0179 - Wir blufften um sein Leben
bestehe der Verdacht, daß das Hauptquartier der Schmuggler in Sun City liege, aber woher sie diesen Verdacht hatten, war uns nicht an vertraut worden. Vermutlich war es einer dieser vertraulichen Tips, die die Polizei ab und zu mal erhält. Was aber, wenn dieser Tip falsch war? Und ein Verdacht kann sich leicht als falsch erweisen. Clareson hatte durchaus recht, wenn er fragte, was wir unternehmen sollten. Wir brauchten gezielte Handlungen. Die Frage war nur, wohin man zielen soll, wenn man nicht weiß, wo das Ziel ist.
»Ich finde«, sagte Phil, »ich finde, wir sollten diese ganze verfahrene Geschichte einmal mit dem Gouverneur beraten, Zum Teufel, er muß doch seinen Staat, er muß doch Florida besser kennen als wir! Vielleicht kann er uns einen brauchbaren Tip geben. Clareson hat doch vollkommen recht, wenn er sagt, daß wir fünf Mann nicht die ganze Küste Floridas überwachen können!«
Ich beendete die fruchtlose Diskussion mit meiner Entscheidung:
»In Ordnung. Phils Vorschlag wird aufgegriffen. Ich fahre mit Clareson zum Gouverneur. Wir werden ja sehen, ob uns das irgendwie hilft. Kommen Sie, Clareson. Jetzt ist es halb drei. Wenn wir Glück haben, erwischen wir den Gouverneur gerade, wenn er vom Essen kommt.«
Der aufgeforderte Kollege griff stumm nach seinem Hut und rückte sich die Krawatte zurecht. Wir holten den Mercury aus der Garage, der zu unserer Ausrüstung gehörte und fuhren los. Phils Rat, mit dem Gouverneur zu sprechen, sollte sich als sehr folgenreich zeigen, freilich in einer anderen Hinsicht, als wir es zunächst erwartet hatten.
***
Vielleicht wäre unser ganzer Fall niemals aufgeklärt worden, wenn sich in Sun City nicht Monate vorher ein Mord zugetragen hätte, der auf eine eigenartige Weise mit unserer Sache verknüpft war. Vor fast fünf Monaten nämlich, an einem Donnerstag, war ein gewisser Ray Connelli auf dem Flugplatz von Sun City angekommen, hatte ein Taxi genommen und war damit in die Stadt gefahren.
Es war morgens gegen acht Uhr fünfzehn. Ray spürte, daß er einen sehr starken Durst hatte, außerdem fragte er sich, ob er seine Freunde, die ihn zu diesem Besuch eingeladen hatten, so früh am Morgen schon belästigen sollte. Sicher war es allen angenehmer, wenn er erst später bei ihnen aufkreuzte.
»Ich habe es mir überlegt«, sagte er zu dem dunkelhäutigen Fahrer des Taxis. »Ich will doch erst ein Bier trinken, bevor ich meine Freunde besuche.«
»Yeah, Sir«, erwiderte der Neger am Steuer. »Wo soll ich halten?«
»Da vorn ist ja ein Lokal, das schon geöffnet hat«, meinte Ray und deutete mit einer Kopfbewegumg auf die andere Straßenseite.
»Sie wollen bei Steewy rein?« fragte der Fahrer mit einer Stimme, die so klang, als hätte er gefragt, ob Ray zum Mond fliegen möchte.
»Ja, wenn das die Bude dort ist. Warum nicht? Haben Sie was dagegen?« Der Fahrer preßte einen Augenblick die Lippen zusammen. Schließlich schüttelte er den Kopf.
»Natürlich nicht. Wie Sie wollen, Mister.«
Er gab Blinkzeichen und fuhr auf die linke Fahrbahn, um vor dem Lokal anzuhalten. Ray kletterte auf die Straße, während der Neger ihm seinen Koffer auf den Bürgersteig stellte.
»Was macht‘s?« fragte Ray.
»Eins-zwanzig, Mister.«
Ray gab ihm einen andertihalben Dollar und sagte, es wäre gut so. Der Fahrer sah ihn einen Augenblick aus seinen großen, braunen Augen an. Für den Bruchteil einer Sekunde schien es, als wollte er etwas sagen. Aber er besann sich, stieg zurück in sein Yellow Cab und fuhr mit einer kurzen Bewegung seiner Hand, die eine Dankesgeste darstellen sollte, davon. Ray sah ihm nach.
Komischer Kauz, dachte er. Starrt mich dauernd an, als ob er etwas sagen wollte, aber macht den Mund nicht auf. Weiß der Teufel, was er hat.
Ray hob seinen Koffer auf. Er schlenderte auf den Eingang des Lokals zu. Rechts gab es eine schmalere Tür, wo gerade ein Neger Kästen mit Coca-Cola-Flaschen ablud. Ray spürte, als er den Türgriff schon in der Hand hatte, daß er von hinten angestarrt wurde. Er hätte nicht sagen können, wieso er es überhaupt bemerkte, aber er fühlte es ganz deutlich.
Langsam drehte er sich um. Der Neger, der die Coca-Flaschen ablud, starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an.
»Was ist los?« fragte Ray, indem er seine Hand vom Türgriff gleiten und sinken ließ, um sein Taschentuch herauszuziehen.
Der Neger erstarrte einen Augenblick. Plötzlich wandte er sich ab und machte sich wieder an seine Arbeit. Ray schüttelte den Kopf. Die
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