0164 - Flieh, wenn der Würger kommt
Handschuh, den jemand über die Finger gestreift hatte. Nur am Gelenk leuchtete es heller, dort war ein Stück Haut zu sehen.
Und sie sah den Ring. Ein Schmuckstück mit einer großen Fläche, das das Bild einer rothaarigen Frau zeigte, aus deren Stirn zwei Hörner wuchsen.
Auf einmal war auch Dr. Marion Savallo unfähig, sich zu rühren. Sie konnte ihren Blick nicht von der schrecklichen Hand wenden, die wie an einem unsichtbaren Faden in der Luft hing und sich nicht bewegte.
Bis sie das Lachen hörte.
In ihrem Rücken.
Zuerst tat sie nichts, blieb einfach stehen, während ein kalter Schauer über ihren Körper floß. Dann streifte ihr Blick die Garderobe, wo die Handtasche stand.
Dort bewahrte sie immer das Sprühfläschchen mit dem Tränengas auf, aber es würde wohl zu spät sein, die »Waffe« noch hervorzuholen.
Im gleichen Moment verstummte das Klingeln.
Das war auch für Marion Savallo das Zeichen. Auf der Stelle kreiselte sie herum — und prallte gegen Wozny!
Ja, er war es!
Sie schrie.
Diesmal hatte sie sich nicht unter Kontrolle, denn Wozny grinste so diabolisch, daß es ihr den Atem verschlug. Die Angst peitschte in ihr hoch, und dann hob der Würger langsam seinen rechten Arm.
Marios Augen wurden groß. Sie sah nur einen Teil, einen Stumpf, denn die Hand fehlte.
Die schwebte über dem Telefon.
»Nein!« flüsterte sie und wankte zurück. »Nein, bitte. Das ist… das ist…« Ihre Stimme versagte, weil die heiße Angst ihr die Kehle zudrückte.
Und sie wußte genau, weshalb Erwin Wozny zurückgekehrt war. Um sie zu töten!
Schon im Gerichtssaal hatte er sie immer mordlüstern angeschaut. Jetzt hatte er sein Versprechen eingelöst.
Sie ging zurück.
Einen Schritt, den zweiten. Die Tür befand sich in ihrem Rücken, und sie war nicht abgeschlossen. Wenn es ihr gelang, die Wohnung zu verlassen, konnte sie vielleicht um Hilfe schreien. Andere würden sie hören, würden ihr vielleicht helfen…
Da griff die Klaue zu!
Plötzlich spürte Marion Savallo einen harten Schlag im Nacken. Im nächsten Augenblick umklammerten fünf Finger ihren Hals und drückten langsam zu.
Und Wozny setzte sich in Bewegung. Einen Schritt vor ihr blieb er stehen.
Pfeifend holte Marion Luft. Das ließ die würgende Hand gerade noch zu Sie sollte reden können, denn Wozny wollte noch etwas von ihr hören.
»Ich bin zurückgekehrt«, flüsterte er.
»Was… was wollen Sie?« keuchte die Frau.
»Deinen Tod.«
»Nein! Ich… Sie sind im Gefängnis. Sie können es nicht sein. Wozny sitzt hinter Gittern.«
»Der Teufel hat mir geholfen«, sagte Wozny und kicherte böse.
Der Teufel! Dieses Wort hallte in Marion Savallos Kopf nach. Ja, es mußte der Teufel sein, eine andere Erklärung hatte sie nicht. Zumindest stand Wozny mit dem Satan im Bunde.
Aber gab es den Teufel überhaupt? War das nicht alles eine Erfindung oder Einbildung der Menschen? Sie hatte oft genug darüber gelesen, es aber nie glauben wollen Und nun?
Marion spürte den Druck der Hand in ihrem Nacken und wunderte sich eigentlich, daß man sie noch atmen ließ. Vielleicht wollte Wozny sie auch nur quälen?
Und da hatte sie gar nicht so unrecht. Wozny wollte seine Rache auskosten.
Er kicherte plötzlich. »Denkst du noch an früher? An den Gerichtssaal? Wie ihr mich fertiggemacht habt? Ja, erinnerst du dich, du widerliche Schlampe.«
»Sie waren ein Mörder. Sie hatten fünf Frauen getötet, dafür mußten sie bestraft werden.«
»Nein, ich darf nicht bestraft werden«, zischte er. »Nicht ich, sondern die anderen. Aber ihr könnt mich nicht bestrafen!« Er kicherte plötzlich. »Ich lasse mich nicht in den Bau stecken und sitze nicht hinter vergitterten Fenstern. Ich bin frei. Endlich kann ich meine Rache einlösen, und du bist als zweite an der Reihe. Der Zuchthausdirektor ist schon tot.«
Dr. Marion Savallo glaubte nicht mehr an eine Chance. Dieser Teufel würde sein Versprechen einlösen.
Er tat es auch.
Die Hand, packte weiter und fester zu.
Marion spürte noch den mörderischen Druck, alles verschwamm vor ihren Augen, dann gaben ihre Knie nach, und sie sank langsam dem Boden entgegen, wo sie schwer aufschlug und liegenblieb.
Als Tote.
Etwa eine halbe Minute später löste sich die Hand von der Kehle der Staatsanwältin. Sie schwebte durch die Luft, schlug einen Bogen und fand ihr Ziel, den Armstumpf des Würgers.
Wozny war zufrieden. Er schaute sich kurz in der Wohnung um, fand ein wenig Bargeld und steckte es ein. »Das war die
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