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0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

Titel: 0183 - Der Mann, der das Grauen erbte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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gedacht.
    »Zamorra?« rief eine Stimme. »Verstehen Sie mich?«
    Zamorra nickte überflüssigerweise. »Ja. Wer sind Sie, und was wollen Sie von uns.«
    Der unsichtbare Schütze am oberen Ende des Tunnels lachte; ein hartes, humorloses Lachen, das Zamorra einen kalten Schauder über den Rücken jagte.
    »Wer ich bin, tut nichts zur Sache«, antwortete er nach einiger Zeit. »Und was ich will - raten Sie.«
    Zamorra schwieg. Es war plötzlich totenstill in der winzigen Gruft.
    »Na gut«, fuhr die Stimme nach einer Ewigkeit fort. »Ich will das Buch.«
    »Welches Buch?« antwortete Zamorra.
    »Stellen Sie sich nicht blöd, Professor. Geben Sie das Nekronomikon heraus, und ich lasse Sie gehen.«
    »Und wer garantiert mir, daß Sie Ihr Wort halten?«
    »Niemand. Aber ich garantiere Ihnen, daß ich Sie dort unten lange genug aufhalten kann. Falls Sie es noch nicht bemerkt haben sollten - Sie sind nicht allein dort unten.«
    Wie, um seine Worte zu unterstreichen, wurde jetzt wieder das schabende Geräusch hinter ihnen laut. Ihre Verfolger schienen mittlerweile in der großen Höhle jenseits des Kellers angelangt zu sein.
    »Binden Sie das Buch am Ende der Leine fest, ich verspreche Ihnen, den Strick wieder herunterzulassen, wenn ich es habe.«
    Zamorra tauschte einen stummen Blick mit Bill. Er konnte es nicht riskieren, irgend etwas zu sagen. Die glatten, polierten Wände des Tunnels wirkten wie ein überdimensionales Megaphon. Der Mann dort oben würde jedes Wort hören. Aber Bill und Zamorra hatten zusammen genug gefährliche Situationen bestanden, um sich auch ohne Worte verständigen zu können.
    »Holen Sie es sich«, rief Zamorra schließlich.
    »Wie Sie wollen.«
    Das Seil bewegte sich, und ein Schwall von Staub und kleinen Steinen rieselte den Gang herab.
    Bill tauchte mit einer blitzchnellen Bewegung an der Gangmündung vorbei und preßte sich gegen die Wand, die Faust zum Schlag erhoben, während Zamorra auf der anderen Tunnelseite Aufstellung nahm.
    Aber sie hatten ihren Gegner unterschätzt. Der Mann dachte gar nicht daran, auf die gleiche Weise wie Zamorra und die anderen herunter zu kommen. Er ließ sich einfach den Gang hinunterrutschen und kam in einer Wolke aus Staub und Schmutz zum Stehen. Bevor Bill oder Zamorra reagieren konnten, war er schon wieder auf den Beinen und bedrohte sie mit der Pistole.
    »Ganz so einfach lasse ich mich nicht übertölpeln«, sagte er spöttisch.
    Bills Gesicht verfinsterte sich, aber angesichts der drohenden Revolvermündung konnte er nicht viel unternehmen.
    Der Mann sah sich vorsichtig nach allen Seiten um, ehe er auf Zamorra zuging und auffordernd die Hand ausstreckte. »Geben Sie es mir.«
    Zamorra gehorchte. Der Mann nahm das Buch entgegen, klemmte es unter den linken Arm und entfernte sich wieder von Zamorra.
    »Sie sind ein Idiot«, sagte er leidenschaftslos, nachdem er einen Sicherheitsabstand zwischen sich und den Professor gebracht hatte. »Haben Sie wirklich gedacht, ich stehe untätig dabei und sehe zu, wie sie mir mein Lebenswerk rauben?«
    »Ihr Lebens werk?« fragte Zamorra. In seinen Augen stand plötzlich ein lauernder, wacher Ausdruck.
    »Jawohl, mein Lebenswerk!« ereiferte sich der Mann. »Seit fünfunddreißig Jahren habe ich auf diesen Tag gewartet, und jetzt…«
    »Aber dann sind Sie…«
    »Celham, ja«, nickte der Mann.
    »Celham!« Martens richtete sich trotz der Schmerzen, die er haben mußte, auf, und betrachtete die vermummte Gestalt aus angstvoll aufgerissenen Augen. »Aber Sie sind…«
    »Ich bin nicht tot«, sagte Celham, »wenn Sie das meinen.«
    Er griff mit einer raschen Bewegung nach der dunklen Strumpfmaske, die sein Gesicht bedeckte, und riß sie herunter.
    Zamorra stieß entsetzt die Luft aus, als er das Gesicht des Mannes sah.
    Oder das, was davon übrig geblieben war.
    Celhams Gesicht schien eine einzige Narbe zu sein.
    »Sehen Sie mich ruhig an«, sagte Celham. Seine Augen glitzerten tückisch. »Ich bin damals nicht gestorben. Aber es kam mir ganz recht, daß man das annahm. Ich lag fast eine Woche lang hier unten, bevor ich genug Kraft hatte, um hinauszukriechen.«
    »Aber warum sind Sie nicht zur Polizei gegangen?«
    »Polizei?« Celham lachte abfällig. »Was hätte ich sagen sollen? Vielleicht: Hören Sie, in meinem Keller treiben sich zufällig ein paar Ungeheuer herum. Können Sie mir eventuell helfen, sie zu vertreiben?« Er machte eine wegwerfende Geste und bewegte sich auf den Ausgang zu. »Es hat fast drei Jahre

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