0187 - Der Teufel hat umsonst gelacht
worden. Trotzdem befand sich das Mädchen in heller Aufregung. Crosswing versprach, ihr einen Beamten zu ihrem persönlichen Schutz im Heim zu belassen, und dann verzogen wir uns.
In Nells Zimmer hielt Doktor Price immer noch Wache. Von dieser Seite kannte ich den sonst immer groben und oft zynischen Arzt überhaupt nicht.
Ich unterrichtete ihn von meiner Verabredung mit Nevilles Haushälterin. Er nickte befriedigt und meinte:
»Bestellen Sie mir einen Unfallwagen. Ich möchte sie dorthin schaffen lassen, bevor sie aufwacht. Und ich möchte selbst mit der Frau sprechen. Am besten ist es, wenn sie diese Umgebung hier gar nicht mehr sieht.«
Selbstverständlich kamen wir seinem Wunsch nach. Kurz nach vier saßen Phil und ich dann in einer Kneipe in Christopher Street, nahe am Express Highway und den Piers.
***
Wir hatten einen Schlaftrunk dringend nötig. Während wir langsam und mit Genuß unsere Drinks schlürften, kauten wir die ganze verworrene Geschichte noch mal durch.
Es hatte damit begonnen, daß Doc Baker uns von Nell erzählte, und daß wir versucht hatten, uns mit ihr anzufreunden. Dabei waren wir zuerst auf das Wohnheim und dann auf Dr. Dalton gestoßen. Dieser Dr. Dalton war einer der unzähligen Psychotherapeuten, die seit einigen Jahren die große Mode sind.
Jede Frau, die was auf sich hält, rennt zum Therapeuten oder Analytiker, um dem mit Genuß Dinge zu erzählen, die sie besser für sich behalten hätte. Der Unterschied zwischen Dalton und den anderen bestand darin, daß Dalton vom Gesundheitsamt angestellt war, und zwar von der Assistentin des Senators, die man als eine ziemlich ulkige Schraube bezeichnen konnte.
Dann kam der Bericht von der Stadtpolizei über den Selbstmord der Daisy Hendrick. Es folgte mein Gespräch mit Mrs. Ronald und danach mit der Pflegerin Mrs. Brady. Dabei erfuhr ich, daß die Ronald midi kannte, wenigstens von Ansehen oder dem Namen nach. Mrs. Brady machte mir die überraschende Eröffnung, daß Nell einen Betrag von fünfundsiebzigtausend Dollar geerbt hatte, der von dem Anwalt Ingersoll in Wallstreet verwaltet wurde. Sie sollte von ihrem neunzehnten Lebensjahr an monatlich einen gewissen Betrag und — sobald sie einundzwanzig geworden war — die Verfügung über das Kapital erhalten.
Ihr Vater jedoch und der merkwürdige Dr. Dalton hatten ihr weisgemacht, dieses Geld sei bei einem Bankkrach verlorengegangen.
Inzwischen hatte Doc Baker über diesen Dr. Dalton in Erfahrung gebracht, daß er alles andere war, nur kein Arzt. Er mißtraute ihm und seinen Kollegen vom Psychotherapeutischen Institut, aber es gab keine Handhabe gegen diese Leute.
Nun rückte ich Dr. Dalton auf die Bude. Wie ich vorausgesehen hatte, gab es Krach, und in diesen Krach hinein platzte Nells Vater, Mr. Poulter, der den Doktor fast kniefällig bat, seine Absicht zu ändern, die Behandlung aufzugeben.
Mein Eindruck von diesen beiden Zeitgenossen war der denkbar übelste.
Inzwischen hatte Phil in Erfahrung gebracht, daß Mrs. Hendrick, die Selbstmörderin, auf Veranlassung ihres Bruders, der selbst Arzt war, in Daltons Institut behandelt worden war. Und danach gab es einen Knalleffekt. Auch Mrs. Hendrick würde einmal einen großen Betrag von ihren Eltern erben, und zwar die Hälfte von deren Vermögen. Jetzt, da sie tot war, war der Bruder Alleinerbe — ein großer Taugenichts, wie Phil ermittelt hatte.
»Bei dieser Gelegenheit fällt mir ein«, sagte mein Freund, »wollte Neville uns nicht Daltons Fingerabdrücke besorgen? Hoffentlich hat er es nicht vergessen.«
»Wir werden ihn morgen früh fragen.«
»Und außerdem werde ich Mr. High daran erinnern, daß er mit Senator Shrimp spricht.«
Am Abend hatten wir dann Nell getroffen, sie in leidlich nüchternem Zustand bis fast vor das Wohnheim begleitet und uns davon überzeugt, daß sie auch hineinging.
Ich war absolut sicher, daß die Heimleiterin das Mädchen anständig behandelt und ihr keinesfalls Vorwürfe gemacht hatte. Dazu war sie zu sehr entsetzt gewesen, als ich ausgepackt hatte. Das war das letzte, bevor Mrs. Ronald ermordet worden war.
***
»Und was nun?« fragte Phil, als wir zu Ende gekommen waren. »Es ist nicht nur unsere Aufgabe, dem Mädchen zu helfen, sondern vor allem, den Mörder zu finden. Und da tappen wir noch vollkommen im dunkeln.«
»Obwohl es mir irgendwie gegen den Strich geht«, sagte ich, »würde ich diese Barbara Urban eines Mordes aus Gehässigkeit oder Neid für fähig halten.«
»Dazu ist sie
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