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0189 - Im Schatten der Ratte

0189 - Im Schatten der Ratte

Titel: 0189 - Im Schatten der Ratte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Im Schatten der Ratte (1 of 2)
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Dollar für eine Kleinigkeit, aber ich zahle nur, wenn es klappt. Wenn es schief geht, gibt’s keinen Cent.«
    Strime war bereit, und Dillinger-Ratcliff weihte ihn ein, soweit es nötig war. Er musste ihn ziemlich weitgehend einweihen, denn zu diesem Zeitpunkt besaß er selbst kein Geld, und Strime wollte wissen, auf welche Weise er zu den tausend Dollar kommen sollte.
    Ich unterbrach ihn an dieser Stelle seines Berichtes.
    »Ich wundere mich, dass er einen schäbigen Gauner wie dich einweihte, und noch mehr wundere ich mich, dass du noch am Leben bist.«
    »Das habe ich mir auch gesagt, und ich habe vorgesorgt, damit sie mir nicht ’ne Kugel anstelle der Scheine verpassten. Nach dem Überfall in Cornwall bin ich nicht mehr in Nelsons Wohnung gegangen, und ich hatte ihnen von Anfang an eine falsche Adresse angegeben. Die tausend Dollar und die Pistole ließ ich mir von Dillinger mitten auf dem Broadway überreichen, und zwar am hellen Tag. Selbst für ihn war dort das Risiko zu groß, und er musste darauf verzichten, mich durch ’ne Kugel aus der Welt zu schaffen.«
    Ein Sergeant brachte die Akten, die ich vom Archiv erbeten hatte. Ich ließ Strime in die Zelle zurückbringen und machte mich über die Papiere her.
    »John Ratcliff«, stand auf dem Ordner, »geboren am 24. 2. 1928 in New York, N. Y.« Darunter das Aktenzeichen, ein kompliziertes Gebilde von Nummern und Buchstaben.
    Ich schlug die Akte auf. Eine Bildserie füllte die erste Seite. Der Mann, der sich John Dillinger nannte, war groß und breitschultrig. Die Zahlen neben den Bildern bewiesen es, aber mich fesselte das Gesicht. Er hatte nicht die übliche brutale Gangstervisage, in der sich Grausamkeit mit dem Laster und der Haltlosigkeit paaren. Auf den ersten Blick sah er eher aus wie ein Held. Nase und Kinn waren kühn geschnitten, und die Stirn zeigte eine edle Linie. Hollywood hätte einen Western-Star aus ihm machen können.
    Ich las seinen Lebenslauf. Der Vater war Matrose gewesen und kurz nach der Geburt seines Sohnes mit einem Tankschiff in die Luft geflogen.
    Die Mutter geriet in die Mühle der Großstadt. Ratcliff wurde bei einer Tante erzogen, einer Schwester seiner Mutter, aber die Verhältnisse waren auch in dieser Familie unerfreulich.
    Mit vierzehn Jahren erhielt er eine Jugendstrafe wegen eines Ladeneinbruchs. Zwei Jahre später bekam er ein Stipendium für ein College. Er war intelligent und lernte rasch und leicht, aber gleichzeitig war er aufsässig und unbotmäßig. Er wurde der Chef der Baseball-Mannschaft des Colleges, aber er machte aus der Mannschaft eine Halbstarkenbande, die die Schule tyrannisierte. Damals schon nannte sich der Verein »Dillinger-Gang«, und John erhielt den Beinamen, unter dem er fünfzehn Jahre später berüchtigt wurde.
    Es passierten hässliche Dinge, bei denen Mädchen, gestohlene Autos und auf dem Heimwog überfallene Lehrer eine Rolle spielten. Als Achtzehnjähriger wurde John vom College gejagt. Ein Jahr später saß er zum ersten Mal auf der Anklagebank eines ordentlichen Gerichts. Nur aufgrund seiner Jugend kam er mit vier Jahren davon, denn er hatte einen Überfall auf eine Tankstelle verübt und dabei den Pächter schwer verletzt. Nach seiner Entlassung wurde es ruhig um ihn.
    Anscheinend verdingte er sich für fünf oder sechs Jahre in der Bande Fred Brunnigans, in der auch die »Dogge« Choster als Leibwächter des Hafenkönigs Dienst tat.
    Als Brunnigan erschossen wurde und die Gang aufflog, ging John nach Mexiko. Von diesem Augenblick an verwischte sich seine Spur.
    Drei Jahre später wurde er von der Zollbehörde wegen einer Schmuggelaffäre vorübergehend festgenommen, aber man konnte ihm nichts nachweisen und ließ ihn wieder frei. Aus dieser Episode stammten auch die Bilder. Er verschwand erneut. Erst die Schüsse in Cornwall bewiesen, dass er sein Ziel, ein großer Gangster zu werden, nicht aufgegeben hatte.
    Das also war der Lebenslauf des Mannes, von dem die Zeitungen heute als Dillinger Nr. 2 sprachen, ein Lebenslauf, der sich von denen anderer großer und kleiner Ganoven in nichts unterschied, wenigstens nicht im Äußerlichen.
    Ich las die Akten von Charles Wannigan und Cross Choster. Beide waren wesentlich älter als Dillinger, aber beide waren nie etwas anderes gewesen als Handlanger und ausführende Organe. Ihren Gehirnen war niemals der Plan zu einem Verbrechen entsprungen. Sie hatten Befehle entgegengenommen, und nach diesen Befehlen hatten sie zugeschlagen, Überfälle

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