0188 - 7 Uhr - die Stunde des Todes
stehen, zog an meiner Zigarette und dachte nach. Ich konnte unmöglich bis zu ihnen hinabsteigen und McCane die Hand auf die Schulter legen, ohne daß die ganze Meute aufmerksam geworden wäre.
Plötzlich fühlte ich eine leise Berührung in meinem Rücken.
Ich fuhr zusammen, aber das war mehr eine Bewegung in meinem Innern als eine meines Körpers. Um ehrlich zu sein: Ich wagte mich gar nicht zu rühren.
»Hallo, G-man!« sagte eine ganz leise, kaum wahrnehmbare Stimme hinter mir. »Keine Dummheiten!«
Also doch eine Falle, dachte ich.
»Treten Sie ein paar Schritte zurüok, G-man!« sagte die leise Stimme in meinem Rücken.
Was blieb mir übrig? Ich tat’s, bis er sagte, daß es genug wäre.
»Jetzt können Sie sich ruhig umdrehen. Aber, wie gesagt, keine Dummheiten!«
Na, schön.
Ich drehte mich also langsam um.
Ein Mann stand hinter mir.
Er war groß, schlank, intelligent und — durch und durch wie Eis.
Seine Augen blickten so ganz ohne jeden menschlichen Ausdruck, als wären es Glasaugen gewesen.
Seine rechte Hand hatte der Bursche in der äußeren rechten Rocktasche seines dunkelblauen Zweireihers. Früher war dies die inoffizielle Uniform der G-men gewesen.
Es war vielleicht so etwas wie Ironie des Schicksals, daß dieser Kerl jetzt einen solchen Anzug trug.
Die Ausbeulung dort, wo seine Hand in der Tasche verschwand, redete eine deutliche Sprache.
»Was wollen Sie?« fragte ich ihn.
Er hob kaum merklich die Schultern. Mit einem Lächeln, das nur um seine Lippen spielte, aber keinen Widerhall in den Augen hatte, sagte er: »Ein bißchen nach dem Rechten sehen. Ich hörte, Sie wollen McCane kaufen?«
Woher wußte er denn das? Er konnte es doch nur von dem Alten haben!
Zum Teufel, was wurde hier eigentlich gespielt?
»Ja«, sagte ich, weil ich es für zwecklos hielt, es abzustreiten. »Ja, ich will mir McCane kaufen. Aber ich zahle keinen Dollar dafür, daß ich ihn hier kriege, wenn Sie vielleicht auf ein Geschäft anspielen sollten.«
»Ich mache keine Geschäfte dieser Art«, flüsterte er. »Ich möchte nur wissen, warum Sie McCane kaufen wollen.«
»Warum soll ich es gerade Ihnen auf die Nase binden?« fragte ich zurück und geriet langsam in Wut. Ich mag es nicht, wenn mir das Heft aus der Hand gleitet und andere mich herumschubsen, als wäre ich ihr Lakai.
»Dafür gibt es mehrere Gründe«, sagte er ruhig. »Wenn ich will, kommen Sie hier nie wieder raus. Das wäre Grund eins. Außerdem kriegen Sie McCane auch nicht, wenn ich’s nicht will. Das wäre Grund zwei.«
»Nicht sehr überzeugende Gründe«, lächelte ich. Aber meine Sicherheit, die ich zur Schau trug, war nicht echt. Dies war ein Fuchsbau, und er mochte recht haben. Sie konnten mich, den Sergeant und Pokergesicht töten, ohne daß auch nur jemand wußte, wo man uns suchen sollte.
»Sie stimmen aber. Also, wie ist es? Sagen Sie’s mir oder nicht?«
Ich überlegte. Dann zuckte ich die Achseln. Was machte es schon aus, wenn ich es ihm sagte? Viel war hier unten sowieso nicht mehr zu verlieren.
»Er war bei dem Überfall auf die Looker Company beteiligt«, sagte ich.
Kein Muskel zuckte im Gesicht meines Gegenübers. Auch er hätte den Spitznamen Pokergesicht mit vollem Recht tragen können.
»Okay«, meinte er leichthin. »Sie wissen ja, wo der Eingang ist. Warten Sie dort, bis er mit seinem Mädchen rauskommt! Was Sie mit ihm machen, sobald er diesen Ort hier verlassen hat, interessiert mich nicht. Viel Glück, G-man!«
Er drehte sich um und wollte Weggehen. Ich legte ihm die rechte Hand von hinten auf seine rechte Schulter. Er drehte sich wieder herum. In seinen Augen stand ein ganz winziger, gefährlicher Funke.
»Es ist noch keinem gut bekommen«, fauchte er, »der versuchte, mich anzufassen!«
»Ausnahmen gibt es überall«, sagte ich grinsend. »Mir paßt hier verschiedenes nicht, und da Sie anscheinend etwas zu sagen haben, sind Sie für mich im Augenblick viel interessanter.«
»Ich höre«, sagte er, ohne eine leiseste Regung in seinem Gesicht.
»Zunächst habe ich nicht die Absicht, draußen auf McCane zu warten. Ich möchte 1000:1 wetten, daß er nicht durch die Tür kommen wird, an der wir stehen werden.«
»Das ist möglich«, gab er zu, kaltschnäuzig wie ein Seehund.
»Und deshalb werde ich mir McCane da unten kaufen. Und wehe dem, der versuchen sollte, mich daran zu hindern!«
Es sah aus, als erwache plötzlich so was wie Interesse in ihm. Er trat einen Schritt näher an mich heran und
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