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017 - Der Engel des Schreckens

017 - Der Engel des Schreckens

Titel: 017 - Der Engel des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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annehmen, sie habe sich das Leben genommen, sich ertränkt. In Wirklichkeit geht sie ins Kloster. Ich bin gerade bei der Stelle, wo sie ihrem Freund Lebewohl sagt. Wollen Sie sich wirklich von mir quälen lassen?«
    »Ich habe mich noch niemals auf eine Arbeit so gefreut wie jetzt«, versetzte Lydia.
    Sie setzte sich und nahm den Bleistift, der auf dem Tisch lag.
    Jean schlenderte nachdenklich auf dem Rasen hin und her, kam dann zurück und begann langsam zu diktieren.
    Wort für Wort schrieb Lydia die aufregende Beschreibung der Gewissensbisse des jungen Mädchens, und jetzt kam die Episode, wo die Heldin den Brief an ihren Freund schreibt.
    »Nehmen Sie ein neues Blatt«, sagte Jean; Lydia befand sich auf der Mitte des Bogens. »Ich will da selbst noch etwas einfügen, wenn meine Hand besser ist. Nun schreiben Sie bitte:
    ›Mein lieber Freund!
    Ich weiß nicht, wie es mir möglich ist, Ihnen einen solchen Brief zu schreiben. Ich hatte die Absicht, Ihnen schon neulich, als ich Sie das letztemal sah, zu erzählen, wie unglücklich ich bin. Ihr Verdacht schmerzt mich weniger als Ihre Kenntnis des einen, so bedeutenden Ereignisses in meinem Leben, das nun zu einer unerträglichen Bürde für mich geworden ist. Mein Geld hat mir keine Freude gemacht. Ich habe einen Mann kennengelernt, den ich liebe, aber mit dem eine Verbindung, wie ich sicher weiß, unmöglich ist. Wir sind entschlossen, zusammen zu sterben. - Leben Sie wohl!‹ «
    »Aber Sie sagten doch, sie wolle verschwinden«, unterbrach Lydia.
    »Ich weiß«, nickte Jean. »Sie will ja doch nur den Anschein erwecken -«
    »Ach so, ich verstehe schon«, sagte Lydia. »Diktieren Sie weiter.«
    »Vergeben Sie mir den Schritt, den ich vorhabe, den Sie sicherlich als Feigheit betrachten werden, und versuchen Sie, mir ein gutes Andenken zu bewahren. Ihre Freundin -‹
    Ich weiß jetzt wirklich nicht«, Jean schürzte nachdenklich ihre Lippen, »ob sie ihren Namen darunter setzen soll oder vielleicht nur die Anfangsbuchstaben.«
    »Wie heißt sie denn?«
    »Laura Martin. Schreiben Sie nur ›L. M.‹ «
    »Das sind ja auch meine Initialen«, bemerkte Lydia. »Noch etwas?«
    »Ich glaube, das ist für jetzt genug. Ich kann nicht sehr gut diktieren, und Sie haben sehr viel Geduld mit mir gehabt.«
    Sie suchte sorgfältig die Bogen zusammen und legte sie in eine kleine Mappe.
    »Wissen Sie was, wir wollen heute nachmittag ins Kasino fahren und spielen«, rief Jean. »Ich möchte ein bißchen Abwechslung haben.«
    »Aber Ihr Roman? Wollten Sie den nicht noch absenden?«
    »Mit dem werde ich mich noch in meinen vier Wänden beschäftigen, und wenn mir das Handgelenk brechen sollte«, rief Jean vergnügt. Sie nahm die Mappe mit auf ihr Zimmer, verschloß die Tür und zog die beschriebenen Bogen hervor. Sorgfältig legte sie das Blatt beiseite, das den Abschiedsbrief enthielt. Die übrigen Bogen packte sie zusammen und brachte sie zu einem abgelegenen Teil des Grundstückes, wo sie einen nach dem anderen verbrannte.
    Als Lydia in Begleitung Marcus Stepneys vom Bade zurückkam, trafen sie Jean vor der Tür der Villa.
    »Übrigens, Lydia, möchte ich Sie um Jack Glovers Adresse in London bitten.«
    Die drei gingen zusammen in das Haus. »Wollen Sie sie mir bitte aufschreiben, hier ist ein Bleistift.« Sie nahm vom Schreibtisch einen Briefumschlag, auf den Lydia in all ihrer Unschuld die gewünschte Adresse schrieb.
    In ihrem Zimmer steckte Jean den mit ›L. M.‹ unterzeichneten Brief in den adressierten Umschlag und verschloß ihn sorgfältig. Und in diesem Augenblick war Lydia Meredith dem Tode näher als an jenem Nachmittag, als der Chauffeur Mordon mit seinem großen Fiat auf den Bürgersteig der Berkeley Street gefahren war.

Kapitel 29
    Am Abend des folgenden Tages erhielt Lydia ein Telegramm von Jack Glover, das ihr seine Ankunft in London mitteilte.
    »Das muß doch eigentlich ein angenehmes Gefühl für Sie sein, Lydia«, sagte Jean, als sie das Telegramm sah, »jemand in London zu haben, der Ihre Interessen wahrnimmt - so eine Art Schutzengel - und dann noch einen anderen Schutzengel, der um Ihre Wohnung in Cap Martin herumschleicht?«
    »Sie meinen Jaggs? Haben Sie ihn gesehen?«
    »Nein, leider nicht«, sagte das junge Mädchen sanft. »Aber ich möchte es sehr gern. Wissen Sie, wo er in Monte Carlo wohnt?«
    Lydia schüttelte den Kopf.
    »Hoffentlich bekomme ich ihn zu Gesicht, bevor ich abreise«, sagte Jean. »Er muß wirklich ein interessanter alter Herr

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