017 - Frankensteins Verwandlung
Glasscheibe. Achtlos stieg er auf das Mädchen, dann auf einen Stuhl und von dort auf das Fensterbrett.
Unter sich sah er das hell erleuchtete Vordeck.
Einige Matrosen kümmerten sich um den schwer verletzten Mann, den Garwin durchs Fenster geschleudert hatte. Und plötzlich bemerkte einer der Matrosen das Monster. Er stieß einen Ruf aus. Jemand richtete einen Scheinwerfer auf Garwin. Der brüllte laut auf und stieß sich vom Fensterbrett ab.
Birgit hatte sich mühsam durch das Gewirr der vielen Leute durchgekämpft. Sie war außer Atem, als sie die Stiegen zu den Kabinen erreichte.
Entsetzt presste sie die Hände vors Gesicht, als sie den toten Kapitän sah. Sie war zu spät gekommen.
Das Monster war frei.
Sie hielt sich am Geländer fest und konnte den Blick nicht von dem ermordeten Kapitän reißen. Unbedingt musste sie den Funkraum erreichen und eine Warnung durchsagen lassen. Niemand war vor dem Monster sicher, und es war auf der Suche nach ihr.
Sie wandte sich nach rechts und rannte am Gesellschaftsraum vorbei, auf die Treppe zum Bootsdeck zu. Keuchend raste sie die Stufen hoch. Über ihr wuchs der Schornstein in den dunklen Himmel. Sie hastete weiter, riss die Tür zu den Offizierskajüten auf und erreichte die Treppe, die zum Funkraum führte.
Der Erste Offizier kam ihr entgegen.
»Hier ist kein Zutritt für Passagiere«, sagte er bestimmt.
Birgit keuchte vor Anstrengung.
»Der Kapitän ist tot!« stieß sie hervor.
»Machen Sie keine dummen Witze«, sagte der Offizier ungehalten.
»Es ist wahr«, sagte Birgit. »Sie müssen mir glauben. Ein entsetzliches Münster wütet auf dem Schiff.«
Der Offizier schüttelte lachend den Kopf. »Sie haben wohl zuviel getrunken. Ich bringe Sie in Ihre Kabine.«
Das Mädchen schüttelte seine Hand ab. Rasch riss sie sich die Perücke samt Schleier und Maske vom Kopf.
»Erkennen Sie mich?« fragte sie.
Der Offizier sah sie genau an, dann nickte er. »Sie waren mit dem Kapitän im Funkraum. Ich erinnere mich.«
»Wir hatten einen Zusammenstoß mit dem Dampfer«, sagte Birgit. »Ein Mann und ich wurden von Ihnen gerettet, Das ist Ihnen doch bekannt, oder?«
»Das weiß ich«, sagte Jeff Myers ungeduldig. »Aber ich …«
»Der Kapitän hat Ihnen nichts davon gesagt«, sprudelte Birgit weiter heraus. »Der Mann, den Sie retteten, ist ein Monster.«
In kurzen Worten gab sie einen Bericht ab. Myers war bekannt, dass ein Schiff den bewusstlosen Mann und Birgit Jensen abholen sollte, alles andere war ihm vollkommen neu, und er konnte es noch immer nicht richtig glauben.
»Das ist alles so unwahrscheinlich, was Sie mir da erzählen«, sagte er misstrauisch.
»So glauben Sie mir doch!« flehte Birgit. Bevor Myers noch eine Antwort geben konnte, tauchte ein Matrose auf.
»Wir haben ein Monster an Bord!« schrie er dem Ersten Offizier entgegen. »Es läuft Amok!«
Diese Worte überzeugten Myers endlich.
»Sie müssen eine Warnung an die Passagiere durchgeben«, sagte Birgit.
Der Erste Offizier nickte. Seine Gedanken gingen im Kreis. Der Kapitän war tot, und er hatte ein Monster an Bord. Er benötigte nur wenige Sekunden, um sich zu einem Entschluss durchzuringen.
Er stürzte in den Funkraum und stellte die Verbindung zu den Schiffslautsprechern her.
»Meine Damen und Herren«, sagte er. »Hier spricht der Erste Offizier.«
Er machte eine kurze Pause und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Es tut mir leid, dass ich Ihnen mitteilen muss, dass wir unser Bordfest unterbrechen müssen. Ich ersuche alle Passagiere, sofort ihre Kabinen aufzusuchen. Es besteht kein Grund zur Aufregung. Ich hoffe, dass wir in einer halben Stunde mit dem Bordfest fortfahren können. Die Besatzungsmitglieder sollen die Positionen laut A 1 einnehmen. Ich wiederhole nochmals meine Durchsage.«
Als er geendet hatte, starrte er kurz das Mikrofon an.
»Wo ist das Monster?« fragte er den Matrosen.
»Er wollte gerade vom Gesellschaftsraum auf das Vordeck springen«, rief der Matrose.
Myers wandte sich an den Funker. »Versuchen Sie für Miss Jensen eine Verbindung mit dem Boot von Howard Heston herzustellen!«
Er nickte Birgit flüchtig zu und folgte dem Matrosen.
Innerhalb weniger Augenblicke gelang es dem Funker, die Verbindung mit Heston herzustellen.
»Hier spricht Birgit«, sagte das Mädchen tonlos. »Ronald Garwin ist frei.«
»Was?« hörte sie die erregte Stimme Hestons. »Wie ist denn das möglich?«
»Das weiß ich nicht. Er ist jedenfalls frei, hat
Weitere Kostenlose Bücher