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0170 - Die Ratte von Harlem

0170 - Die Ratte von Harlem

Titel: 0170 - Die Ratte von Harlem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Ratte von Harlem
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auf.
    »Ich war nicht mal ein guter Artist«, meinte er betrübt. »Ich habe überhaupt immer nur am Rande des Lebens gelebt, zu Hause, beim Variete, in New York und bei Marva.«
    Ich zeigte ihm das Foto, das wir von dem alten Finch hatten. In den Augen des Mannes standen auf einmal Tränen. »Das bin ja ich.« Er lächelte wehmütig. »Wo haben Sie das denn her? Das habe ich selbst ja nicht mal gesehen.«
    »Es stammt von Mr. Finch.«
    »Finch?«
    »James Finch. Er war damals bei demselben Variete-Unternehmen wie Sie. Und bei einem Motorradausflug hat er das Bild gemacht.«
    »James Finch…« Kopfschüttelnd blickte der Alte vor sich hin. »Wo ist er?«
    Wir gaben ihm die Adresse, und dann konnte er gehen. Er reichte mir die Hand.
    Als mir nach zwei Stunden ein Beschattungsbeamter meldete, daß der Alte eine Zigarre und Kuchen gekauft habe, ehe er das Altersheim betrat, wußte ich, daß er wirklich ein anständiger Kerl war, der alte Keaton. Ich beschloß, irgend etwas für ihn zu tun.
    Aber dringendere Sorgen brannten uns auf den Nägeln.
    Die Ratte geisterte noch durch das Negerviertel.
    Die Aktionen des FBI liefen nun auf vollen Touren. In enger Zusammenarbeit mit der Stadtpolizei wurde jede noch so geringe Spur verfolgt. Aus der Bevölkerung kamen Hunderte von Hinweisen, aber alle verliefen sie im Sande.
    Wir zerbrachen uns die Köpfe über den Fall.
    »Es muß einen Zusammenhang geben«, erklärte ich, als wir am Vormittag des nächsten Tages mit Mr. High über die weitere Arbeit an diesem Fall berieten. »Irgendwie hat die Sache System.«
    Phil und ich hatten den ganzen gestrigen Nachmittag bei der Witwe Tom Robinsons verbracht. Aber es war nichts dabei herausgekommen. Die bejammernswerte Frau war so von ihrem Leid erfüllt, daß mit ihr nicht zu reden war. Ich kam mir schließlich fast brutal mit meiner Fragerei vor und ging.
    Am Abend hatten wir Bill Tehran, einen Kinderboß, wie wir ihn nannten, aufgesucht. Tehran war ein etwa fünfzigjähriger Lebegreis mit silbernem Haar, Mephistogesicht und den Manieren eines Eintänzers. Er war stets nach der neuesten Mode gekleidet, trug nur Maßanzüge, und sprach so geschraubt wie eine Gouvernante. Dabei war er ungebildet wie ein Hafenstauer, hielt sich aber für einen Mann, der sicih den Lebensstandard, den er genoß, erkämpft und auch verdient hatte.
    Bill war eine der zahllosen Sumpfpflanzen des Nachtlebens der Millionenstadt. Er war der Boß der kleinen Gauner der Fifth Avenue zwischen dem Central Park und dem Harlem River. Er selbst tat nichts. Er hatte sich auch nie etwas zuschulden kommen lassen. Aber alle Spitzbuben dieser Gegend sahen in dieser schillernden, undurchsichtigen Type ihren Boß. Und sie hielten ihn hoch. Er lebte von ihrer Angst.
    »G.-men?« fragte er. »Welch hoher Besuch!«
    Er empfing uns an seiner reich mit blankgeputztem Messing beschlagenen Wohnungstür. Ein grinsendes, freundlich sein sollendes Lächeln flog über sein scharfes Gesicht. Wenn er sprach, schlug uns jedesmal eine starke Alkoholfahne entgegen.
    Wir hatten den alten Ganoven eine Stunde verhört. Aber er wußte angeblich nichts. Und er lächelte noch ekelhaft süßlich, als er uns mit der frechen Bitte um baldiges Wiederkommen zur Tür geleitete.
    »Dieser alte Junggeselle gibt sich nicht mit Mördern ab«, hatte Phil gemeint. Und das mochte auch das Richtige treffen.
    Mr. High blickte mich jetzt fragend an. »Haben Sie einen Vorschlag, Jerry?«
    Nein, ich hatte keinen Vorschlag. Aber es mußte etwas geschehen.
    »Wir haben sie alle angesehen, aber es wäre, vielleicht nicht verkehrt, wenn wir sie uns weiter ansehen würden«, brummte ich.
    »Wen denn noch?« wollte der Chef wissen.
    »Vielleicht Robinsons und Mareweathers ehemalige Freunde.«
    »Da kannst du halb New York laden«, meinte Phil sarkastisch.
    »Kann sein. Vielleicht die ganze schwarze Stummkundschaft des Madison Square Garden.«
    Ich nahm die Berichtsakten wieder zur Hand.
    Kid Jackson war von Sarah Robinson noch genannt worden. Auch er gehörte zum alten Freundeskreis. Er war in der 149. Straße gemeldet.
    Wir fuhren gleich hin; Phil und ich.
    In einem verwinkelten Quergäßchen hatte er in der siebten Etage eines Hinterhauses gewohnt. Die Frau, die uns die Tür öffnete, sagte uns, daß er schon lange nicht mehr hier hause. Er sei weggezogen.
    »Wann?«
    »Schon vor einem Jahr.«
    »Ja, er fuhr nach einer Industriestadt im Westen hinüber. Er war ja Autoschlosser.«
    Also auch er fiel aus.
    Blieb noch Melwyn

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