0188 - 7 Uhr - die Stunde des Todes
ins Zimmer gekommen war, sagte gelassen: »Der Bruder der Frau.«
»Und wer hat 1952 das Kind der Zehden-Familie entführt Und 60 000 Dollar Lösegeld verlangt?«
»Ein ehemaliger Kriegskamerad des Mannes.«
Ich wandte mich wieder den Scottys zu. Der Mann sah mich zweifelnd an.
Ich beugte mich ein wenig vor und erklärte ihm die Situation: »Hören Sie mal genau zu, Mr. Scotty! Auf Kindesentführung steht bei uns die Todesstrafe. Bundesgesetz. Gilt also für alle Staaten. Glauben Sie, daß irgend jemand riskiert, vom FBI gehetzt zu werden und schließlich auf dem elektrischen Stuhl oder in der Gaskammer zu landen, wenn er nicht völlig sicher ist, daß die Sache sich lohnen wird? Glauben Sie, daß sich Kidnapper nicht ganz genau vorher davon überzeugen, ob die Eltern des Kindes auch wirklich Geld haben? Oder glauben Sie vielleicht, Kidnapper stehlen einfach das nächste Kind, das ihnen über den Weg läuft?«
»Nein, natürlich nicht, aber…«
Ich fuhr fort: »Die Kidnapper haben sich also auch in Ihrem Fall davon überzeugt, daß bei Ihnen etwas zu holen ist. Nun, gut. Warum wollen Sie uns nicht gestatten, daß wir, wie das nun mal in solchen Fällen üblich ist, alle Leute überprüfen, die was von dieser plötzlichen Erbschaft wußten?«
Er schluckte trotzig. »Aber es sind Freunde von uns!«
»Können Sie jedem Menschen ins Herz sehen, Scotty?« bohrte ich weiter. »Können Sie für jeden Menschen die Hand ins Feuer legen? Glauben Sie mir, wir haben Erfahrung im Umgang mit Menschen, und trotzdem erleben wir täglich die unglaublichsten Überraschungen. Würden Sie jetzt, bitte, die Liste der Gäste aufschreiben? Und bitte ehrlich! Oder wollen Sie, daß diese Entführung doch eines Tages noch nachgeholt wird und dann klappt?«
»Um Himmels willen!« rief die Frau erschrocken.
Sie griff hastig nach dem Stift und fing an zu schreiben. Zufrieden bemerkte ich, daß der' Mann seinen Kopf über ihre Schulter beugte und ihr noch den oder jenen Namen nannte, den sie vergessen hatte.
»Das sind alle«, sagte sie nach einiger Zeit und wollte mir das Blatt zuschieben.
»Jetzt fügen Sie noch die Namen der Leute hinzu, die von Ihrer Erbschaft wissen! Überlegen Sie ruhig! Nehmen Sie sich Zeit! Sprechen Sie es mit Ihrem Mann in Ruhe durch! Je vollständiger die Liste ist, um so besser für uns und für Sie. Ich komme bald wieder. Bob, bist du so freundlich und bleibst so lange hier?«
»Selbstverständlich, Jerry.«
Im Hinausgehen zwinkerte ich ihm zu. Er kniff rasch ein Auge zu. Er hatte verstanden.
Bei der Vorstellung, ganz zu Beginn unseres Gesprächs, hatte Scotty auch seine Adresse genannt.
Fünf Minuten später stoppte mein Jaguar bereits vor dem kleinen Holzhaus, das die Scottys bewohnten. Ich klingelte.
Erst nach einiger Zeit öffnete mir ein mürrischer alter Mann.
Er entpuppte sich als Hazel Scottys Onkel.
»Es handelt sich um die Erbschaft, die Mrs. Scotty gemacht hat«, sagte ich. »Sie sind mit dem Verstorbenen verwandt?«
»Na klar! Er war mein Bruder!«
»Wieso haben Sie dann nichts geerbt?«
»Ich habe meinen Teil gekriegt. 3000. Das reicht bis zu meinem Tode. Ich habe Johnny selber gesagt, er soll’s den jungen Leuten vermachen. Die haben es nötiger als so ein alter Knacker wie ich. Außerdem haben sie mich hier sechs Jahre lang aufgenommen und gut gepflegt, ohne daß ich ihnen auch nur die Hälfte ihrer Kosten ersetzen konnte. Nein, mein Verehrter!« fauchte er streitlustig. »Wenn es jemand verdient, dann sind es die beiden jungen Leutchen! Das lassen Sie sich von mir gesagt sein!«
»Na, ich weiß nicht«, murmelte ich. »Ich will ja nichts gegen Mrs. und Mr. Scotty gesagt haben, aber gewisse Typen aus ihrem Freundeskreis… nicht gerade erfreulich!« Ich machte ein vielsagendes Gesicht.
Der Alte rückte ein Stückchen näher. »Kennen Sie diesen Kerl etwa auch? Diesen Snubbish? Am liebsten würde ich dem Halunken den Hals umdrehen. Jeden zweiten Tag sitzt er hier, trinkt Marvins Whisky, raucht seine Zigaretten, leiht sich sogar seine Hemden, natürlich ohne sie wiederzubringen, und ist zu faul zu arbeiten. Aber sagen Sie’s dem Jungen mal! Nein, sie waren zusammen in Korea, und Kameradschaft ist Kameradschaft! Der arme junge Snubbish hat nun mal den Schock von der Front mitgebracht und noch ein paar Entschuldigungen mehr.« Der Name grub sich wie mit einem Meißel in mein Gehirn. Ohne mein Interesse zu zeigen, fragte ich: »Wohnt dieser Schnorrer eigentlich noch immer im Meadow
Weitere Kostenlose Bücher