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0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

0183 - Der Mann, der das Grauen erbte

Titel: 0183 - Der Mann, der das Grauen erbte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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wir«, sagte er mit möglichst unbeteiligter Stimme.
    Er ließ den Strahl seiner Lampe in einer kreisförmien Bewegung durch den Raum gleiten. Gezackte Steintrümmer tauchten aus der Finsternis auf, bizarre, halbzerschmolzene Überreste der einstigen Mauern, die von unbegreiflichen Gewalten durcheinandergewirbelt worden waren. Vorsichtig näherte Zamorra sich der eingestürzten Südwand der Kammer.
    Das, was auf den ersten Blick wie ein mannshoher Trümmerberg ausgesehen hatte, entpuppte sich bei näherem Hinsehen als die Mündung eines weiteren Stollens, der provisorisch mit Steinen und Schutt verbarrikadiert worden war. Zamorra rüttelte prüfend an dem Hindernis. Staub wallte auf, drang in seine Atemwege und löste einen starken Hustenreiz aus. Aber er beherrschte sich, ignorierte das Brennen in seiner Kehle und grub weiter. Nach wenigen Minuten hatte er die Öffnung freigelegt.
    Es schien sich um eine Verlängerung des Tunnels zu handeln, durch den sie hereingekommen waren. Zamorra fuhr prüfend mit den Fingerspitzen über das Material der Wände. Es war das gleiche glasartige Material, mit dem auch der Tunnel zur Erdoberfläche ausgekleidet war.
    »Was ist das?« fragte Martens neugierig. Er war unbemerkt neben Zamorra getreten und hatte sich auf die Knie niedergelassen, um den Stollen näher in Augenschein zu nehmen.
    Zamorra antwortete nicht. Martens betastete ebenfalls die Wand, dann griff er in die Tasche seiner Lederjacke und zog ein Klappmesser hervor. Er versuchte, Proben von der Wand zu entnehmen, aber der gehärtete Stahl hinterließ nicht einmal einen Kratzer auf dem seltsamen Material-Martens runzelte die Brauen. »Wenn ich es nicht besser wüßte«, murmelte er, »würde ich sagen, daß das geschmolzenes und wiedererstarrtes Gestein ist.«
    »Genau darum handelt es sich.«
    Martens sah Zamorra zweifelnd an. »Aber…« Sein Gesicht hellte sich auf. »Wenn Celham damit experimentiert hat, dann wundert es mich nicht mehr, daß der ganze Laden in die Luft geflogen ist«, sagte er.
    Zamorra schüttelte langsam den Kopf. »Damit hat er bestimmt nicht experimentiert«, sagte er geheimnisvoll. Er wandte sich mit einer fast zornigen Bewegung um, befestigte den Scheinwerfer an den gekreuzten Trageriemen vor seiner Brust und begann auf Händen und Knien in den Tunnel hineinzukriechen. Martens und Nicole folgten ihm, während Bill die Rückendeckung übernahmen.
    Sie krochen schweigend hintereinander durch den niedrigen Stollen. Der harte, kalte Boden schien jedes Geräusch aufzusaugen, und die grelle Lichtbahn des starken Scheinwerfers verlor sich schon nach wenigen Metern in diffusem Nichts. Zamorra bemerkte den Effekt sehr wohl, aber er zog es vor, zu schweigen. Er wußte, daß es nicht an dem Gerät lag. Nicht direkt, jedenfalls. Oben, in der Welt der Menschen, würde es sicher einwandfrei seinen Dienst tun. Aber dies hier war nicht mehr die normale Welt. Sicher bewegten sie sich noch auf, beziehungsweise in der Erde, aber der Einfluß des Fremden war schon zu deutlich. Das andere Universum hatte seine Fühler bereits ausgestreckt, und die seltsame, bedrückende Atmosphäre, die nicht mehr ganz einwandfrei geltenden Naturgesetze, die in diesem gespenstischen unterirdischen Reich herrschten, waren die ersten Anzeichen der Vergiftung.
    Zamorra tastete unbewußt nach dem Amulett auf seiner Brust. Würde es ihn auch diesmal beschützen? Und vielleicht - ja, vielleicht hatte er es nur aus diesem einen Grund überhaupt erhalten, um die Menschheit vor dieser letzten, gewaltigen Bedrohung zu schützen.
    Aber trotzdem hatte er Angst. Die Bilder, die er im Geist von Mary-Lynn Hunter gesehen hatte, zogen an seinem inneren Auge vorbei.
    Er verlor jedes Zeitgefühl, er wußte nicht mehr, ob sie seit zehn Minuten, dreißig Minuten oder einer Stunde durch diese seltsame, stoffliche Finsternis krochen. Selbst die Zeit schien hier unten anderen Gesetzen zu unterliegen.
    Der Gang endete so plötzlich, wie er begonnen hatte. Wände und Decke wichen zurück, und unter Zamorras Händen und Knien war plötzlich nicht mehr die glasartige Substanz, sondern nackter Erdboden. Der Strahl seiner Lampe traf auf feuchtschimmernden Fels. Er richtete sich auf, ging ein paar Schritte und wartete, bis Martens und Nicole ihm gefolgt waren.
    Sie standen in einer großen natürlichen Höhle. Die Decke hing gute fünf Meter über ihren Köpfen. Zwischen ihr und dem Fundament des Hauses konnten sich nur wenige Zentimeter Stein befinden.

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