0179 - Der unheimliche Ritter
fragte sich Nicole, die nicht im Traum daran dachte, dem Dämon zu helfen.
»Ein Teil von dir wird ihn davon überzeugen, daß du in meiner Gewalt bist und ihn zum Nachgeben zwingen«, behauptete Thorn kalt und ließ es wieder grell aus seinen Augen blitzen.
Das nackte Entsetzen sprang Nicole an.
***
Jaques, der Diener, runzelte die Stirn. »Kann ich Ihnen behilflich sein, Professor?« fragte er, aber sein Tonfall besagte das Gegenteil. Der war nackte Drohung!
Der Mann, der sich neben Jaques aufbaute, war eine jüngere Ausgabe von Henner Pol. Seine rechte Hand verschwand unter dem Jackett in Achselgegend, und das war eine Geste, die Zamorra absolut nicht mochte.
Erst der Graugekleidete auf Eins mit der Pistole in der Tasche, und hier dieser junge Bursche mit dem glattrasierten Gesicht und dem kurzgeschnittenen Haar!
»Ich will zu Henner Pol!« sagte Zamorra und machte ein paar Schritte vorwärts.
»Daß Mister Pol momentan nicht zu sprechen ist, müßten Sie am besten wissen, weil Sie ihn doch niedergeschlagen haben«, sagte der Glattrasierte, der Pol junior sein mußte.
»Unter diesen Umständen, Monsieur«, sagte der Diener trocken und in kühler Höflichkeit, »müßten wir uns eigentlich genötigt sehen, Sie des Hauses zu verweisen. Ich möchte aber nicht unhöflich erscheinen und Sie daher ersuchen, das Kaminzimmer wieder zu betreten und zu werten, bis Mister Pol Sie persönlich zur Tür begleiten kann.«
Höflicher war ein Rausschmiß wohl noch nie formuliert worden.
Zamorra dachte aber nicht daran, sich den Schuh anzuziehen. »Niedergeschlagen habe ich Ihren Chef nicht, weil ich das nicht nötig habe«, sagte er und marschierte weiter auf die Tür zu, zu der ihm die beiden Männer den Weg versperrten.
Das scharfe »Stop« des Jünglings ließ ihn dann doch verharren, weil der das mit einer blitzschnellen Bewegung unterstrich und eine Mauser auf Zamorra richtete.
Der hatte das gar nicht gern.
Daß er sich als Gast im fremden Haus befand, interessierte ihn augenblicklich herzlich wenig. Er sah sich nur durch die Waffe bedroht und handelte sofort.
Pol junior und Jaques standen auf einem dunkelroten Läufer, den auch Zamorra unter seinen Füßen hatte und der auf dem Auslegteppich zusätzlich ausgerollt war. Drei Meter betrug die Distanz.
Blitzschnell war Zamorra auf den Knien, packte mit beiden Händen zu und riß an dem Teppich.
Pol und Jaques wurden überrascht. Der Junior krachte zu Boden wie ein Mehlsack; die Pistole flog irgendwohin. Jaques taumelte gegen die Wand, konnte dabei aber nicht verhindern, daß er ebenfalls zu Boden ging. Zamorra war schon wieder aus seiner knienden Haltung aufgesprungen, schlug die Hände abwischend gegeneinander und marschierte an den beiden verblüfften Männern vorbei zur Zimmertür.
Beide konnten nicht verhindern, daß er sie aufstieß und eintrat.
»Herzlich willkommen«, sagte Pol säuerlich.
***
Ehe Nicole noch darüber nachdenken konnte, was Thorn, der Schwarze Ritter, mit seiner Formulierung gemeint hatte, packte dessen Hand schon zu und griff in das dunkle Haar.
Und hatte den Skalp in der Hand!
Daß Nicole Perücken trug, lag in ihrem Naturell. Perücken und Mode waren ihr Tick, den sie ausgiebig pflegte. Ständig tauchte sie mit anderen Frisuren auf und überraschte auch Zamorra immer wieder aufs Neue mit ausgefallenen Kreationen und hohen Rechnungen der Haarkünstler, die diese Perücken des öfteren »nach Maß« anfertigten.
Auch das Ding, was sie auf diesem Trip auf dem Kopf getragen hatte, war nicht echt. Dabei hatte Nicole es nicht nötig, ihr eigenes Haar zu verstecken. Aber es gehörte bei ihr einfach dazu, ständig anders auszusehen.
»Das«, stieß Thorn hervor, »dürfte vorerst genügen. Wenn Zamorra darauf nicht reagiert, greifen wir zu anderen Teilen.«
Etwas wie Erleichterung machte sich in Nicole breit, daß der Schwarze Ritter sich vorerst mit der Perücke begnügte.
Thorn wandte sich ohne ein weiteres Wort ab und verschwand. Hinter ihm knallte die riesige, schwere Holztür aus roh behauenen Baumstämmen wieder zu und verriet durch lautes Knirschen und Kläcken, daß ein schwerer Riegel vorgelegt worden war.
Nicole atmete tief durch.
Mit dem Zuschlägen der Tür war es in dem Gefängnis nicht völlig dunkel geworden. Von irgendwoher kam gedämpftes Licht, und als Nicole den Kopf drehte, sah sie an der Rückwand des gigantischen Raumes brennende Fackeln an den Wänden in Halterungen stecken.
Sie zerrte an ihren
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