0176 - Der Pestvogel
Kräften versorgt. Die Verletzung, die ich ihm mit dem geweihten Silberdolch zugefügt hatte, war inzwischen geheilt.
Katt war wieder so stark wie früher.
Ich wollte herumwirbeln.
Da traf mich ein knochenharter Schlag und warf mich auf die Holzbank. Ich drehte mich um. Bevor ich meine Beretta auf den Angreifer richten konnte, trat er mir die Waffe aus der Hand.
Ein glühender Schmerz durchzuckte mein Handgelenk. Ich preßte die Kiefer zusammen und stach mit dem Dolch nach Katts Bein. Er riß es blitzschnell zurück, und die Klinge verfehlte ihn knapp. Katt warf sich auf mich. Wir trugen in der engen Kabine einen erbitterten Kampf aus. Fortwährend stieß ich irgendwo dagegen.
Er hielt meinen Dolcharm fest umklammert.
Es gelang mir trotzdem, die Waffe zu drehen. Die Klinge wies auf seinen Brustkorb. Ich versuchte den Dolch nach oben zu drücken, doch Zacharias Katt ließ es nicht zu.
Er begann sich zu verwandeln. Ich spürte zuerst, daß seine Hände zu harten Krallenklauen wurden. Fast gleichzeitig veränderte sich sein Kopf. Er wurde runder, bedeckte sich mit schwarzem Gefieder, und ein mächtiger Schnabel ragte mir bedrohlich entgegen.
Viel zu viele Menschen hatte Katt mit diesem Schnabel schon getötet. Würde ich verhindern können, daß er weitere Morde beging? Oder würde ich sein nächstes Opfer sein?
Ich zog die Beine an, stemmte sie gegen den gefiederten Leib des Totenvogels und stieß ihn mit aller Kraft von mir. Er sauste aus der Kabine, flatterte mit den Flügeln und stieß ein wütendes Krächzen aus.
In der Eile fand ich meine Beretta nicht wieder. Zacharias Katt wollte sich sofort wieder auf mich stürzen. Ich schleuderte ihm meinen Dolch entgegen. Die Klinge wuchtete in seine Brust und stoppte seinen Vorwärtsschwung.
Die neuerliche Verletzung machte ihm zu schaffen. Daran hatte er zu nagen. Er sackte zu Boden und schlug wild mit den Schwingen, als hätte er die Absicht, sich aus dem Staub zu machen, aber noch einmal sollte ihm das nicht gelingen. Die Beretta fand ich nicht. Egal. Wo mein Kreuz war, das wußte ich, und ich öffnete blitzschnell mein Hemd.
Mit einer fließenden Bewegung nahm ich die Kette ab, und dann griff ich meinen Gegner mitleidlos an. Das Kruzifix wirbelte durch die Luft und traf gleich darauf den rechten Flügel des Totenvogels.
Er stieß einen Schrei aus, der nichts Menschliches und nichts Tierisches an sich hatte, und dann fiel der Flügel ab und verging.
Haßerfüllt versuchte er mir den mörderischen Schnabel in den Bauch zu schlagen, doch ich sprang rechtzeitig zurück und schlug erneut mit dem Kreuz zu. Diesmal traf ich Katts Rücken. Das Gefieder verbrannte. Ein schrecklicher Gestank stieg mir in die Nase, während der Körper des Totenvogels aufbrach.
Er wankte, hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten, doch er gab noch nicht auf. Trotz seiner schrecklichen Verletzungen attackierte er mich wieder. Mein Kruzifix rasierte seinen Schädel. Er war schwer benommen. Ich sprang auf ihn zu und riß ihm meinen Dolch aus der Brust, setzte die Waffe sofort wieder gegen ihn ein.
Waagrecht setzte ich die Klinge an seinen Hals.
Und zog durch!
Ein letzter furchtbarer Schrei. Durch Katts gefiederten Körper ging ein wilder Ruck, dann fiel der Vogelkopf auf den rauhen Betonboden und rollte polternd vier Yard weit.
Während des Rollens wurde aus dem Vogelkopf ein Menschenkopf. Ich trat zurück. Katt flatterte noch mit dem Flügel, der ihm geblieben war, aber das konnten nur noch die Reflexe seiner Nerven sein. Er selbst war erledigt. Langsam kippte der Körper des Totenvogels zur Seite. Die schwarzen Federn fielen ab und lösten sich auf. Auch der Leib des Tieres verging.
Wien hatte seinen Frieden wieder.
ENDE
[1] Siehe John Sinclair Nr. 174 »Lupinas Todfeind«
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