017 - Orungu - Fratze aus dem Dschungel
seiner eigenen Familie hatte er die ersten Opfer
gefunden. Daran gab es für Larry nicht den geringsten Zweifel, so
unwahrscheinlich und ungeheuerlich sich diese Sache auch anhören mochte. Immer
wieder wurde er in seinem Beruf mit Dingen konfrontiert, die mehr als
außergewöhnlich waren. Doch er hatte gelernt, die auf ihn einstürmenden
Probleme zu verarbeiten. Er war einer der seltenen Menschen, die
unkonventionell zu denken verstanden.
Larry fühlte die Kälte, die der
Körper ausstrahlte. Leichenkälte wehte ihn an. Der hagere Unheimliche stürzte
sich auf ihn. Doch Brent reagierte blitzschnell. Er sah an den krallenartig
gekrümmten Fingern noch Reste von frischem Blut. In sein Fleisch sollten sich
diese Fingernägel nicht bohren! Er würde keinerlei Risiko eingehen. Selbst wenn
dieser lebende Tote ihn nicht bezwingen konnte, würde es gefährlich sein, von
ihm eine Verletzung davonzutragen. Die äußerst gefährliche Leicheninfektion
konnte zu einem qualvollen Tod führen.
Und Adam Claque war eine Leiche,
auch wenn durch seine eckigen Bewegungen Leben vorgetäuscht wurde. X-RAY-3 war
bereit, diesen leeren, entseelten Körper nur noch als eine Hülle anzusehen, die
von einem dämonenhaften Geist erfüllt wurde. Eine satanische Macht benutzte
diesen toten Körper. Claque war ein Roboter, nicht mehr.
Larry ließ die auf ihn zuwandernde
Leiche nicht für den Bruchteil einer Sekunde aus den Augen.
»Wenn Sie mich hören können,
Claque, bleiben Sie stehen !« Die Stimme von X-RAY-3
war messerscharf.
Doch genausogut hätte Larry Brent
eine Wand anreden können. Der aus dem Grab Entstiegene zeigte keinerlei
Reaktion. Er wälzte sich ungelenk auf den Amerikaner zu. Und als Larry die
Hauswand im Rücken verspürte, da wusste er, dass ihm der weitere Rückzug abgeschnitten
war. Noch zu deutlich stand vor den Augen des Agenten die Szene oben im Haus,
noch zu frisch auch war die Erinnerung an die Toten auf dem alten Friedhof.
Menschen, die das Opfer einer furchtbaren Macht geworden waren! X-RAY-3 zog
langsam die Smith & Wesson Laser aus der Halter.
»Diesmal begehen Sie einen Fehler,
Claque«, sagte er rauh. Er konnte sich von einer gewissen Erregung nicht
freimachen. Auch er war nur ein Mensch, begriff nicht, was um ihn herum vorging,
war lediglich bereit, dem Übernatürlichen seinen Platz auch in dieser Welt
einzuräumen.
Claque war nur noch zwei Schritte
von Brent entfernt. Larry drückte ab. Der grelle Blitz verließ lautlos den
Lauf, fraß sich wie ein Schneidbrenner in den steifen Körper. Als würde eine
Faust den Unheimlichen packen, wurde er herumgerissen, schlug wie wild um sich,
kleine Flammenzungen erfassten das trockene, zerrissene Gewand! Ein zweiter
Strahl bohrte sich in den Schädel Claques. Ein dumpfes Knurren kam aus seiner
Kehle, wie aus dem Maul eines tödlich getroffenen Tieres. Der Unheimliche wurde
im Nu von einem Flammenmeer erfasst. Es knisterte und Funken sprühten. Irgendwo
im Nachbarhaus wurde ein Fenster aufgerissen, weil jemand auf den Feuerschein
aufmerksam geworden war. Zum Glück war die wandelnde Leiche schon so
zusammengeschrumpft, dass man ihre Form nicht mehr ausmachen konnte. Die alte
Frau am Fenster des Nachbarhauses schien der Meinung zu sein, dass irgend ein Halbstarker sich einen dummen Streich erlaubte.
»Willst du wohl das Feuer ausmachen,
Lausebengel !« hallte die brüchige Stimme durch den
kühlen Abend, fing sich zeternd in den Ecken und Winkeln der dicht an dicht
stehenden Häuser. »Ich werde gleich die Polizei rufen! Du kannst ja ein Haus
anzünden !«
»Schon gut, Oma«, rief Larry durch
die Nacht zurück, indem er sich von der Hauswand löste. Die Alte im Nachbarhaus
musste jetzt seinen Schatten wahrnehmen können. »Ich habe nur einen Berg Abfall
angesteckt. Gleich ist es vorbei .«
Das stimmte. Der verbrennende
Körper fiel in sich selbst zusammen. Übrig blieb ein Aschehäufchen.
●
Als Larry im Lotus saß und über
das Autotelefon Montand von den Ereignissen unterrichtet hatte, wurde ihm erst
richtig bewusst, in was für ein Abenteuer er da geschlittert war.
Minutenlang blieb er hinter dem
Steuer sitzen und überdachte noch einmal die Dinge. Am liebsten wäre er jetzt
zu den anderen Familien gefahren, deren Toten man in den letzten drei Tagen zu
Grab getragen hatte. Aber bis zu diesem Zeitpunkt stand noch nicht fest, wer
die drei anderen Leichen waren, deren leere Gräber auf dem Friedhof
festgestellt wurden. Und dabei tat höchste Eile not!
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