0181 - Totenchor der Ghouls
seiner Mutter.
»Die Pistole…«
Da reagierte der Kleine. Er stolperte vor, stieß seinen Teddy an, der durch den Schwung bis an den Trockner rollte und dort liegenblieb. Auf halbem Weg lag die Pistole. Der Ghoul hatte nicht daran gedacht, sie an sich zu nehmen, aber Johnny.
Er bückte sich.
Seine kleinen Kinderhände faßten nach der Pistole, während Sheila kämpfte und keuchte. Sie drosch nach dem Ghoul, versuchte auch zu treten, doch das Wesen schien unbesiegbar. Es hatte keine feste Gestalt. Sheila konnte machen, was sie wollte, sie traf ihn mit körperlichen Kräften nicht entscheidend. Es gelang ihr auch nicht, den schleimigen Dämon zurückzudrängen, denn seine Kraft war enorm. Er hielt immer noch Sheilas rechten Arm fest.
Dabei stieß er ein widerliches Schmatzen und Schlürfen aus. Die Vorfreude erregte ihn noch mehr, trieb weiterhin Klumpen aus seiner geleeartigen Haut, die durchsichtig schimmerte, so daß sogar Adern darunter zu sehen waren, wenn man wie Sheila sich dicht vor dem Ghoul befand.
Johnny hob die Beretta hoch.
Sie war schwer, keine Spielzeugpistole, und zum erstenmal in seinem Leben hielt er eine scharfe Waffe in der Hand.
»Johnny…«
Es ging um Sekunden. Sheila konnte den Ghoul kaum noch abwehren, und dann war Johnny bei ihr.
Er bückte sich und sagte: »Da, Mummy!«
Mit der linken Hand nahm Sheila die Beretta. Himmel, sie hatte noch nie mit links geschossen, aber der Ghoul war so nahe, daß Sheila ihn nicht verfehlen konnte.
Der Dämon merkte die Gefahr. Er wollte zurückzucken. Da stieß Sheilas Hand bereits vor, und die Mündung der Pistole verschwand in der weichen Masse.
Sheila schoß.
Sie drückte einfach ab, und sie hörte den Knall, der für sie ein lebensrettendes Geräusch war. Sie wußte, daß sie den Ghoul getroffen hatte, und sie öffnete die Augen auch, die sie vor Angst geschlossen hatte, als es darauf ankam.
Der Ghoul zuckte.
Er warf sich nach hinten, und dann spritzte er förmlich auseinander, so daß es aussah, als würde er explodieren. Wie ein dicker, breiter Fleck lag er am Boden, breitete sich immer mehr aus, und da der Boden zum Abfluß hin ein leichtes Gefälle aufwies, rann die dicke, geleeartige Masse auch darauf zu.
Johnny starrte auf das Wesen, auf diese schreckliche Szene, und Sheila wollte nicht, daß er es sah. Sie packte ihn und drückte ihn fest an sich, während die Beretta aus ihren Fingern rutschte.
Die Augen schwammen noch zuletzt in der Lache, und Sheila sah auch das Schimmern der Zähne.
Ein Anblick, der sie zutiefst schockte und auch regelrecht durchschüttelte.
Dann wurde die Tür aufgestoßen.
Auf der Schwelle stand ein Mann.
John Sinclair!
***
Auch ich hielt eine Waffe in der Hand und bekam den Rest des Dramas mit.
Der Ghoul hatte sich aufgelöst und verschwand im Abfluß.
Einzugreifen brauchte ich nicht mehr. Sheila hatte schon alles erledigt. Im letzten Augenblick war sie der ungeheuren Gefahr entkommen. Der Ghoul existierte nicht mehr.
Ich weiß nicht, ob sie mich gesehen hatte. Sie saß auf dem Boden, schluchzte und hatte Johnny, ihren kleinen Sohn, fest an sich gepreßt. Sie streichelte sein Haar und schien es selbst nicht zu bemerken. Auch mich hatte sie noch nicht entdeckt.
Ich steckte die Waffe wieder weg und schritt langsam in den Keller hinein.
Johnny sah mich zuerst. Plötzlich lächelte er, löste eine Hand von seiner Mutter und winkte mir zu. »Onkel John!« rief er. »Onkel John ist da, Mummy.«
Erst jetzt »erwachte« Sheila. Sie drehte sich langsam um und hob den Kopf.
Ich nickte ihr zu.
»John«, flüsterte sie. »Bist du es wirklich, oder ist es nur eine Halluzination?«
»Nein, ich bin es wirklich.«
»Mein Gott.«
Ich streckte meine Hand aus und half ihr hoch. »Komm erst mal, und ruh dich aus. Du hast es verdient, Sheila.« Sie ließ sich hochziehen, und ich mußte sie stützen, so sehr zitterte sie. Es waren der Schock, die Nachwirkungen des soeben Erlebten. Sheila konnte sich kaum auf den eigenen Beinen halten. Ich hatte Mühe, sie die Treppe nach oben zu bringen.
Im großen Wohnraum drückte ich Sheila in einen Sessel. Erst einmal sollte sie sich ausruhen. Dann ließ ich die Rollos hochfahren, und das helle Licht strömte durch die Scheibe, wobei es den ganzen Raum erfüllte.
»Ich hole dir etwas zu trinken«, sagte ich, ging zur Bar, und Johnny begleitete mich.
Sheila bekam einen Cognac. Ich drehte den Inhalt des Schwenkers ein paarmal und drückte das Glas Bills Frau in die Hand. Sie
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