. Halten Sie Ihrem Klub die Treue. Ich garantiere, dass Ihnen nichts geschehen wird.«
Es gelang ihm, die Gäste im Smoking zum Bleiben zu bewegen. Die Kellner erschienen wieder auf der Bildfläche. Sektpfropfen knallten.
Cleans Verteidigungsbrigade ließ sich nicht wieder an den Tischen nieder. Der Besitzer des Klubs ging nach seiner Mikrofonansprache zu den Muskelmännern. Ich sah, dass er Pfundnoten verteilte. Einer nach dem anderen rückten die Burschen unter Grinsen und Händeschütteln ab.
Lester Bright lehnte sich behaglich zurück.
»Ich schlage vor, dass wir der Gratisflasche gemeinsam den Hals brechen, Mr.
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