0173 - Unternehmen Nautilus
sich angriffslustig um. „Genau das", wiederholte Lemy. „So schlecht sind meine Leute nun-auch nicht, auch wenn wir keine Experten an Bord haben. Soviel ich weiß, ist hochkonzentriertes H2 O2 zwar schwach bläulich und ätzend, aber nicht in einer so extremen Form, wie wir es bei der Substanz der Blues erlebt haben. Dieser Stoff ist intensiv blau, ausgesprochen zähflüssig und außerdem so stark ätzend, daß man es kaum ertragen kann. Ferner erinnere ich an die Un-stabilität einer fünfundachtzigprozentigen Lösung. Wieso kann man mit der Mischung der Blues, die ebenfalls hochkonzentriert ist, so gefahrlos umgehen wie mit Wasser? Da ist doch etwas nicht in Ordnung!"
„Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen, Sir", erklärte Arando mit dumpfer Stimme. „Die Analyse war kompliziert. Das Material reagiert nicht in der Art, wie normales Was-serstoffperoxyd. Anfänglich konnten wir überhaupt nicht feststellen, daß die Substanz in ihrer wesentlichen Grundlage daraus besteht. Die Blues setzen einen Stoff hinzu, den wir nicht kennen. Wissen Sie, daß die Berieselungsflüssigkeit paraphysikalische Impulse abstrahlt?"
Ich staunte! Lemy schlug in seiner lebhaften Art die Hände vors Gesicht und ließ sich neben mir auf der Matratze nieder.
„Ähnliches habe ich befürchtet", behauptete er mit solcher Überzeugungskraft, daß ich ihm die Bemerkung sogar glaubte.
„Was haben Sie sonst noch festgestellt, meine Herren? Wo endet der rote Faden?"
„An der Grenze unseres bisherigen Wissens", warf Ohntorf ein.
„Ich habe mich mit der Materie befaßt. Ich kenne keinen chemischen Grundstoff und keine chemische Verbindung, die paraphysikalische Effekte aufweist. Die blaue Substanz strahlt aber einwandfrei im fünfdimensionalen Hodronon-Bereich. Daraus ist zu folgern, daß man einen energetischen Katalysator verwendet, der entweder durch eine Verwandlung des Grundstoffes Ha O2 in ihm selbst ausgelöst, oder durch den Einschuß parastabiler Partikel hinzugefügt wird. Haben Sie im .Block der fünften Wachsamkeit' ein Synchro-Hodronon zur Umwandlung normalenergetischer Teilchen in Hyperteilchen gesehen? Oder eine ähnliche Maschine, mit der man die gleiche Reaktion herbeiführen könnte?"
Lemy verneinte mit Bestimmtheit. Es gab nichts dergleichen. Er war so oft unter der Oberfläche des Planeten Gatas gewesen, daß ihm ein solches Mammutgebilde bestimmt aufgefallen wäre.
„Dann sind wir so gut wie am Ende", resignierte der Biophysiker Redgers. „Wissenschaftler mit unserer Erfahrung sollten erkennen, wann sie ihre Grenzen erreicht haben. Ich bezweifle nicht, daß man einen Katalysator hinzufügt. Da liegt das Geheimnis verankert. Die chemische Reaktion ist relativ unbedeutend. Außerdem kennen wir sie. Den Männern der LUVINNO kann kein Vorwurf daraus gemacht werden, daß ihnen die Analyse nicht gelang. Wir sind um einen Schritt weitergekommen, und dabei bleibt es. Machen Sie sich keine falschen Hoffnungen! Wenn es den USO-Spezialisten nicht gelingt, den Katalysator herbeizuschaffen, können wir getrost in den Transmitter steigen und das Boot sprengen."
„Vielen Dank, Doc", sagte Lemy. „Ich bin sehr glücklich über Ihren Ausspruch. Wir haben wirklich alles getan, was in unserer Macht stand."
Ich sah den Kleinen abschätzend an. Der Katalysator ließ mir schon keine Ruhe mehr. Ich sprach Ohntorf an.
„Haben Sie eine Vorstellung davon, wie der Zusatzstoff aussieht?
Gehen Sie einmal von der Annahme aus, es wäre eine zweite Flüssigkeit, oder ein Pulver, oder sonst etwas, was man mit den Händen ergreifen kann." Ohntorf winkte ab.
„Ich kenne keine Materie, die im Hodrononbereich strahlt.
Parastabile Teilchen können Sie nicht einmal mit den üblichen Geräten feststellen, geschweige denn anfassen."
„Aber ich kenne einen Stoff, der im Hodrononbereich strahlt", sagte jemand mit tiefer Stimme. Ich blickte zur Tür. Arando drehte sich ebenfalls um und winkte dem Eintretenden zu. Es war ein großer, schlanker Mann mit silberfarbenen Haaren. „Ausgerechnet unser Kybernetiker kennt ein solches Material", bemerkte Ohntorf abfällig. „Sie träumen, Balbo!"
Dr. Balbo Shinat, Kybernetiker und Beherrscher des Bordgehirns, legte die Stirn in Falten. Er setzte sich ebenfalls auf mein Bett. Ich schaute auf meine nackten Füße nieder und erinnerte mich daran, daß ich eigentlich hatte schlafen wollen.
Seufzend rückte ich zur Seite. Shinat war ein Kolonialterraner.
Man sagte ihm nach, er wäre ein Könner
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