0172 - Das Geheimnis der heiligen Inseln
gemacht", setzte Tea sich über die Frage hinweg. „Auf jeden Fall gelang es mir, Sie zu befreien. Dem unüberwindlichen Tharron sei Dank!" Ter rutschte auf seinem Sitz ein Stück nach vorn. Er sah aus, als fühle er sich unbehaglich. „Seien Sie mir wegen meiner Dummheit nicht böse", bat er mit an ihm gänzlich ungewohnter Höflichkeit, „aber wer ist eigentlich Tharron?" Tea verzog das Gesicht, als müsse sie sich wirklich überlegen, ob sie ihm die Frage übelnehmen solle. Dann entschied sie jedoch: „Nein, Sie können es wirklich nicht wissen. Tharron, der Unbesiegbare, ist der unübertreffliche Leiter des Nordbundes." Sie wies auf das Bild über dem Kamin. „Dort sehen Sie ihn. Steht ihm nicht seherische Genialität im Gesicht geschrieben?" Ter räusperte sich unbehaglich. „Und Pelkam ist der Führer des Südbunds?"
„Es gibt keinen Südbund!" schrie Tea ihn mit zornblitzenden Augen an. „Der Süden hat es niemals wagen können, den einzelnen Provinzen das Recht der Selbstbestimmung zuzugestehen, weil sonst das ganze aufgeblasene Reich über Nacht auseinandergefallen wäre. Das Südreich ist ein Reich, Und der blutrünstige Diktator, der es regiert, heißt Pelkam!" Ter ließ eine halbe Minute verstreichen, bevor er antwortete. „So, jetzt weiß ich's also. Und was ist der Grund für den Streit zwischen Nordbund und Südreich?"
Tea war in ihrem Fahrwasser. „Die Unmenschlichkeit, mit der Pelkam seine Untertanen regiert", sprudelte sie hervor. „Die Ströme von Blut, die hier zur Unterdrückung von Weltanschauungen und Religionen geflossen sind. Die Würdelosigkeit, mit der..." Ter wußte, welches Risiko er einging.
Aber er winkte trotzdem ab. „Nein, das meine ich nicht", sagte er ruhig. „Ich meine: Was ist der wahre Grund?" Griffin befürchtete eine Explosion des temperamentvollen Mädchens. Ein paar Sekunden lang sah es auch danach aus. Tea beugte sich vorn über, und ihre Hände verkrampften sich, als wollte sie sich auf den Terraner stürzen. Dann sank sie in ihren Sessel zurück, und ihre Stimme klang völlig ruhig, als sie antwortete: „George, die Insel."
Ter versuchte, sein Eisen zu schmieden, solange es heiß war.
„Was ist mit der Insel?"
„George ist das heilige Land", antwortete Tea dumpf und sah geradeaus vor sich hin, als befände sie sich in Trance. „George liegt mitten im Ozean, der den Nordkontinent von der südlichen Landmasse trennt. Natürlich gehört George zum Nordbund, denn Soldaten des Nordbundes waren es, die sie entdeckten. Aber das Südreich beansprucht sie für sich und macht uns unsere Anrechte streitig." Ter bekam vor lauter Ratlosigkeit Falten auf der Stirn.
„Aber warum geht ihr nicht einfach hin und stationiert ein Regiment oder eine halbe Division auf der Insel, um eure Ansprüche klarzumachen?"
„Weil niemand die Insel betreten kann", antwortete Tea starr. „Wie?"
„Wer sich der Insel nähert, wird früher oder später an eine Stelle kommen, an der es nicht mehr weitergeht, obwohl es kein sichtbares Hindernis gibt. Man kann sehen, daß es Gebäude auf der Insel gibt. Wir glauben, daß unsere Vorfahren dort gelebt haben und daß unsere Rasse von der Insel stammt. Aber dasselbe behaupten auch die Leute vom Südreich, obwohl sie von der Insel erst erfuhren, als wir sie schon längst entdeckt hatten."
Frankies Interesse war erwacht. „Sie meinen, Nordbund und Südreich streiten sich um eine Insel, die keiner von beiden jemals betreten kann und von der niemand einen Nutzen hat?"
Tea sah sie traurig an. „Nutzen", antwortete sie wegwerfend. „Wer denkt schon an Nutzen, wenn es um das Vermächtnis der Vorväter geht." Griffin sah Frankie warnend an. Sie durften sich in ihrer Lage nicht Theas Wohlwollen dadurch verscherzen, daß sie sie wegen ihrer politischen Überzeugung verspotteten. Tea mochte eine einseitige Weltanschauung haben. Aber sie war gewiß klug.
Frankie nickte beruhigend. Auch Ter schien seine Wißbegierde befriedigt zu haben und gab zu erkennen, daß er keine Fragen mehr zu stellen gedachte.
„Wie denken Sie sich unseren Transport vom Südreich zum Nordbund?" fragte Griffin sachlich. „Von Zeit zu Zeit landet eine Versorgungsmaschine weit im Norden, in der unzugänglichen Wildnis des Marito-Gebirges. Wir müssen mit den Autos hinauffahren. Bis jetzt hat es uns niemals Schwierigkeiten gemacht, das Flugzeug zu finden. Niemand ist uns 'gefolgt. Die Maschine ist in drei Tagen wieder ..." Sie unterbrach sich plötzlich und hob den
Weitere Kostenlose Bücher