0165 - Die Bestien aus dem Geistersumpf
dort?«
»Natürlich.«
»So etwas wird bald der Vergangenheit angehören, wenn die Menschen so weitermachen und die Feuchtgebiete zerstören. Ach, ich könnte mich schon wieder aufregen.«
Will lächelte schmal. Aber die Frau hatte recht. Der Mensch durfte einfach nicht so weitermachen.
Die herrliche Landschaft. Flach und weit. Sumpfblumen standen in voller Blüte, Vögel stießen aus der Luft nieder, um sich mit einem blitzschnellen Schlag ihre Beute zu holen.
In der Ferne stand der Wald wie eine grüne Wand, und ein paar weiße Wolken segelten am azurblauen Himmel.
Ein Fuhrwerk kam ihnen entgegen. Der große Leiterwagen war mit Mist beladen und wurde von zwei Pferden gezogen. Der Bauer hockte auf dem Bock und schaute das Auto mißbilligend an.
Durch die halb geöffnete Scheibe an der Fahrerseite drang die nach Landluft riechende Wolke.
Dagmar Diefenthal lächelte. »Auch das gehört dazu.«
»Sicher, Fräulein Doktor.«
Sie winkte ab. »Ach lassen Sie doch den dummen Titel beiseite. Sagen Sie einfach Dagmar.«
»Gut, dann nennen Sie mich Will.«
»Abgemacht.«
Die Straße wurde bereits schlechter. Der Belag war aufgerissen, kleine Schlaglöcher prüften die Gasdruckstoßdämpfer des Wagens. Will Mallmann und seine Begleiterin fuhren geradewegs in das Sumpfgebiet.
Bretteben war das Land. Wenn ein Hügel aus dem grünen Meer herausschaute, dann wuchs auf ihm ein knorriger Baum, der seine Äste irgend wie mahnend in den Himmel reckte.
Die junge Doktorin schaute aus dem Fenster. Nach einer Schweigepause sagte sie:
»Wissen Sie, wie man das Moor hier auch noch nennt?«
»Nein.«
»Das Geistermoor.«
Will warf ihr einen schnellen Blick zu. »Das muß einen Grund haben, fürchte ich.«
»Wieso sagen Sie, fürchte ich. Glauben Sie an Geister?«
»Vielleicht.«
Dagmar lachte und warf ihr volles Haar zurück. »Jetzt enttäuschen Sie mich aber. Ein Kommissar, der an Geister glaubt. So etwas habe ich noch nie gehört. Polizisten sind doch immer so realistisch.«
»Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.«
»Später müssen Sie mir das erklären, Will.«
»Gern, aber woher wissen Sie über das Moor Bescheid?«
»Ich halte mich schon ein paar Tage in der Gegend auf. Die Leute haben es mir erzählt. Es war schwer, Helfer zu bekommen die den Bagger begleiteten.«
»Bagger?«
»Ja, wir haben einen Bagger in das fragliche Gebiet schaffen lassen, damit wir Proben nehmen konnten. Er wird uns sicherlich nützlich sein.«
»Möglich.«
»Außerdem müssen wir das Gelände aufwühlen. Diese Fässer sind schwer und bestimmt tief gesackt. Wird eine Heidenarbeit werden, sie herauszubekommen.«
»Dann ist es noch gar nicht sicher, daß tatsächlich dort der Giftmüll lagert?« fragte Will.
»Natürlich. Ein Faß muß undicht gewesen sein. Wir haben doch Bodenproben genommen.«
»Und wie sind Sie gerade auf dieses Gebiet gestoßen?«
»Weil wir im Augenblick die Feuchtgebiete unter die Lupe nehmen«, erklärte die junge Doktorin.
»Das ist in der Tat ein Grund.«
Will mußte noch langsamer fahren, da die Wegstrecke beschwerlicher wurde. Nicht nur die Löcher waren hier tiefer und breiter, auch die Breite des Weges nahm rapide ab, so daß sie kaum mehr als über einen Pfad fuhren.
Der Wald war näher gerückt. Will erkannte jetzt, daß es sich um hohe Weiden und Erlen handelte, die auf diesem Boden wuchsen. Hin und wieder schimmerte auch der helle Stamm einer Birke. Das Gras wuchs sehr hoch, es war hier widerstandsfähiger als auf den meisten privaten Kleingrundstücken.
Der typische Sumpfgeruch wehte in das Innere des Manta. Da roch es ein wenig nach Fäulnis, nach abgestandenem Wasser, aber auch nach der Frische eines Maiabends.
Die Luft drückte.
Der letzte Tag, war sehr schwül gewesen. Unzählige Insekten tanzten über dem Sumpf und klebten zerschlagen an der Frontscheibe des Mantas. Auch der Himmel hatte sich etwas verändert. Er war grau geworden, zeigte allerdings nicht das Grau der Dämmerung, sondern ein unregelmäßiges, aufgerissenes.
»Sieht nach Gewitter aus!« kommentierte Dagmar Diefenthal, die die Farbe ebenfalls bemerkt hatte.
»Haben Sie einen Schirm mit?« fragte Will.
»Nein.«
»Dann holen wir uns eben nasse Füße.«
»Macht mir nichts aus. Was meinen Sie, wo ich schon alles herumgeklettert bin.«
»Das nehme ich Ihnen unbesehen ab.«
Auf der rechten Seite wuchsen jetzt die hohen Erlen. Sie standen in Gräben, wo der Boden schon sehr feucht war. Die Straße hatte
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