0162 - Londons Pflaster ist heiß
mit Gewalt in Cleans Bar geschleift, als hätten Glads, der Portier und die anderen mich niemals auf seinen Befehl zusammengeschlagen; ganz zu schweigen von den Kommandounternehmen im Hafenviertel.
Er streckte mir die Hand hin. Ich spielte meine Rolle und drückte seine Pfote, obwohl ich genau wusste, dass er damit eine ganze Reihe von Leuten eigenhändig erledigt hatte.
»Gehen wir hier entlang«, schlug er vor. »Du kannst ganz unbesorgt sein. Ich bin allein, und niemand von meinen Leuten lauert an der nächsten Ecke auf dich.«
Er marschierte los. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Ich witterte wie ein Jagdhund nach allen Seiten, aber die Straßen waren ausgestorben.
»Erzähle mir vom alten Daniel Fryer«, sagte Nollan im leichtesten Plauderton. »Wie kommt es, dass ich dich nie in seiner Nähe gesehen habe?«
Auf diese Frage war ich vorbereitet. Das FBI hatte eine überzeugend klingende Geschichte erfunden, in der ich gewissermaßen als Sekretär und Stütze für Dan Fryers alte Tage vorkam. Diese Geschichte verpasste ich Nollan, und ich gab ihm gleichzeitig damit eine Erklärung, woher mein Wissen über seine Tätigkeit in Fryers Gang, beziehungsweise seine Arbeit gegen seinen ehemaligen Chef stammte.
Nollan hörte mir schweigend zu. Er widersprach nicht einmal, als ich die Namen der Leute aufzählte, die er getötet hatte. Mein Wissen schien nicht den geringsten Eindruck auf ihn zu machen. Ich versuchte, ihn zu reizen.
»Jetzt weißt du, warum ich nach Dans Tod nach London gekommen bin. Ich rechne, dass es dir ein bisschen Geld wert ist, wenn ich meine Geschichte nicht Scotland Yard erzähle.«
»Unsinn«, antwortete er. »Eine Geschichte ohne Beweise ist nichts wert.«
»James, du musst damit rechnen, dass ich dir nicht alles erzählt habe. Vielleicht kann ich auch die Beweise liefern.«
Er schwieg einen Augenblick lang. Ich spürte, dass er nachdachte, ob er vielleicht irgendwann einen Fehler gemacht haben könnte.
»Unsinn«, wiederholte er dann. »Diese alten Geschichten interessieren keinen Menschen. Reden wir nicht mehr davon.«
»Warum hast du mich dann zu diesem Spaziergang bestellt?«
»Weil ich nicht will, dass du für Clean arbeitest. Die Londoner Burschen sind keine ernsthaften Gegner für mich, aber wenn ein Junge wie du sie aufpulvert, könnte es für mich schwieriger werden. Ich erledige meine Geschäfte gern auf elegante Art. Ich will Cleans Laden und ein paar andere Klubs in London kaufen. Clean ist in der Branche als starrköpfig bekannt. Wenn er nachgibt, habe ich mit den anderen keine Schwierigkeiten mehr. Ich dachte, dass er seinen Widerstand aufgeben würde, wenn ich ihm zwei - oder dreimal die Stühle auseinandernehmen lasse. Dein Dazwischentreten hat ihn zweimal vor ernstem Schaden bewahrt, und nun ist ihm natürlich der Kamm gewaltig geschwollen. Ich glaube, er wird weniger vertrauensvoll in die Zukunft sehen, wenn er erfährt, dass du jetzt für mich arbeitest. - Geh zu ihm und sage es ihm!«
»Wann?«, fragte ich.
»Jetzt«, antwortete Nollan, und obwohl ich es nicht sehen konnte, wäre ich jede Wette eingegangen, dass er bei diesem Wort lächelte.
Trotz des unangenehmen Gefühls in der Magengrube setzte ich Nollans Anordnung keinen Widerstand entgegen. Ich beschränkte mich darauf, zu sagen: »Einverstanden, vorausgesetzt, du sagst mir vorher, was ich bei dir verdiene.«
»Hundert Pfund. Über eine Zulage reden wir später. Wenn der Wirrington Klub erst einmal mir gehört, kannst du vielleicht dort die gleiche Rolle spielen wie Larry Wedness im Starlight.«
Er blieb stehen.
»Jetzt mach dich auf die Socken, sonst triffst du Clean nicht mehr an.«
Ich ging ein paar Schritte, drehte mich aber noch einmal um. Nollans Schattengestalt stand unbeweglich an der gleichen Stelle. Offenbar sah er mir nach.
»James, warum hat dein Klub heute so früh geschlossen?«, fragte ich.
»Am Mittwoch schließen alle Night Klubs früh.«
»Dann erreiche ich Clean auch nicht?«
»Clean macht heute seine Monatsabrechnung«, antwortete der Schatten. »Man muss die Gewohnheiten seiner Konkurrenten kennen.«
Er drehte sich um und ging weiter. Wenige Augenblicke später sah ich nicht das Geringste mehr von ihm.
***
Ich stolperte durch das nächtliche London, und ich hatte das verdammte Gefühl, als stolperte ich auf dem direktesten Wege in eine Falle. Trotzdem konnte ich nichts anderes tun, als Nollans Befehl zu folgen. Ich wollte in seine Gang eindringen, und
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