0187 - Mannequins mit Mörderaugen
Weltbürgerin.«
»Sehr modern.«
Lady X schloß die Tür. »Sicher, mein Lieber.«
Durch das Fenster neben der Tür fiel ein Streifen Sonnenlicht und berührte das Gesicht der Frau. Deverell konnte es deutlich sehen.
Sehr deutlich sogar. Und plötzlich hatte er das Gefühl, die Frau zu kennen. Von irgendwoher. Von einem Bild in der Zeitung, aber er wußte momentan nicht, von welcher.
»Ist was?« fragte Lady X.
»Wieso?«
»Sie sehen mich so seltsam an.«
»Sie sind eine schöne Frau.«
»Vielleicht, aber Sie mustern mich aus einem anderen Grund so genau, mein Lieber.«
»Können Sie meine Gedanken lesen?«
»Vielleicht.«
»Okay, dann will ich es Ihnen sagen. Ich habe Sie irgendwo schon einmal gesehen. Leider weiß ich nicht genau, ob auf einem Titelbild oder in einer Zeitung, auf jeden Fall kommt mir Ihr Gesicht sehr bekannt vor.«
»Das ist möglich.«
»Die vier Mannequins sind doch hier, oder?« Deverell schoß die Frage plötzlich ab, weil er Pamela Scott damit überraschen wollte, und sie gab auch eine Antwort.
»Ja, sie sind hier.«
Das überraschte den Reporter. »Sie geben das so ohne weiteres zu?« fragte er.
»Warum nicht?«
»Sie wissen doch bestimmt selbst, welch ein Geheimnis und ein Theater um diese vier Mädchen gemacht wurde. Oder sollte Ihnen das unbekannt sein?«
»Nein, gewiß nicht.«
»Und Sie haben die Mädchen unter Ihre Fittiche genommen?«
»Genau.«
»Warum nicht Brenda Jones?« Der Reporter lauerte auf die Antwort, er war gespannt, ob und wie die Frau sich herausreden würde.
Die Wahrheit sagte sie auf jeden Fall nicht, sondern:
»Leider ist Brenda Jones erkrankt. Es geschah in London. Ich habe ihre Vertretung übernommen, wie Sie sehen.«
Deverell ließ sich nicht anmerken, wie überrascht er war. Aber er folgerte genau richtig.
Dieses Weib, so schön es auch war, wußte etwas über den Mord an Brenda Jones.
Und Deverell war fest entschlossen, alles herauszufinden. Er wollte Hintermänner in Erfahrung bringen, denn er glaubte nicht daran, daß die Frau selbst Brenda umgebracht hatte.
»Sie sind gut«, sagte sie. »Sogar sehr gut.«
»Wieso?«
»Nun, keiner hätte es geschafft, das Versteck dieser vier Mädchen aufzuspüren, aber Sie haben es geschafft, und das finde ich gut.«
»Man tut, was man kann.«
Ihr Lächeln fiel etwas spöttisch aus. »Nur keine falsche Bescheidenheit, mein Bester, die steht Ihnen nicht.«
Der Reporter schaute sich um. Er war beeindruckt. Die Möbel, die in der Halle standen, hatten ein kleines Vermögen gekostet.
Sie zeigten durchweg einen eleganten Barockstil, waren klein und hatten geschwungene Beine.
Im Gegensatz dazu standen die Lichtquellen. Moderne Lampen.
Schirme aus weißem Kunststoff, unter denen die gelben Birnen leuchteten. Der Boden war gefliest. Damit alles nicht zu alt wirkte, hatte man über die Fliesen Teppiche gelegt. Ebenfalls kostbare Stücke. Orient, schätzte der Reporter, und ein chinesischer Teppich hing an der Wand. Die Seide schimmerte im Licht.
Der Reporter sah einen Treppenaufgang und vier Türen, die von der großen Diele abzweigten.
Lady X lächelte. »Sie suchen die vier Damen, nicht wahr?«
»Sehr richtig.«
»Sie sind hier, wie Sie sicherlich herausgefunden haben.« Die Scott warf mit Schwung ihr langes Haar zurück und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
Die Frau schritt voran. Für wenige Sekunden hatte der Reporter Gelegenheit, den Schwung ihrer Hüften zu bewundern. Dann mußte er sich um seine Kamera kümmern. Er ließ sie von der Schulter rutschen und klappte die Hülle auf.
Ein Objektiv glänzte. Ein Tele brauchte er nicht, aber er mußte den Miniblitz einschalten.
Lady X war an der Tür stehengeblieben. Sie drehte sich noch einmal um, dann öffnete sie.
Ruckartig stieß sie die Tür auf. »Da sind die vier«, sagte sie und machte eine einladende Handbewegung.
Jacques Deverell schritt vor. Seine Augen wurden groß. Ja, er sah die vier Mädchen, aber auch die vier Särge, in denen sie saßen…
Im ersten Moment glaubte er an eine Täuschung. Er schloß die Augen, öffnete sie wieder, doch das Bild blieb.
Vier Mädchen – vier Särge!
Violetta Valeri, schwarzhaarig und lächelnd.
Corinna Camacho, das Girl mit der roten Mähne, etwas hochnäsig schauend.
Angie Hall, verspielt, mit dunklen Augen.
Karin Bergmann, ein Wesen, das irgendwie Kälte abstrahlte.
Die vier schauten den Reporter an. Sie standen jetzt neben ihren Särgen und sagten keinen Ton. Das Mustern
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