0171 - Der Herr des roten Mohns
in den Gesichtem der beiden Mädchen. Die zwei eingetretenen Männer saher sich nicht um, und das war mein Glück. Sie warfen die Tür hinter sich zu und standen ein paar Sekunden regungslos. Ich sah sie nur von hinten, konnte aber auch so feststellen, dass der eine ein Europäer mit rotblondem Haar und der andere ein Chinese war.
»Eure Yankee-Freunde lassen euch grüßen«, quetschte der Rotblonde in unverkennbarem Cockney-Englisch aus dem Mundwinkel. »Der eine brät schon in der Hölle, und der zweite kommt heute auch noch dran.«
Hazel hatte die Zähne in die Unterlippe gegraben und blickte starr auf mich. Ich hoffte, die beiden Kerle würden das nicht merken. Joice war im Begriff, die Nerven zu verlieren. Ihre Augen wurden groß und rund und der letzte Rest Farbe wich aus ihrem Gesicht. Dann riss sie den Mund auf.
Der Chinese machte zwei schnelle Schritte und deckte seine Hand darüber.
Der Europäer näherte sich Hazel. Seine Schritte waren weich und federnd wie die eines Panthers. Jetzt bemerkte ich auch die dicken Seidenschnüre, die sie in den Händen hielten. Das Blut wollte mir in den Adern gerinnen, als ich sah, wie der Chinese den Strick mit schneller Bewegung um den Hals von Joice schlang und im Begriff war, zuzuziehen. Hazel war aufgesprungen und warf den Tisch um. Er polterte ihrem Angreifer genau vor die Füße. Der fluchte, und im gleichen Augenblick sagte ich:
»Hände hoch! Ihr Lumpen!«
Sie fuhren herum Joice lag im Sessel und zerrte mit beiden Händen an der Schlinge. Hazel hatte die Augen zusammengekniffen und griff nach der schweren Blumenvase. Beide Kerle fuhren gleichzeitig mit der Hand in die Taschen.
Da spuckte meine Kanone Feuer. Der Chinese schlug schwer nach hinten gegen Joice, die gellend aufschrie. Dann lag er still. Um den rotblonden Gangster brauchte ich mich nicht mehr zu bemühen. Hazel hatte ihm die schwere Kristallvase mit aller Kraft auf den Schädel gehauen. Er blinzelte einen Augenblick, ging in die Knie und legte sich schlafen. Am Hinterkopf hatte er eine herrliche Platzwunde.
Joice schrie immer noch. Hazel hielt den Rest der Vase in der Hand und lachte hysterisch.
»Seid um Gottes willen ruhig, ihr beiden.« bat ich. »Ihr fallt mir auf die Nerven.«
Dann bückte ich mich nach den zwei Killern. Ich drehte den Chinesen um und sah ihm ins Gesicht. Es war Kun Fong Mi, der vom FBI in New York gesuchte Opiumhändler. Leider war er tot. In der Eile hatte ich ihn zu gut getroffen.
Den anderen kannte ich nicht. Er war bewusstlos, und um allen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, band ich ihm die Hände mit seiner eigenen Schnur auf den Rücken.
Ich wunderte mich, dass draußen alles so ruhig blieb. Man musste doch wenigstens den Schuss gehört haben. Diese Ruhe war trügerisch. Sie dauerte keine drei Minuten. Dann flog die Tür auf, und im Rahmen standen zwei englische Bobbies, die aber im Gegensatz zu den Gepflogenheiten in Old England mächtige Dienstrevolver in den Fäusten hielten.
»Hands up!« brüllten sie im Chor, und da ich nicht die Absicht hatte, mir eine Kanonenkugel in den Bauch schießen zu lassen, gehorchte ich.
Sie warfen einen schnellen Blick auf den Toten und auf den Gefesselten und sahen mich aus zusammengekniffenen Augen an. Dann holte der eine eine stählerne Acht aus der Tasche und winkte.
Jetzt langte mir’s.
»Rufen Sie sofort Inspektor Sommerset bei der Central Police Station an«, schnarrte ich so dienstlich wie möglich, obwohl mir dieser Ton sonst nicht liegt. »Sagen Sie ihm, was Sie hier vorgefunden haben. Ich bin Cotton vom FBI in New York. Sommerset kennt mich.«
Der Bobby zögerte. Mein Ton hatte offenbar den gewünschten Eindruck gemacht. Jetzt hatte auch Hazel ihren Schreck überwunden und beeilte sich, meine Angaben zu bestätigen.
»Und wer sind die?« fragte der Polizist und wies mit der Fußspitze auf die zwei am Boden liegenden Verbrecher.
»Killer, die ausgeschickt waren, um die beiden Mädchen umzubringen.«
»Verrückt!« knurrte der Cop. »So was bringt man doch nicht um. So was ist doch zu schade dafür.«
Der Mann hatte Humor, und weil er Humor hatte, war er zugänglich. Sein Kollege jedoch blieb stur. Während der eine meinem Rat folgte und telefonierte, hielt der zweite das Schießeisen immer noch auf meinen Magen gerichtet. Langsam begannen meine hocherhobenen Arme steif zu werden. Ich war im Begriff, ihm das klarzumachen, als sein Kamerad sagte:
»Der Inspektor will Sie sprechen.«
Ich nahm ihm das Telefon
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