0164 - Flieh, wenn der Würger kommt
zweite«, flüsterte er, als er noch einmal zurück in die Diele ging und einen Blick auf die Tote warf. »Den dritten, den Richter, den hole ich mir jetzt.« Er lachte wieder schaurig.
»Nein, du wirst ihn nicht holen!«
Erwin Wozny zuckte zusammen, als er die Stimme vernahm. Sie gehörte einer Frau, die jedoch nirgendwo zu sehen war, denn sie hatte aus dem Ring gesprochen. Von dort hatte sich Asmodina, die Teufelstochter, gemeldet.
»Was willst du von mir?« flüsterte Wozny heiser.
»Du wirst nicht nur deinen Trieben folgen, sondern mir gehorchen. Ich bestimme, wen du als nächsten umbringst. Hast du mich verstanden?«
»Ja.«
»Dann ist es gut.«
»Aber, er muß sterben!« keuchte Wozny, »ich kann nicht länger leben, wenn er existiert.«
»Du bekommst später…«
»Nein!« heulte Wozny, »jetzt.«
Das war Asmodina zuviel. Dieser Wozny vergaß, wem er seine freie Existenz zu verdanken hatte, und die Teufelstochter wollte ihm das gleich drastisch klarmachen. Die Hand gehorchte ihr, denn sie hatte sie erst aus den Dimensionen des Schreckens geholt.
Bevor sich Wozny versah, war es schon geschehen. Die Hand hatte sich von seinem Arm gelöst.
»Ich werde dir zeigen, dich meinen Befehlen zu widersetzen!« zischte Asmodina, und ihr Gesicht auf der viereckigen Ringplatte verzog sich zu einer wilden Grimasse. Sie konnte Ungehorsam überhaupt nicht ausstehen. Das hatte sie schon oft gezeigt, wenn andere versuchten, sich in ihre Angelegenheiten einzumischen. Auch Dr. Tod hatte sie bereits gedemütigt, als er aufbegehrte.
Die Hand schwebte plötzlich vor Woznys Gesicht, aber so, daß die Finger auf ihn zeigten. Dann spreizten sie sich — und packten zu!
Plötzlich gurgelte Erwin Wozny auf. Er bekam keine Luft mehr. Mit ihm geschah das gleiche, wie mit den Menschen, die jetzt nicht mehr lebten. Plötzlich spürte Wozny die Angst, die ihn erfaßte, als er nicht mehr atmen konnte, die Panik, das Grauen…
Er brach zusammen.
Mit seiner linken Hand versuchte er, die andere, eigene zu lösen, doch das schaffte er nicht. Zu hart drückten sich die behandschuhten Finger in seine Kehle Erwin Wozny fiel auf den Rücken. Kurz vor der Ohnmacht ließen die Finger seinen Hals los. Wozny konnte wieder atmen. Er keuchte, spie und gurgelte. Sein Gesicht hatte bereits eine andere Farbe angenommen. Es gelang ihm nur mühsam, sich auf die Beine zu stemmen. Dabei mußte er sich an der Wand abstützen. Er stieß noch eine Blumenvase um, deren Wasser den Teppich näßte.
Schwankend stand er da.
»Streck den Arm aus!« befahl die Stimme aus dem Ring.
Erwin Wozny gehorchte.
Die Würgehand beschrieb in der Luft eine Kurve und legte sich wieder um Woznys Gelenk.
»Das war die letzte Warnung«, machte ihm Asmodina mit scharfer Stimme klar.
Wozny nickte. Sprechen konnte er nicht. Seine Kehle fühlte sich an wie ein Reibeisen.
»Ab jetzt wirst du nur tun, was ich sage!« zischte die Teufelstochter. »Verstanden?«
»Ja.«
»Dann geh, die nächste Aufgabe wartet!«
Erwin Wozny verließ die Wohnung nicht auf dem normalen Wege. Asmodinas Magie ermöglichte es, daß er sich auflöste.
Zurück blieb eine Tote.
***
Ich hatte mich nach dem Essen in meine Wohnung zurückgezogen. Schwere Gedanken plagten mich. Ich dachte immer an die Hand, die einmal an Desteros Körper gesessen hatte. Mir war klar, daß sich Asmodina rächen wollte, auch in Desteros Namen, sonst hätte sie die würgende Klaue nicht geschickt.
In der Wohnung steht ein schmaler Schrank, wo ich einige Dinge aufbewahre. Unter anderem den Kelch des Feuers, den silbernen Nagel, mit dem ich einmal Dr. Tod getötet hatte und seit einiger Zeit auch das Schwert, das ich Destero abgenommen hatte.
Diese Waffe war besonders wichtig. Nicht nur für mich, sondern auch für Destero. Es existierte zwar noch seine Hand, aber Benn sie in Besitz des Schwertes gelangte, dann war sie so gut wie unbesiegbar. Die Hand und das Schwert bildeten ein höllisches Tandem, deshalb nahm ich an, daß Asmodina versuchen würde, das Schwert zurückzubekommen. Vielleicht nicht heute, sondern morgen oder übermorgen, wenn sie mich erledigt hatte.
Es war inzwischen 22.00 Uhr geworden. Getan hatte sich nichts. Es blieb ruhig. Auch innerhalb des Hauses waren die letzten Geräusche verstummt. Die meisten Menschen gingen zu Bett. Auch ich.
Aber ich zog mich nicht aus, sondern legte mich in voller Montur auf die Matratze. Es war das unbestimmte Gefühl, das mich dazu trieb. Ich ahnte, daß in dieser
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