0178 - Wir spielten mit dem Feuer
Rücken hinunter. Ich schaltete die Polizeisirene ein, nahm den Fuß vom Gas und krampfte beide Hände hart ums Steuer.
Unser Abstand verringerte sich. Zweihundert Yards hundertfünfzig, hundert.
Ich wagte einen Blick in den Rückspiegel. Der Abstand zu meinen Verfolgern, der inzwischen vielleicht auf hundert oder hundertzwanzig Yards angewachsen war, verringerte sich, weil der Idiot vor mir die Fahrbahn nicht freigab.
Dann atmete ich auf, trat aufs Gaspedal und fegte an dem Burschen vorbei wie die wilde Jagd. Im letzten Augenblick hatte ihn das Gellen meiner Sirene zur Vernunft und auf die äußerste rechte Fahrbahnseite gebracht.
Jetzt konnte ich mir unbesorgt ein Liedchen pfeifen. Sie mochten einen Chrysler, einen Cadillac oder sonst was fahren, die Burschen hinter mir. Mit dem Jaguar würden sie nicht Schritt halten. Auf schnurgerader Strecke nicht und auf einer kurvenreichen Strecke kaum.
Nach dem dritten Takt verging mir das Pfeifen. Zwar waren meine Verfolger so weit abgefallen, dass sie nicht einmal mit ihren Kanonen, die sie sicher bei sich hatten, noch eine Gefahr für mich darstellten. Aber dafür spielte mein guter, alter Jaguar nicht mehr mit. Und schlagartig kam mir ins Bewusstsein, dass ich den Tank schon auf Reserve gestellt hatte, als ich mit Phil gegen sechs zu Paddington runtergefahren war. Inzwischen hatten wir an alles Mögliche gedacht, nur nicht daran, dass das schönste Auto ohne Benzin nicht läuft.
Der Motor tuckerte zweimal. Ich nahm das Gas weg, zählte drei Sekunden mit, tippte das erste Mal zart wie ein Säugling mit der Fußspitze auf die Bremse, zählte wieder bis drei, tippte stärker, zählte länger - und fühlte bei all dem, wie mir der Schweiß schon an den Augenbrauen vorbei an der Nasenwurzel herablief.
Je langsamer ich wurde, umso näher kamen sie. Mir fiel das Manöver wieder ein, das sie mit mir in der Bowery angefangen hatten. Okay, so leicht sollte es ihnen diesmal nicht werden.
Ich legte den zweiten Gang ein und bremste. Als ich die Kupplung losließ, krachte ich mit der Stirn gegen die Windschutzscheibe. Aber sechs oder sieben Sekunden später hatte ich den Schlitten mitten auf dem Bürgersteig. Ich trat Bremse und Kupplung gleichzeitig, ließ ihn hart an eine Hauswand heran und bekam ihn zum Stehen.
Mit einem Satz war ich zur Tür hinaus, mit einer Flanke über das Verdeck hinweg und zwischen Hauswand und Wagen halbwegs in Deckung. Mein Atem ging keuchend, der Schweiß lief mir aus allen Poren, aber meine Dienstpistole lag kühl und schwer in meiner Hand.
Sie hatten nicht aufgepasst. Der linke von ihnen fegte zwanzig Yards an mir vorbei, bevor er zum Stoppen kam und den Rückwärtsgang einlegen konnte. Inzwischen aber stand der andere schon kaum vier Yards von mir entfernt auf der Straße. Ich sah das zuckende Aufflammen vom Mündungsfeuer zweier Maschinenpistolen. Und ich drückte meine Nase so tief und den ganzen Körper so dicht in die hinterste Ecke zwischen Jaguar und Hauswand, dass ich vermutlich einem Igel glich.
Die Kugeln klatschten gegen die Hauswand, sirrten als Querschläger zurück und fuhren mit lautem Peng zum Teil in die Karosserie des Jaguars. Etwas brüllend Heißes ratschte mir über die linke Wade, ein anderer Querschläger riss mir einen Zoll Haut von der linken Hand weg.
Schlagartig, wie sie losgeballert hatten, hörten sie auf. Ich schob den Kopf eine Idee zur Seite. Der zweite Wagen war herangekommen, aber er rollte gerade langsam im Rückwärtsgang aus, als ich hörte, wie sie aus dem Wagen auf die Straße sprangen.
Well, Notwehr sollte in vernünftigen Grenzen bleiben. Aber gegen sechs oder acht oder gar zehn mordlüsterne Gangster kann man sich keine Anwandlungen von Großmut leisten. Ich sah einen Kerl ein bisschen zu langsam aus dem zweiten Wagen herausklettern.
Er warf beide Arme hoch, als ihn meine Kugel traf.
Ich jagte zum Heck des Wagens, als sie den Kühler mit ihren Tommy Guns zerharkten. Sie schossen mindestens vierzig Kugeln auf eine Stelle, wo ich längst nicht mehr war.
Dafür fuhr ich am Heck plötzlich in die Höhe, als ich einen ihrer Motoren aufheulen hörte. Der zuletzt herangekommene Wagen fuhr bereits langsam wieder an. Vor dem anderen Wagen stand geduckt ein Kerl, der fluchend sein Magazin auswechselte. Neben der offen stehenden Tür lag der, den ich gerade getroffen hatte. Zwei Schritte seitlich von ihm standen zwei andere. Einer hielt eine Maschinenpistole und suchte mich noch immer auf der anderen Seite
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