0189 - Im Schatten der Ratte
Strime hat mir versichert, dass Nelsons Tür kein Guckloch besitzt.«
»Hier ist Nummer 800«, meldete sich Phil. »Vertagt eure Differenzen. In einer halben Stunde steht ohnedies fest, wer recht behalten hat.«
Er stoppte den Wagen am Straßenrand. Clear und die G-men im zweiten Fahrzeug blieben in den Autos, während Phil und ich im Schlenderschritt wie zwei Müßiggänger die 14th hinuntergingen.
Die 14th Street sah so unerfreulich aus wie die meisten Straßen in Hafennähe. Die Häuser waren schwarz und ungepflegt. Schmutzige Kinder spielten auf dem Pflaster, und zottelige Frauen standen in den Türen und schwatzten miteinander. Ein Gemüsehändler schob seinen Karren vorbei und schrie gellend seine Ware aus.
Nr. 1012 unterschied sich in nichts von den anderen Gebäuden. Wir konnten erkennen, dass das Dach flach war und mit den Dächern der Nachbarhäuser auf einer Ebene lag.
»Wir schicken je einen Mann auf die Dächer der Nachbarhäuser«, sagte ich. »Clear geht als Erster in Nr. 1012 hinein, und zwar geht er bis zum Podest der 4. Etage und stoppt Nelson, falls er nach oben auszubrechen versucht. Du bleibst hier unten für den Fall, dass er mich über den Haufen schießt und über die Treppe nach unten flieht. Auf diese Weise haben wir noch einen Mann, den wir an der Rückfront einsetzen können. Komm, wir gehen jetzt um den Block herum und sehen uns die Sache von hinten an.«
In der Parallelstraße zur 14th standen die gleichen Häuser. Wir gingen auf den Hof des Hauses, das Nr. 1012 gegenüberlag. Niemand kümmerte sich um uns.
»Feuerleitern, wie erwartet«, stellte Phil fest. »Wenn er nur bis ans Fenster kommt, so kann er in den Hof oder auf das Dach.«
»In jedem Fall rennt er gegen einen unserer Leute an. Starten wir den Zugriff!«
»Hoffentlich befindet sich Ihr Gegner überhaupt im Bunker, General«, sagte Phil.
***
Ohne Eile gingen wir zu den Wagen zurück. Wir erklärten unseren drei Kollegen und Allan Clear die Situation. Jeder von ihnen schnappte sich eine MP und sie machten sich auf die Socken. Die Maschinenpistolen steckten in Überzügen aus Segeltuch, denen der Inhalt nicht anzusehen war.
Phil und ich warteten zehn Minuten. Während dieser Zeit rauchten wir eine Zigarette. Phil trat den Rest aus, während ich ihn fortschnickte.
»Also los«, knurrte mein Freund, und es klang grimmig.
Phil schätzt es nicht sehr, wenn wir in eine Sache hineingehen, bei der das Risiko ungleich zu seinen Gunsten verteilt ist. Und für gewöhnlich protestiert er lauthals. In diesem Fall war nichts daran zu ändern. Nur einer von uns konnte an Nelsons Tür klopfen. Zu zweit hätten wir uns nur gegenseitig gehindert.
Fünfzig Yards vor Nr. 1012 trennten wir uns. Phil ging auf die andere Straßenseite hinüber, aber wir hielten uns auf gleicher Höhe. Ich erreichte den Eingang des Hauses. Phil drückte sich in eine Türnische, und ich selbst betrat den Flur von Nr. 1012.
Es war ein dunkler Flur. Die Farbe an den Wänden blätterte ab. Der Weg zur Treppe führte an einer Reihe von braunen Türen vorbei. Eine der Türen wurde aufgerissen. Ich blieb stehen.
Ich ging weiter zur Treppe. Die Holzstufen knarrten unter meinem Gewicht.
Ich erreichte das Podest der ersten, der zweiten und der dritten Etage. Überall sahen die braunen Türen gleich aus und waren in gleicher Weise angeordnet, eine links, eine rechts, und zwei Türen an der Stirnwand.
Auch die Tür, hinter der sich einer der Mörder von Cornwall befinden sollte, sah nicht anders aus. Sie wies keine Klingel, kein Namensschild auf. Ich hob die Hand zum Klopfen. Jetzt würde sich herausstellen, ob der Trick funktionierte.
Es war eine ganz einfache Rechnung, nach der ich vorging. Nelson konnte nicht wissen, dass die Polizei die Namen der Bandenmitglieder kannte. Wenn ich einen der Namen nannte, konnte er keinen Verdacht schöpfen, und ich hoffte, dass ihm bei den wenigen Silben eines Namens die Veränderung der Stimme nicht auf fallen würde.
Meine Knöchel hämmerten gegen das Holz. Dann stemmte ich beide Hände flach gegen die Tür.
Ich hörte Sehritte und dann eine Stimme. »Wer ist da?«
Zum Henker, es war eine Frauenstimme. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass jemand anders als Nelson selbst an die Tür kommen könnte. Und jetzt noch eine Frau!
Ein Dutzend Gedanken schossen mir gleichzeitig durch den Kopf. Aufgeben? Doch Clears Vorschlag folgen und mit großem Orchester anrücken? Aber wenn ich jetzt ging, war Nelson gewarnt.
Gepresst
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