0180 - Sonderauftrag Maracaibo
Taxi, und wir ließen uns ein Stück herumfahren, um die Stadt anzusehen, wie ich dem Fahrer erklärte. Nachdem wir auch das Taxi zweimal gewechselt hatten, schlugen wir unsere endgültige Richtung ein. Da bis jetzt dauernd irgendwelche Leute um uns herum gewesen waren, hatte ich Phil noch nicht erklären können, was ich vorhatte. Aber als wir eilig die Stufen zu einem sehr großen Gebäude hinauf eilten, rief Phil zornig: »Zum Henker, Jerry, jetzt sag endlich, was los ist!«
»Warte noch zwei Minuten, dann brauche ich’s nicht zweimal zu erzählen!«
Wir betraten das große Haus und erkundigten uns am Schalter Auskunft nach dem Büro des Polizeipräsidenten. Es befand sich im ersten Stock. Wir hasteten die breite Treppe hinauf.
Das Vorzimmer wurde von einer braunhäutigen Schönheit beherrscht, der man die amerikanische College-Erziehung nicht nur an der Kleidung, sondern auch an den ganzen Manieren anmerkte.
»Guten Tag«, sagte ich, zog mir den nächsten Stuhl heran und ließ mich darauf nieder.
Sie zog die Augenbrauen in die Höhe und sah uns erschrocken an. Bei unseren verwilderten Bärten, unserer verkommenen Kleidung und dem ganzen Drum und Dran konnte man ihr’s nicht übel nehmen, dass sie uns als störend empfand.
»Was wünschen Sie?«, fragte sie kühl.
Ich gab keine Antwort. Dafür zog ich mir den rechten Schuh aus, nahm mein Taschenmesser und säbelte solange herum, bis ich die Sohle abziehen konnte. Eine blaue Karte, in Cellophan gehüllt, fiel zu Boden.
Ich warf den wertlosen Schuh weg und hob die Karte auf.
»Hier«, sagte ich. »Ich bin Special Agent Jerry Cotton von der amerikanischen Bundespolizei. Bitte, melden Sie mich und meinen Freund dem Präsidenten.«
Ihre Augenbrauen rutschten noch ein Stück höher, als sie abwechselnd auf meinen Dienstausweis und auf mich starrte. Sie brauchte geraume Zeit, bis sie diese überraschende Enthüllung eines Mannes, der eher wie ein total verrotteter Landstreicher aussah, völlig verdaut hatte.
»Bitte, nehmen Sie doch Platz, Gentlemen!«, sagte sie in einem Englisch, dem ich anmerkte, dass es in Massachusetts gelernt worden war.
Wir nahmen Platz. Sie verschwand hinter einer dunkel getönten, schweren Tür. Es dauerte fast fünf Minuten, bis sie wieder herauskam.
»Der Herr Präsident lässt bitten«, sagte sie artig.
Ich marschierte mit einem Schuh und einem unbekleideten Fuß in das Zimmer des Polizeipräsidenten von Havanna. Phil kam hinter mir her mindestens ebenso neugierig wie der Señor Presidente selbst.
Der Präsident war ein Mann unbestimmbaren, aber zweifellos gesetzten Alters. Er hatte einen sehr gepflegten, sehr dekorativ wirkenden, grauen Spitzbart und trug einen Anzug, der deutlich genug bewies, dass der Señor Presidente zu den obersten Klassen der Gehaltsempfänger gehörte. Als wir eintraten, stand er auf und sah uns interessiert entgegen.
Wahrscheinlich hatte ihn die Sekretärin schon auf unser Äußeres vorbereitet, denn er zeigte mit keiner Wimper, dass er uns unschicklich gekleidet fände. Mit einer eleganten Geste deutete er auf zwei breite, bequeme Sessel: »Wollen Sie bitte Platz nehmen, meine Herren?«
Wir wollten.
»Danke«, sagte ich. »Es tut mir leid, Sir, dass ich Sie in dieser Aufmachung überfallen muss, aber die Sache ist für uns ungeheuer wichtig. Ich muss Sie namens des FBI um eine Gefälligkeit bitten.«
»Welcher Art?«
»Ich brauche ein Polizei-Blitzgespräch mit dem Hauptquartier des FBI in Washington.«
Er stand auf.
»Aber das ist doch eine Selbstverständlichkeit, meine Herren! Kuba gehört zur INTERPOL. Da versteht es sich von selbst, dass wir Zusammenarbeiten. Kommen Sie, bitte, ich selbst werde Sie in unsere Zentrale geleiten, damit Ihr Wunsch sofort erfüllt wird!«
»Ich bin Ihnen sehr verbunden, Sir!«, sagte ich.
Er wehrte ab und führte uns in die Telefonzentrale. Dort erregten wir mit unserer Aufmachung natürlich einiges Aufsehen, aber da ich vorher im Vorzimmer wenigstens schnell noch meinen sohlenlosen Schuh wieder angezogen hatte, erschien ich wenigstens nicht barfuß. Trotzdem starrten uns sechs Vermittlungsbeamte an, als wären wir Marsmenschen.
Der Señor Presidente setzte meinen Wunsch auseinander. Plötzlich drehte er sich um und sagte in seinem etwas rauen Englisch: »Oh, ich vergaß! Sie werden sicher Wert darauf legen, dass Sie dieses Gespräch in einerti Zimmer führen können, in dem sich außer Ihnen niemand sonst aufhält. Gut, dann stelle ich Ihnen mein Büro so
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