0184 - Für jedes Grinsen eine Kugel
lachte Norton. »Reg dich nicht auf! Wir trinken Bier, aye?«
»Aye, aye, Sir«, sagte Bastiani beruhigt im Ton eines alten Matrosen.
Sie suchten sich ein nettes, kleines Lokal, in dem es doppelt so sauber zuging wie bei Lines. Mit Genuß verkonsumierten sie ein paar Lagen Bier, bis Norton sagte:
»Jetzt gehen wir aber nach Hause! Es ist schon neun, ich habe Hunger, und ich bin müde.«
»Okay«, stimmte Bastiani zu. »Meine Frau ist zum Meeting des Demokratischen Frauenbundes. Weiß der Teufel, was die Weiber in diesem Verein eigentlich aushecken. Ich hab‘s noch nicht herausgefunden. Ich weiß nur, daß meine Frau nie vor elf zu Hause ist, wenn sie sich demokratisch betätigt.«
Dies, so fügte er hinzu, sei der Grund, warum er noch keine Lust habe, nach Hause zu gehen. Er hasse es, in eine leere. Wohnung zu kommen. Wenn Norton nichts dagegen hätte, wollte er ihn bis nach Hause begleiten und anschließend noch einen kleinen Bummel machen.
»Paß aber auf, daß der Wind dich bei deinem Bummel nicht versehentlich in eine Kneipe weht!« spottete Norton.
»Du bist ein kluges Kind, Baby!« entgegnete Bastiani. »Und mit dem Wind könntest du recht behalten. Manchmal bläst er so in komische Richtungen.«
Die beiden Polizisten bummelten scherzend durch die dunklen Straßen. Plötzlich löste sich vor ihnen aus dem Hauseingang eine Gestalt, von der sie in der Dunkelheit nur den schattenrißartigen Umriß sehen konnten.
Bastiani flog zur Seite, von einem kräftigen Stoß Nortons auf die Fahrbahn geschleudert. Es war keinen Atemzug zu früh, denn fast gleichzeitig peitschte zweimal eine Pistole auf.
Norton brach zusammen und schlug schwer auf das Pflaster. Die Gestalt vor ihm sprang auf einen Wagen zu, der mit ausgeschalteten Scheinwerfern in einem Torweg wartete. Die Scheinwerfer glommen auf, der Motor heulte, und mit quietschenden Reifen fegte der Wagen aus der Einfahrt heraus und in einer verwegenen Kurve davon.
Ray Norton rührte sich noch immer nicht.
***
Es mochte halb zehn sein, als in der Nähe des Hauses, in dem der Messestand-Gestalter Reachester wohnte, zwei Autos hielten. Das eine war ein mittelschwerer Lastwagen, der auf beiden Türen die Aufschrift trug ›Board of Deep Workings — City of New York‹ (Städtisches Tiefbauamt New York). Das zvveite Fahrzeug war ein Jeep mit dem gelben Warnlicht der Straßenbaufahrzeuge.
Von dem Lastwagen sprangen vier Männer in den blauen Overalls der städtischen Tiefbauarbeiter. Sie luden ein paar Kisten, Werkzeuge und ein großes Bauzeit ab. Zwei Petroleumlampen wurden aufgestellt und zwei Warnschilder für den Verkehr. In verhältnismäßig kurzer Zeit hatten sie das Zelt errichtet und schleppten die Werkzeugkisten hinein.
Der Fahrer des Lastwagens winkte den vier zurückbleibenden Arbeitern noch einmal zu:
»Also Jungens, vergeßt nicht: Wo‘s rund wird, liegt der Kanal!«
***
»Okay«, rief einer zurück, »und wo‘s eckig ist, kommt eine Kurve.«
Sie lachten, warteten, bis der Lastwagen wieder in der Dunkelheit verschwunden war und begaben sich ins Zelt. Im Schein einer Taschenlampe knöpften sie sehr sorgfältig von innen die Plane zu, bevor sie sich ans Auspacken ihrer Kisten machten.
Für Bauarbeiter kamen recht merkwürdige Gegenstände zum Vorschein. Aus der ersten Kiste zauberten sie ein großes Tonbandgerät mit einem Zusatzlautsprecher. Dazu kam eine schwere, große Batterie. Das Gerät wurde angeschlossen. Einer der Männer sagte leise:
»Okay, Horry, laß ruhig zwei Minuten lang den Preßlufthammer rattern. Kann nicht schaden, wenn die Nachbarschaft vor dem Einschlafen merkt, daß wir da sind.«
»Wie du meinst, Jack!« entgegnete der Angesprochene und drückte eine Taste des Tonbandgerätes nieder.
Gleich darauf hörte man aus dem Zelt das nervenzermürbende Knattern eines Preßlufthammers.
Indessen packten die Männer auch die anderen Kisten aus. Eine enthielt tatsächlich zwei Schaufeln, zwei Spitzhacken und einen Spaten. In der letzten Kiste aber befanden sich vier gut geölte Maschinenpistolen und eine ganze Anzahl von Reservemagazinen.
***
»Mensch, Norton!« bettelte Bastiani und wälzte den Körper seines Kameraden mühsam auf den Rücken. Er nahm seine Taschenlampe und leuchtete dem anscheinend Bewußtlosen, wenn nicht gar Toten, ins Gesicht.
Bastiani verschluckte sich, als er sah, daß Norton lautlos in sich hineinlachte. Er fluchte, daß es jedem Vollmatrosen zur Ehre gereicht hätte. Norton gluckste immer noch
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