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017 - Der Engel des Schreckens

017 - Der Engel des Schreckens

Titel: 017 - Der Engel des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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sein.«
    Mr. Briggerland war es, der als erster Lydias Wächter erspähte. Mr. Briggerland hatte den größten Teil des Tages geschlafen und war gegen ein Uhr morgens ungewöhnlich wach, als er mit dem Gewehr im Arm in seinem Pelzmantel auf der Veranda saß. Viele geheimnisvolle Schatten waren über den Rasenplatz geglitten, aber immer mußte er feststellen, daß es weiter nichts war als die Schatten der schwankenden Äste.
    Aber um zwei Uhr sah er aus dem kleinen Gehölz eine Gestalt auftauchen, die sich im Schatten der Gebüsche langsam auf das Haus zu bewegte. Er feuerte nicht, weil es auch einer der Polizeibeamten sein konnte, die versprochen hatten, die Villa Casa im Auge zu behalten.
    Leise erhob sich Mr. Briggerland und glitt unhörbar in seinen Gummischuhen bis an das dunklere Ende der Terrasse. Es war wirklich der alte Jaggs; er irrte sich nicht. Ein gebeugter Mann, der vorsichtig über den Rasen zu nach der Rückseite des Hauses hinkte. Mr. Briggerland legte an und zielte sorgfältig ...
    Die beiden jungen Mädchen hörten den Schuß; Lydia sprang aus dem Bett und lief auf den Balkon.
    »Alles in Ordnung, Mrs. Meredith«, ließ sich Briggerlands Stimme hören. »Ich glaube, es war ein Einbrecher.«
    »Sie haben ihn doch nicht verletzt?« Lydia erinnerte sich mit Angst an die nächtlichen Wanderungen des alten Jaggs.
    »Wenn ich ihn auch getroffen habe, entkommen ist er auf jeden Fall. Er muß sich auf die Erde geworfen haben.«
    Jean flog im Morgenrock die Treppe hinunter.
    »Hast du ihn erwischt?« fragte sie leise.
    »Ich hätte darauf schwören können«, erwiderte er flüsternd, »aber der alte Teufel muß etwas gemerkt haben.«
    Er hörte, wie Jean heftig atmete.
    »Mach bloß keine Geschichten deswegen, Jean. Ich konnte es nicht ändern.«
    »Du konntest es nicht ändern!« fauchte sie ihn an. »Du hattest ihn vor der Mündung deines Gewehrs und läßt ihn laufen! Denkst du vielleicht, er wird sich jemals wieder hier sehen lassen? Du - Narr!«
    »Nun hör mal zu, meine liebe Jean, das geht mir ein bißchen zu weit -«, begann Mr. Briggerland, aber sie riß ihm das Gewehr aus der Hand, blickte schnell auf den Hahn und lief über den Rasen auf die Bäume zu.
    Es hatte sich dort jemand versteckt. Sie fühlte das mit all ihren Sinnen. Plötzlich sah sie eine gebückte Gestalt, riß das Gewehr an die Schulter, aber bevor sie noch abdrücken konnte, wurde es ihr aus der Hand geschlagen.
    Ihre Lippen öffneten sich zu einem Hilferuf, aber eine schwere Hand legte sich auf ihren Mund, riß sie herum, daß sie mit dem Rücken gegen den Angreifer fiel. Im nächsten Augenblick legte sich der andere Arm wie eine Klammer um ihren Hals.
    »Sag schnell noch ein Gebet«, flüsterte eine Stimme in ihr Ohr, und der Druck auf ihren Hals verstärkte sich.
    Verzweifelt wehrte sie sich, aber der Mann hielt sie fest - wie ein Kind - in seinen Armen.
    »Du wirst sterben«, zischte es in ihr Ohr. »Wie gefällt dir der Gedanke?«
    Und die Finger um ihren Hals krampften sich mehr und mehr zusammen. Vergeblich rang sie nach Luft. Ihre Pulse klopften, und in ihrem Herzen war eine wilde, wahnsinnige Sehnsucht nach dem Leben, gepaart mit unfaßbarem Entsetzen. Sie vernahm noch ganz schwach die Stimme ihres Vaters, der nach ihr rief, und dann verlor sie das Bewußtsein.
    In Lydia Merediths Armen kam Jean wieder zu sich. Sie öffnete die Augen und sah das besorgte Gesicht ihres Vaters über sich gebeugt. Ihre Hand tastete nach der Kehle.
    »Wie - wie komme ich denn hierher?« fragte sie und versuchte sich aufzurichten.
    »Ich war auf der Suche nach dir und fand dich besinnungslos auf der Erde«, erklärte Mr. Briggerland mit schwankender Stimme.
    »Hast du den Mann gesehen?«
    »Nein, und du? Was ist denn eigentlich vorgefallen?« »Nichts, gar nichts.« Jean nahm den Rest ihrer Selbstbeherrschung zusammen. »Ich muß ohnmächtig geworden sein. Daß ich mich so albern aufführen konnte!« Sie versuchte zu lächeln.
    Unsicher stand sie auf und fühlte wieder an ihren Hals. Lydia beobachtete sie.
    »Hat er Sie verletzt?« fragte sie besorgt. »Es ist sicherlich nicht Jaggs gewesen.«
    »Aber nein«, lächelte Jean, »Jaggs kann es nicht gewesen sein. Ich glaube, ich lege mich lieber wieder hin.«
    Aber sie konnte nicht wieder einschlafen. Zum erstenmal in ihrem so außergewöhnlichen Leben hatte sie Furcht kennengelernt, hatte mit Schaudern die eisige Hand des Todes gespürt. Und immer wieder fühlte sie diesen Schauder, den sie nicht

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