0177 - Der Gangster, dem New York gehörte
blinzelte mit den Augenlidern.
»Tut mir leid«, sagte er, »aber jetzt sehe ich praktisch nichts mehr.«
Er hatte graue Augen, aber an seinem Blick war nichts Besonderes. Phils Idee von der Hypnose hatte mich auf den Gedanken gebracht, seine Augen sehen zu wollen.
»Darf ich mich wieder anziehen?«, erkundigte er sich. »Haben Sie in meinen Augen einen Verhaftungsgrund entdeckt?«
Er schob sich die Brille auf die Nase.
»Warum tragen Sie Handschuhe?«, fragte Phil. »Warum tragen Sie immer und ewig Handschuhe?«
»Weil ich ständig kalte Hände habe. Ich leide an Kreislaufstörungen. Genügt Ihnen die Antwort, oder soll ich die Handschuhe auch ausziehen?«
Ich erinnerte mich daran, dass er damals, als wir ihn aus seinem Bett aufgestört hatten, keine Handschuhe getragen hatte, aber ich konnte mich auch nicht an irgendwelche besonderen Merkmale an seinen Händen erinnern. Wahrscheinlich hatte ich nicht darauf geachtet.
»Hoogan ist tot, Kenneth«, sagte ich. »Und der Mann, der ihn tötete, sah aus wie ein gewisser Rodrigo Alvaron, aber wir glauben nicht mehr daran, dass wirklich Alvaron den Hehler ermordete.«
Er zuckte die Achseln.
»Das zu entscheiden, muss ich Ihrem Scharfsinn überlassen.«
»Alvaron stellte sich der Polizei. Er sitzt im Untersuchungsgefängnis. In seinem Geständnis spielt ein Mann, der schwarze Kleidung und einen schwarzen Thunderbird bevorzugt, eine Rolle. Ich glaube, wenn es uns gelingt, diesen Mann zu finden, Kenneth, dann sind auch Sie nicht mehr weit vom elektrischen Stuhl entfernt.«
Er gab kein Zeichen von Erregung von sich.
»Also suchen Sie ihn«, schlug er vor, »und kommen Sie dann wieder.«
»Wenn Sie Ihren Plan, die Nachfolge Ihres Bruders anzutreten, noch nicht aufgegeben haben, dann müssen Sie als nächsten Mann Tertio Derlano aufs Korn nehmen, Kenneth. Ich warne Sie. Wir werden Derlano scharf überwachen.«
Er stand auf.
»Haben Sie das bei dem dicken Fence und bei Cool Hoogan nicht getan? Fence liegt schon unter der Erde, und Hoogans Beerdigung findet in drei Tagen statt. Wenn ich Tertio Derlano wäre, so gäbe ich keinen Pfifferling für den kostbaren Polizeischutz. Und jetzt wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie verschwinden würden. Länger als zehn Minuten halte ich den Anblick von Polizisten nicht aus, ohne dass mir übel wird.«
Ich trat ganz nahe an ihn heran.
»Kenneth, ich schwöre Ihnen, dass wir Sie stoppen werden.«
»Sie werden mich nicht stoppen«, zischte Carel Kenneth. Ich sah durch die dicken Gläser hindurch das Funkeln seiner Augen. »Ich erobere New York. Sie können sich darauf verlassen.«
***
Tertio Derlano, der Hafengangster, war mittelgroß, kompakt und muskulös. Er hatte einen fast kahlen Schädel, dunkle überhängende Augenbrauen, kleine hitzige Augen und ein Kinn wie ein Schmiedehammer. Er war der Sohn italienischer Einwanderer. Noch immer rollten die südlichen R’s durch sein Englisch.
Ich stand ihm in seinem Büro auf dem Pier 39 gegenüber. Eigentlich war es das Büro einer gewerkschaftsähnlichen Organisation, und es lag in einem kleinen Holzhaus zwischen den riesigen Schuppen der Lagerhallen.
Derlano hieb die Faust wütend auf den Tisch, dass die Tintenfässer tanzten.
»Früher hätte ich jeden Cop, der hier hereinzukommen gewagt hätte, mit Fußtritten hinausgejagt«, grollte er. »Heute kann ich es nicht mehr riskieren. Vielleicht bist auch du nur ein schäbiger Kenneth-Trick.«
Ich hielt ihm den FBI-Ausweis unter die Nase.
»Das Ding kann auch Kenneth nicht fälschen.«
Er warf einen kurzen Blick darauf. »Nein«, knurrte er, »aber er kann es mitsamt dem Inhaber kaufen.«
Ich zuckte die Achseln und steckte den Ausweis ein.
»Du bist an der Reihe, Derlano.«
»Das brauchst du mir nicht zu erzählen«, fauchte er giftig. »Ich kann es mir ausrechnen, nachdem auch Hoogan ins Gras gebissen hat. Aber ich werde mich wehren. Kenneth wird sich wundern.«
»Du bist gut informiert.«
»Nichts bin ich. Alle, die für mich gearbeitet haben, laufen davon wie die Ratten von einem Kahn, der sinkt. Sieh dich um, G-man! Die drei Burschen, die du hier siehst, stellen meinen ganzen Verein dar. Früher wimmelten hier Dutzende von Speichelleckern herum, die nur darauf warteten, dass ich ihnen gnädig ein paar Dollar zukommen ließ. Davon sind nur meine Brüder Carlo und Antonio und Tonio Maruzzo übrig geblieben.«
Ich zog mir einen der wackligen Holzstühle heran, die in dem unordentlichen Büro herumstanden.
»Du kannst von
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