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0170 - Die Ratte von Harlem

0170 - Die Ratte von Harlem

Titel: 0170 - Die Ratte von Harlem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Ratte von Harlem
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worden.
    Nur das war in meinem Kopf.
    Nach einer flüchtigen Untersuchung der Wohnung raste ich mit Phil zurück zum Hauptquartier. Wir ließen Larry Keaton kommen.
    Mit trüben Augen stand er vor uns.
    Ich bot ihm eine Zigarette an. »Sie haben Marva gestern angerufen?«
    »Ja«, antwortete er müde.
    »Weshalb?«
    »Weil ich wissen wollte, wie es ihr geht.«
    »Weshalb sind Sie überhaupt weggegangen?«
    »Weil ich es leid war«, brach es plötzlich aus ihm heraus, »alles, ihr Leben, die Aufregungen, den ganzen Dreck.«
    Ich bohrte meinen Blick in seine Augen. Plötzlich war er nichts weiter als ein alter harmloser Mann, ein ehemaliger, bedeutungsloser Artist.
    Ich hätte mir selbst ein Dutzend Ohrfeigen geben können.
    »Haben Sie eine Ahnung, wer Mareweather umgebracht hat?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Kannten Sie Robinson?« wollte ich wissen.
    »Wen?«
    »Tom Robinson?«
    »Nein.«
    Es stellte sich heraus, daß er nicht einmal Jonny pouglas gekannt hatte.
    Da fragte Phil, der neben mir stand: »Aber Mr. White, den kannten Sie doch?«
    »Ja, ich glaube Marva hat ihn durch Oakland kennengelernt.«
    Oakland? Mein Hirn arbeitete fieberhaft. Wo hatte ich den Namen bloß schon gehört? Richtig, Toms Frau hatte ihn genannt. Dave Oakland, er war früher ein Freund von Mareweather und Robinson gewesen. Wir hatten auch seine Vergangenheit kurz überprüfen lassen.
    Ein Bote brachte mir die Papiere sofort noch einmal.
    Dave Oakland, geboren 1926 in New York, mitten in Harlem, Sohn eines schwarzen Zeitungsverkäufers, spielte Baseball und boxte eine Zeitlang mit Erfolg als Profi im Mittelgewicht. 1954 trat er als Lagerarbeiter bei der Ralley-Kartonagenfabrik ein, wo er heute noch arbeitete.
    Zwei Stunden später saßen wir dem Neger gegenüber. Er war mittelgroß, hatte ein gutgeschnittenes Gesicht und machte überhaupt einen ordentlichen Eindruck.
    Ja, er hatte von den Morden gehört. Es stand ja in der Zeitung. Als ich ihm sagte, daß Marva Gladstone tot war, blickte er mich erschrocken aus seinen dunklen Augen an. Dann langte er in Tasche seines orangefarbenen Sommerhemdes und nahm eine Packung Zigaretten daraus hervor.
    »Sie war eine unglückliche Frau«, sagte er zu meiner Verwunderung. »Ich habe sie im Madison Square Garden kennengelernt, sie hatte eine Schwäche für Robinson.«
    »Für den Boxchampion?«
    »Ja, immer wenn er boxte, war sie da.«
    Das war nichts Besonderes, denn Robinson war, wie früher schon der Braune Bomber Joe Louis, das Idol seiner Harlemer Rassegenossen gewesen. Wie überhaupt die Farbigen verständlicherweise dazu neigen, diejenigen ihrer Leute heiß zu verehren, die es auch in der Welt der Weißen zu Ehren und Ansehen gebracht hatten. Die Bildergalerie in Marvas Zimmer zeugte ja auch davon.
    »Ich kannte sie nicht lange. Ich war ihr wohl zu arm«, sagte der Mann und fuhr sich ein wenig unbehaglich durch sein Kraushaar.
    »Woher kannten Sie White?« fragte ich plötzlich.
    Er warf mir einen schnellen Blick zu. »White?« Dann lachte er. »Den kennen Sie auch? Er war ein Dummkopf. Ich kannte ihn aus dem Wettbüro, da hockte er ständig. Er hatte zweimal nette Gewinne gemacht. Aber Marva hat dafür gesorgt, daß er keine Freude an den Bucks hatte.«
    »Sie haben Marva mit ihm bekannt gemacht?«
    »Ach wo, sie war mal mit im Wettbüro. Damals hatte White gerade den zweiten Gewinn gemacht. Er war sehr prahlerisch und redete dauernd davon. Wahrscheinlich imponierte es ihm, daß die hübsche junge Frau ihn deshalb angaffte.«
    »Er war doch gar nicht mehr so jung.«
    »Sehr alt war er auch nicht. Ende der Vierzig. Er war immer krank…«
    Oakland konnte uns auch nicht weiterhelfen. Er hatte keinen blassen Schimmer, wer die vier Menschen in Harlem umgebracht haben könnte.
    »Vier Leute, die Sie alle kennen«, sagte Phil, ehe wir gingen. »Denken Sie mal drüber nach, Dave. Vielleicht fällt Ihnen ja was dazu ein.«
    Völlig unbefangen schüttelte der Mann seinen Krauskopf. »Es tut mir leid…«
    »Kennen Sie vielleicht Larry Keaton?« fragte ich.
    »Nein.«
    Wir gingen.
    Ich glaube, wenn ich gewußt hätte, wie nahe ich hier der Lösung des Rätsels stand, hätten mich keine zehn Pferde wegbringen können.
    Wir quetschten Larry Keaton zwei Stunden aus. Er wußte nichts. Er kannte Marvas Leben zu wenig. Und er konnte es beweisen. Und ausgerechnet ihn, den einzigen halbwegs ehrbaren Mann in der ganzen Geschichte hatten wir für die Ratte gehalten. Als ich es ihm sagte, lachte er gequält

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