0169 - Der Teufel ohne Maske
mit einem Nachschlüssel durch die vordere Tür hereingekommen und auf dem gleichen Wege wieder gegangen ist.«
»Aber durch das Fenster in der Waschküche?« fragte Phil. »Wir sind doch auch dadurch hereingekommen.«
»Nein. Wir haben den Griff und das ganze Fenster nach Fingerabdrücken abgesucht. Jerrys Prints sind da, aber keine anderen.«
»Und wenn jemand Handschuhe trug?« warf ich ein.
»Dann hätte er mit seinen Handschuhen deine Abdrücke ausgewischt, und davon ist auch nichts zu sehen.«
Nun, sie mußten es wissen. Für unsere Spezialisten reden die Dinge meistens eine deutliche Sprache.
»Die Sachlage ist also klar«, meinte Brian Wallis. »Der Täter befindet sich unter den im Hause anwesenden Leuten. Es ist unwahrscheinlich, daß jemand mit einem Nachschlüssel in ein Haus eindringt, in den Keller geht, dort den gefesselten Hausbesitzer totschlägt und wieder verschwindet. Denn woher hätte der Eindringling überhaupt gewußt, daß der Gesuchte im Keller war?«
»Es muß jemand von den Anwesenden gewesen sein«, meinte auch Phil. »Am besten wird es sein, wir bitten alle, sich auf den Platz zu setzen, wo sie den ganzen Abend gesesssen haben. Dann befragen wir sie der Reihe nach und im Beisein der anderen, wer den Raum verlassen hat.« Es dauerte eine Weile, bis wir allen klar gemacht hatten, was wir von ihnen wünschten.
Dann machten sich die Vernehmungsbeamten der Mordkommission an die Arbeit.
Wir hatten Pech. Neun Mann waren in der fraglichen Zeit, also seit unserem Eindringen bis zur Entdeckung von Brines Leiche, vom ersten Stock ins Erdgeschoß gegangen, um die Toilette aufzusuchen.
»Wieso?« fragte Wallis. »Gibt es hier oben keine Toilette?«
»Doch. Aber die war besetzt.«
Ich gab Phil einen Wink mit dem Kopf. Wir verließen das Zimmer und suchten nach der Toilette. Sie befand sich auf der Rückseite der ersten Etage. Die Tür war verschlossen. Im Schloß steckte aber kein Schlüssel. Phil experimentierte mit einem Dietrich. Das einfache Schloß konnte nicht lange Widerstand leisten. Wir knipsten das Licht an. Die Toilette war leer. Das Klappfenster war leicht geöffnet, aber die Öffnung war viel zu klein, als daß jemand hätte hinaus oder herein klettern können.
Wir sagten Wallis Bescheid. »Was hat das zu bedeuten?« raunte er.
»Der Mörder zwang die anderen, die Toilette im Erdgeschoß aufzusuchen. Wenn mehrere Leute nach unten gegangen sind, kann jeder von ihnen der Mörder sein. Deshalb schloß er oben ab und versteckte den Schlüssel irgendwo.« Wallis seufzte: »Also Leibesvisitation. Wir werden ja sehen, ob wir den Schlüssel finden.«
Die Erregung flackerte wieder auf, als man den Leutchen beibrachte, daß wir sie einzeln durchsuchen müßten. O’Connors fing wieder an zu rebellieren. Er schrie etwas von seinen Bürgerrechten.
Ich ging hin und sagte: »Wollen Sie bitte einmal mitkommen, Mr. O’Connors? Ich möchte Ihnen etwas sagen.«
Unsicher folgte er mir. Ich führte ihn in den Keller. Brine war inzwischen auf eine Bahre gelegt worden.
»Kommen Sie!« sagte ich.
Zögernd kam O’Connors heran. Ich packte das rote Gummilaken, mit dem die Leiche zugedeckt worden war, und riß es mit einem Ruck beiseite.
»Oh!« gurgelte O’Connors, taumelte rückwärts und lehnte sich kreidebleich gegen die Wand. In seiner Kehle würgte es.
Ich deckte das Laken wieder über den Toten, hakte O’Connors unter und zog ihn die Kellertreppe herauf.
»Jetzt will ich Ihnen sagen, warum wir Sie alle durchsuchen müssen«, fing ich an, als ich ihn im Flur auf einen altmodischen Stuhl gepackt' hatte. »Brine wurde von mir überwältigt, geknebelt und gefesselt. Er lag also wehrlos im Keller, als sein Mörder kam. Dieser Mörder muß einer der im Hause anwesenden Leute sein, das steht fest. Er mußte aus dem Obergeschoß kommen, denn unten war ja niemand. Nun hätte es vielleicht auffallen können, wenn einer die Treppe hinabgegangen wäre. Was tat also der Mörder? Er schloß die Toilette im Obergeschoß ab und steckte den Schlüssel ein. Jetzt mußte jeder, der eine Toilette aufsuchen wollte, hinunter ins Erdgeschoß. Folglich hatte er sich ein Alibi dadurch verschafft, daß er mehrere Leute zwang, ebenfalls hinabzugehen. Vielleicht hat der Mörder den Schlüssel noch bei sich, dann ist er praktisch dadurch überführt. Sollen wir alle nach Hause gehen lassen, morgen beim zuständigen Gericht Durchsuchungsbefehle beantragen und im Laufe des Nachmittags in den Wohnungen aufkreuzen?
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