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0179 - Wir blufften um sein Leben

0179 - Wir blufften um sein Leben

Titel: 0179 - Wir blufften um sein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir blufften um sein Leben
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daß er nicht richtig wußte, was er tun sollte, um seine Nerven zu beruhigen.
    Ein paar Minuten ging er lautlos auf dem dicken Teppich im Wohnzimmer auf und ab. Bald darauf setzte er sich wieder in den Sessel und döste vor sich hin.
    Er wußte nicht, wie lange er schließlich im Sessel gehockt und gewartet hatte. Jedenfalls hielt er es endlich für lange genug, stand auf und suchte sich leise den Weg in die Küche. An das Auspacken seines Koffers hatte er noch nicht denken können, Nun war es ganz gut, daß er nicht einzupacken brauchte. Er holte den Koffer, der immer noch auf dem gleichen Platz in der Küche stand, wo er ihn abgestellt hatte, steckte im Wohnzimmer noch das Kästchen mit den Zigarren ein, die er Mr. Rosega hatte schenken wollen, und machte sich leise auf den Weg.
    Die Haustür war von innen verschlossen, aber der Schlüssel steckte im Schloß. Er drehte ihn um und zog die Tür leise hinter sich zu. Als er auf die Straße trat, bremsten vor dem Nachbarhaus gerade zwei große, dunkle Wagen. Ray bemerkte es nur aus den Augenwinkeln und so flüchtig, wie man eben Dinge sieht und auch nicht sieht, die einen nichts angehen.
    Eine gute Viertelstunde ging er ziellos durch die Straßen. Schließlich fand er durch Zufall ein Kellnerlokal, in dem die Angestellten anderer Gasthäuser nach Feierabend noch zu einem Glas Bier oder Whisky kommen können. Fast die Hälfte aller Anwesenden waren Neiger, und das ermutigte Ray, sich in einer Ecke einen Platz zu suchen.
    Er bestellte Whisky. Das erste Glas brannte in seiner Kehle, und da er kein Trinker war, spürte er schon nach dem zweiten Glase eine Wirkung in seinem Kopfe. Der Alkohol förderte die schwermütige Stimmung, die ihn ergriffen hatte. Er trank noch ein drittes und ein viertes Glas. Als er sich das fünfte bestellte, merkte er, daß seine Hände unsicher geworden waren. Die Zigarette, die er im Aschenbecher abstreifen wollte, rollte ihm aus den Fingern, und er griff zweimal daneben, bevor er sie wieder fassen konnte.
    »Ihre Papiere, Mister«, sagte in diesem Augenblick eine Stimme neben ihm.
    Ray hob den Kopf. Ein Polizist stand neben ihm. Weiter hinten sah Ray zwei andere von Platz zu Platz gehen und Ausweise kontrollieren.
    Er holte seine Identity Card aus der Brieftasche und hielt sie dem Beamten hin. Der Polizist besaih sie lange.
    »Sie kommen aus New York?«
    »Ja.«
    »Wo wollen Sie hin?«
    »Ich will wieder nach Hause. Ich war auf Besuch hier. Bei Freunden. Das heißt bei Bekannten. Weil nämlich meine Mutter Geburtstag hatte —«
    Ray brach ab. Er fühlte selbst, daß er wirr sprach, aber es gelang ihm nicht, einen logischen Zusammenhang ebenso logisch zu formulieren. Der Polizist hielt die Identity Card in ihrer Zellophanhülle zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand, während er mit dem Mittelfinger der linken dagegenschnippte. Er sah Ray mißtrauisch an.
    »Wann sind Sie hier angekommen?«
    »Gestern früh.«
    »Mit dem Zug?«
    »Nein. Mit dem Flugzeug.«
    »Und jetzt wollen Sie schon wieder weg? Ich denke, Sie sind auf Besuch hier? Warum wollen Sie Sun City schon wieder verlassen?«
    Die Fragen kamen für Ray ein wenig zu schnell. Er mußte sich anstrengen, um ihren Sinn ebenso schnell verstehen zu können, wie sie ausgesprochen wurden. In seinem Gehirn klopfte etwas mit heimtückischer Hartnäckigkeit ausgerechnet an der Stelle, wo die Fähigkeit des Denkens zu sitzen schien. Außerdem verschwammen die Gegenstände vor seinen Augen immer wieder zu Dingen, die drei-, viermal denselben Umriß hatten.
    »Das — das ist doch meine Sache«, murmelte er mit schwerer Zunge. »Ich kann doch kommen und abreisen, wann es mir paßt. Und wenn mich eben gewisse Leute nicht haben wollen, na schön, dann gehe ich eben. Geht doch niemand was an — oder?«
    Der Polizist drehte sich um. Er rief einem seiner Kollegen etwas zu, Der kam heran und flüsterte mit dem ersten. Danach sahen sie ihn beide mit gerunzelten Stirnen an.
    Ray stemmte sich mühsam mit den Fäusten auf der Tischplatte hoch.
    »Geben Sie mir meinen Ausweis wieder«, sagte er langsam, weil er sich Mühe geben mußte, damit er nicht ins Stottern kam. »Und dann lassen Sie mich bitte in Ruhe!«
    »Moment mal!« sagte der Polizist, der zuletzt herangekommen war. »Was haben Sie hier in Sun City gemacht? Sie wohnen doch in New York?«
    »Ich habe jemanden besucht«, erklärte Ray. »Das ist doch mein gutes Recht! Oder darf man vielleicht in Amerika keine Besuche mehr machen, wenn man

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