019 - Der Clan der Rebellen
verlief schnurgerade. Es brauchte sich jemand nur an den Anfang zu stellen und hindurch zu spähen.
Ken winkte den anderen zu, die ihm ihre bleichen Gesichter zeigten: Gemeinsam krochen sie unter der stabil und fest mit dem Boden verankerten Gleitschiene hindurch. Denn sie ruhte in regelmäßigen Abständen auf Stützen. Dazwischen befand sich genügend Platz, um die Menschen, Sann-Gronmei und sogar die Ba-to-neh hindurch zu lassen.
Der Hals von Be-teh schwoll bedenklich vor Zorn. »Verrat!«, zischte er böse.
Ken teilte seine Meinung, sagte aber nichts.
Er zog seinen Schocker. Die anderen taten es ihm gleich:
Sie zogen die zum Teil im ehemaligen Hauptquartier der Rebellen erbeuteten Waffen. Es waren tödliche Laser. Aber falls es nötig war, ihr Leben zu verteidigen …
Sie krochen noch tiefer in das Feld.
Der Boden war durchtränkt von einer Nährlösung. Wahrscheinlich wurde diese in einem anderen Teil der gigantischen Bionik-Anlagen in Fermentern erzeugt, deren Ausmaße sich Ken lieber nicht vorstellte.
In der Nähe surrte eine der Erntemaschinen. Das war zwei Felder weiter. Überhaupt waren die Erntemaschinen praktisch ununterbrochen im Einsatz. Irgendwelche Felder gab es immer, die auf die Ernte warteten. So schnell wuchsen die Pflanzen in dieser Nährflüssigkeit.
Ken fand sie ekelerregend. Alles sträubte sich in ihm dagegen, noch weiter vorzudringen.
Die fleischigen Blätter verbargen ihm die Sicht. Er teilte sie vorsichtig, um endlich zu sehen, wer Jagd auf sie machen wollte. Denn die kleinen Wiesel, die eine Ähnlichkeit mit Ratten hatten, waren nicht ohne Grund geflohen: Fremde mit aggressiver Ausstrahlung!
Und Ken konnte sie deutlich sehen. Sie schauten gottlob gerade in eine andere Richtung.
Es waren Prupper, nicht einheitlich gekleidet, aber mit seltsam einheitlichem Gesichtsausdruck.
Ihre Augen glitzerten kalt. Um ihre Mundwinkel zuckte es.
Auch Jeromee Jeri-emos Damus hatte einen Blick riskiert. Er stöhnte unterdrückt. Hoffentlich konnten die es nicht hören?
»Wer ist das?«, fragte Tanya, die Jeromee Jeri-emos Damus näher war.
Er antwortete mit vibrierender Stimme: »Sub-Prupper – aus meiner Kaste, voll gepumpt mit Drogen, die sie nicht nur mutig, sondern mörderisch aggressiv machen. Sie haben unsere Bilder im Gehirn und sie werden uns schnappen. Wir haben keine Chance.«
Er wimmerte leise.
Ken wollte ihm schon widersprechen – von wegen keine Chance und so …
Da hörte er wieder das Surren der Erntemaschine. Es war irgendwie näher gekommen.
Ken erschrak, denn auf einmal war ihm ein entsetzlicher Gedanke gekommen.
Er tauschte mit Tanya einen Blick. Sie dachte das Gleiche!
Verzweifelt schauten sie nach einem Ausweg. Es schien keinen zu geben.
Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als hier abzuwarten, wie sich die Dinge noch weiter entwickeln würden.
Die Erntemaschine ging erschreckend schnell vor. Sie schien nicht wählerisch zu sein. Aber vielleicht täuschte das: Vielleicht war sie nicht auf Ernten programmiert, sondern gerade auf die Auswahl? Denn es war nur logisch, dass bei dieser bunten Vielfalt auf den Feldern, bei diesem heillosen Durcheinander von Bewuchs, die Erntemaschinen ganz spezielle Sensoren hatten, um die einen Pflanzen von den anderen sehr gut unterscheiden zu können …
Und jetzt hatten die Survival-Agenten auch herausgefunden, wie die Überwachung hier unten aussah: Es funktionierte über die Erntemaschinen!
Das war einfach genial!
Ob es die Sann-Gronmei wussten?
Und wenn nicht: Wie denn auch, wenn die Überwachungsanlagen bisher noch nie effektiv tätig geworden waren? Weil es noch nie zuvor nötig gewesen war!
Die Erntemaschine hatte das Ende ihres Feldes erreicht, dass sie gerade abgesucht hatte und jetzt wechselte sie über – auf das Feld, auf dem sich die Flüchtlinge versteckten!
Sie surrte näher. Jeder von ihnen hörte sie deutlich. Sie spürten sogar die leisen Erschütterungen der Gleitschiene in ihrer Nähe.
Die Erntemaschine ging methodisch vor.
Ken riskierte mal wieder einen Blick und er sah ungezählte Spezialwerkzeuge, die nicht nur die Pflanzen abtasteten, sondern sie auch teilten und absuchten. Bestimmt befanden sich Sensoren und Kameras an der Unterseite.
Es ging erschreckend schnell. Die Erntemaschine hatte die Geschwindigkeit eines Mannes im Dauerlauf. Und dennoch entging ihr nicht einmal ein winziger Käfer. Geschweige denn die Flüchtlinge.
Was würde sie mit ihnen machen?
War sie auf – ›Schädlinge‹
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