0188 - 7 Uhr - die Stunde des Todes
an: »Tränengas!«
Er stürzte zu einem Schrank und riß die Türen auf. Ich sah die Kästen mit den dicken Granaten und den gelben Ringen.
»Rufen Sie alle Streifenwagen! Zum Hotel, wo die Sonderkommission ihr Hauptquartier aufgeschlagen hat! Aber schnell! Habt ihr denn keine Gasmaske hier?«
Noch bevor ich das ausgesprochen hatte, sah ich die Kartons. Ich riß einen auf, nahm die Maske heraus und stopfte mir die Taschen voll Tränengas-Handgranaten.
Zwei Minuten später fegte ein Revierwagen mit gellender Sirene davon.
In der Straße, wo das Hotel lag, staute sich eine Menge von etwa 150 aufgeregten Männern. Sie schrien durcheinander.
Ich ließ den Wagen stehen, bevor sie mich entdeckt hatten, und verschwand im nächsten Haus. Über die Höfe kam ich keuchend und schwitzend von hinten an das Hotel heran.
In der Halle stand Johnson.
»Was ist denn in die Menschen gefahren?« schrie ich Johnson zu, während ich die Kollegen heranwinkte und ihnen die Tränengasgranaten in die Hände drückte.
Sie verschwanden auf der Treppe, die nach oben führte.
Johnson zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht. Ich kann es mir höchstens denken. Das mit dem ersten Kind, das haben sie noch hingenommen. Aber jetzt schon das zweite — und die Polizei tut in ihren Augen nichts weiter, als sich in einem Hotel einzumieten.«
Draußen auf der Straße schwoll der Lärm an. Aber gleich darauf hörte der Krach vor der Tür auf.
»Tränengas«, sagte Johnson.
»Was war mit dem Gefangenen?« fragte ich.
»Keine Ahnung! Sie haben sich irgendeinen Mann geangelt und wollen ihn am Fahnenmast lynchen. Ob sie ihn für den Mörder halten oder nicht, weiß der Himmel!«
Ich lief zur Tür. »Los, komm, Edward!« schrie ich über die Schulter zurück. »Los! Bevor sie den armen Kerl umbringen!«
Im Laufen streifte ich mir die Maske über.
Auf der Straße verursachten die Schwaden von Gas tränende Augen. Die meisten Männer setzten sich bereits ab.
Ich sah mich um. Auf der anderen Straßenseite versuchte eine Gruppe von vier hustenden Männern einen fünften mit sich zu ziehen, dem sie Hände und Füße gefesselt hatten.
Ich lief über die Straße.
Erleichtert sah ich die ersten Streifenwagen aus den Querstraßen einbiegen. Als ich die Gruppe erreicht hatte, waren es nur noch zwei. Auch sie taumelten keuchend davon.
Mit zwei kräftigen Zügen hatte ich mir den Gefesselten auf die Schultern geladen und lief zurück zum Hotel.
Johnson mußte alles beobachtet haben, denn die Tür tat sich auf, noch bevor ich klopfen konnte.
Aufatmend eilte ich mit meiner Last in die Halle, ließ den Mann zu Boden sinken und riß mir die Maske ab.
Es war Shanday.
Seine Augen waren so gerötet und tränten dermaßen, daß er bestimmt nichts erkennen konnte.
»Hallo, Shanday!« sagte ich atemlos. »Was war denn da los? Was haben die gegen Sie?«
Er drehte den Kopf in meine Richtung, ohne daß er mich erkennen konnte. Hustend und keuchend rang er nach Luft. Ich sah auf meine Uhr.
Es war bereits 6.30 Uhr.
Es wurde 6.40 Uhr, bevor Shanday endlich vernünftig sprechen konnte.
»Ich wollte Lieutenant Home helfen«, sagte er, noch immer ein wenig atemlos und sich ständig die Augen reibend, »weil ich doch von den Kindern gehört hatte. Ich dachte mir nämlich, daß die Kinder etwas wissen müßten.«
Ich stutzte. Inzwischen waren Mr. High und Phil gekommen. Wir sahen uns an. Die Kinder! Sie waren die einzigen weit und breit, die nicht vernommen worden waren!
»Weiter!« sagte ich heiser. »Reden Sie weiter, Mann!«
»Na, ich bummelte also heute den ganzen Tag durch die Straßen und über die Spielplätze und fing überall mit den Kindern ein Gespräch an.«
Er hielt inne und schöpfte Atem. Ich drängte ihn fortzufahren.
»Vielleicht ist es verrückt«, sagte er, »aber der kleine Billie Randall und Jack Horne — sie haben eins gemeinsam: Die beiden Jungen haben den kleinen Martley mal so geärgert, daß er den ganzen Vormittag geflennt hat…«
Viel Zeit war nicht. Ich telefonierte vom Hotel aus mit dem alten Sergeant im Revier.
»Hören Sie«, sagte ich, »kennen Sie einen gewissen Martley?«
»Ja, natürlich! Der hat das Lebensmittelgeschäft in der…«
»Schon gut«, unterbrach ich. »Er hat einen Sohn?«
»Ja, den kleinen Steward. Das ist ein armer Junge. Er ist gelähmt, Sir. Die Eltern hängen natürlich in doppelter Liebe an dem bedauernswerten Kind.«
Plötzlich schrillte das Telefon wieder. Ich nahm den Hörer ab. Es war der
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