0184 - Für jedes Grinsen eine Kugel
fünfundzwanzig Jahren, der reichlich stupide aussah.
Kaum hatte der Fuchs sich neben Front auf die vordere Sitzbank gezwängt und die Wagentür zugezogen, da fuhr der Stiernackige auch schon weiter.
»Wohin?« fragte er, ohne den Kopf zu heben.
»Zum Hafen«, erwiderte der Fuchs.
»Darf ich mir die Frage erlauben, was wir im Hafen wollen?« erkundigte sich Front.
»Der Boß will dich sehen«, erwiderte der Fuchs.
»Aha«, sagte Front im Tone eines Menschen, der überhaupt nichts mehr versteht.
Innerlich aber frohlockte er. Der Boß! Es konnte doch eigentlich nur der Rackettboß sein. Und genau den wünschte Front ohnehin kennenzulemen. Natürlich war die Lage nicht ungefährlich. Aber wenn der Boß ihn sehen wollte, bestand wenigstens zunächst keine unmittelbare Gefahr. Bis er mit dem Boß gesprochen hatte, würden sie nicht wagen, ihn umzulegen. Und danach — nun, danach mußte er eben sehen, daß ihm eine Chance blieb.
Der Wagen fuhr schnell, ohne jedoch die zulässige Geschwindigkeit zu überschreiten. Es war nicht anders zu erwarten. Die wirklichen Gangster sind meistens die diszipliniertesten Verkehrsteilnehmer. Sie hüten sich, wegen eines geringfügigen Verkehrsdeliktes die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich zu ziehen.
Niemand im Wagen sprach ein Wort. Front hätte gern eine Zigarette geraucht, aber es schien ihm nicht ratsam. Der Fuchs konnte seine Bewegungen falsch auslegen und den Finger krümmen.
Front kannte New York und sah schnell, daß sie zum East River hinüberfuhren. Eigentlich merkwürdig, dachte er, daß der Boß sich im Hafen aufhält. Aber vielleicht hat er dort sein eigentliches Tätigkeitsfeld. Kann ja sein, daß er das Rackett in der Gegend, aus der wir gerade kommen, nur so nebenbei unterhält. Es gibt viele Bandenchefs, die zwei- oder gar mehrspurig fahren. Damit ihnen eine Einnahmequelle auch bleibt, wenn die andere verstopft werden sollte.
Die Fahrt ging immer weiter nach Süden. Jetzt fuhren sie schon am Fluß entlang. Front sah die Schlepper auf dem East River mit hohen Bugwellen gegen die Strömung ankämpfen. Ab und zu heulte eine Sirene. Ein Ausflugsboot mit fröhlichen, lustig winkenden Menschen an Bord zog dicht am Ufer vorbei. Weit droben konnte man gerade noch im Dunst die Bogen der Triboro-Brücke erkennen.
Die ersten Piers kamen in Sicht. Geschäftiges Leben herrschte. Krane rasselten, die Schauerleute und Longshoremen liefen hin und her, Vorleute schrien ihre Befehle durch Sprachrohre, schwere Sattelschlepper rangierten hin und her und Eisenbahnwagen wurden von fauchenden Lokomotiven bewegt.
Der Stiernackige fuhr an der endlosen Reihe der Piers entlang bis zu einem Kai, der verlassen lag.
Natürlich, dachte Front. Sie können ein Gangsterhauptquartier nicht auf einem bevölkerten Pier einrichten. Möchte wissen, welche Linie diesen Pier früher benutzt hat?
Der Wagen fuhr zwischen Kistenstapeln, die sich zu hohen Bergen türmten, und Lagerschuppen hindurch. Erst als man schon ziemlich weit draußen war, ließ der Fuchs anhalten.
Er stieg als erster aus und winkte Front, nachzukommen. Gehorsam kletterte der Privatdetektiv aus dem Wagen und sah sich um. Nur zehn Schritte weiter befand sich der flachgestreckte, barackenähnliche Bau einer Verwaltung, die es längst nicht mehr gab. Zerbrochene, staubbedeckte und von Spinnweben verhangene Fensterscheiben gähnten schwarz auf dem rostroten Anstrich der Wände.
»Die rechte Tür«, sagte der Fuchs und forderte ihn durch eine Kopfbewegung auf, in die angegebene Richtung zu gehen.
Ahnungslos schritt Front voran. Er sah das Messer nicht, das der Fuchs in seinem Rücken aus der Rocktasche zog. Er merkte auch nicht, wie der Mann ausholte. Er hörte nur die Schritte dicht hinter ihm, aber das war ja selbstverständlich, daß der Fuchs ihm folgte. Er würde ihn ja nicht allein vor den Boß treten lassen.
Front verhielt mitten im Schritt. Ein eiskalter Schmerz hatte sich von hinten her in sein Herz gefressen. Ein Schmerz, der sein Blut zum Kochen brachte und jenseits aller Worte lag. Front krampfte die Hände auf der Brust zusammen, iaumelte zwei Schritte vorwärts und blieb wieder stehen. Er glaubte, fürchterlich zu schreien, während in Wahrheit doch nur ein leises Röcheln über sine Lippen drang, torkelte ein Stück weiter und stieß gegen den stählernen Mast einer hohen Bogenlaterne, den er nicht einmal mehr sehen konnte, so rot und dicht wallten die Nebel bereits vor seinen Augen.
Sein linker Arm tastete nach
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