0172 - Mit Gangstern spielt man nicht
schloß sich uns an.
»Hört zu!« sagte ich leise zu den anderen, als wir bei der letzten Buschgruppe vor dem Hause angekommen waren. »Wir wollen es zuerst mit einer List versuchen. Auf der linken Seite müssen die Fenster des Wohnzimmers sein. Versteckt euch draußen! Phil und ich gehen hinein. Wenn es für uns gefährlich werden sollte, könnt ihr von draußen eingreifen.«
Sie begriffen, daß es zu spät für lange Diskussionen war. Ich sagte ihnen noch, daß vor dem Wohnzimmer eine Terrasse sei. Ohne Schwierigkeiten würden sie also durch die Terrassentür ins Zimmer eindringen können.
Leise schlichen sie davon. Wir warteten so lange, bis wir annehmen durften, daß sie ihre Stellung bezogen hatten. Ohne uns noch Mühe zu geben, geräuschlos zu sein, schritten wir die Treppe hinauf und klingelten. Es dauerte nicht lange, bis die Lampe über der Haustür aufflammte. Stainleys Mädchen für alles öffnete die Tür.
»Hallo«, sagte ich freundlich. »Wir möchten noch mal mit Mr. Stainley sprechen. Ist er jetzt zu Hause?«
Der Kerl nickte schweigend. Dabei sah er uns so lauernd an, daß mir die Finger juckten. Aber ich bezwang mich. Wir wurden ins Wohnzimmer geführt.
Holla! Da hatten wir die ganze Mannschaft zusammen. Sogar seine Freundin war da. Sie jubelte Phil mit ihrer Kinderstimme entgegen.
»Halts Maul!« fuhr Stainley sie grob an. »Was wollt ihr, G-men?«
Aus den Augenwinkeln sah ich am äußersten Fenster eine flüchtige Bewegung. Unsere Kollegen waren also auf dem Posten. Mit einem raschen Blick verständigte ich mich mit Phil. Wir zogen unsere Revolver. Im Nu stand ich hinter einem schweren Ohrensessel, Phil hinter einem Ungetüm von Fernsehschrank.
»Stainley«, sagte ich langsam, während sie mich alle wie erstarrt anblickten: »Geben Sie das Spiel auf! Die beiden Jungen möchten endlich ihren Mörder verhaftet sehen!«
Ein paar Herzschläge lang herrschte Totenstille. Aber plötzlich fuhr Stainley so schnell vor wie eine giftige Viper. Er riß die Frau mit dem linken Arm wie ein Schild vor sich. Gleichzeitig setzte er eine Pistole auf ihre Schläfe. »Kommen Sie hinter dem Sessel vor, Cotton!« schrie er. »Oder ich lege die Frau um!«
»Tu’s nicht, Jerry!« rief Phil.
»Ich knall sie vor Ihren Augen nieder, Cotton, wenn Sie nicht kommen!«
Okay. Er hat uns übertölpelt. Es war ihm glatt zuzutrauen, daß er seine eigene Freundin in der letzten Panik über den Haufen schießen würde. Ich ging langsam um den Sessel herum. Auf ihn zu. Unsere Augen hatten sich ineinander gebohrt.
»Du bist an allem schuld!« keuchte Stainley. »Nur du, Cotton! Ich werde dich voll Blei pumpen! Und wenn ich zur Hölle fahren muß! Aber du fährst mir voran!«
»Irrtum, Stainley«, sagte ich leise, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Unendlich langsam ging ich weiter auf ihn zu. »Nur Sie werden sich in der Hölle melden.«
Noch zwei Schritte. Und nochmals. Ich fühlte, wie meine Stirn feucht wurde. Und dann drehte Stainley die Pistole langsam von der Schläfe des Mädchens in meine Richtung.
Es ging alles schneller, als man es sagen kann.
Urplötzlich splitterte ein Fenster. Ein Schuß krachte. Ich warf mich mit einem Riesensatz hinter eine Couch. Stainley schrie, und das alles war gewissermaßen im gleichen Augenblick. Als ich vorsichtig hochblickte, lag Stainley am Boden, und Wilmerson kam mit rauchendem Revolver zur Verandatür herein.
»Ich mußte doch so lange warten«, sagte er kläglich, »bis er die Pistole von ihrem Kopf nahm…«
***
Stainley war nur in die Hüfte geschossen worden. Sie brauchten sieben Monate, um ihn auszuheilen, damit sie ihn nachher auf den elektrischen Stuhl setzen konnten. Denn er selbst war der Mörder der beiden Jungen gewesen. Alles hatte sich ungefähr so zugetragen, wie ich es vermutet hatte.
Allerdings muß noch eine Kleinigkeit berichtet werden: Stainleys Armverletzung überführte ihn. Und das Geständnis des Aufsehers in der Spielhalle, der am billigsten davonkam. Die vier Burschen, die wir bei Stainley angetroffen hatten, waren ein paar zwielichtige Figuren aus Bronx, an die Stainley seine Spielhalle verkaufen wollte, weil ihm der Boden unter den Füßen zu heiß geworden war.
Drei Wochen nach Stainleys Verhaftung gab es eine kurze Notiz in den Zeitungen, die besagte, daß der Militär-Attaché einer ausländischen Botschaft im Zuge einer Routine-Versetzung abberufen worden sei. Nur wenige Leute wußten allerdings, wie es zu dieser Ablösung gekommen
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