0191 - Tschato, der Löwe
nicht im Gleitflug in die Ebene hineinfliegen.
Tschato hatte vor, unterhalb des Kammes bis auf die Höhe des Shifts zu rasen. Dann wollte er flach am Hang herunterjagen und auf den Shift zufliegen. Was danach kommen sollte, entzog sich Picots Voraussicht. Doch darüber war er nicht unglücklich. Wahrscheinlich wußte noch nicht einmal der Löwe selbst, wie es weitergehen sollte. Picot bildete sich seine eigene Meinung über Tschatos Plan. Der schwarze Bursche konnte es vielleicht schaffen, bis zum Shift zu gelangen. Das würde jedoch die Endstation bedeuten. Sobald die Blues begriffen, was das kleine terranische Schiff plante, würden sie sich aus der Schußlinie zurückziehen. Und dann würde Dan Picot in einer Wolke atomarer Gewalten verglühen. Mitsamt Admiral Gecko und der Space-Jet.
Und mit Oberstleutnant Norne Tschato, dem Löwen.
Rhodan gab den Befehl zum Aussteigen, als das Ortungsgerät des Shifts ansprach. Ihre Entfernung zu den Bergen betrug noch etwa dreihundert Meter. Das Schiff der Blues würde so schnell heran sein, daß sie keine Zeit mehr zur Verfügung hatten, den Shift in ein Versteck zu bringen. Rhodan blieb keine andere Möglichkeit, als den Blues mit Hilfe des Shifts einen Blickfang zurückzulassen, der sie eine Weile aufhalten würde. Bis zu diesem Zeitpunkt mußten sie verschwunden sein. Rhodan war sich dessen bewußt, daß jede Handlung die Flucht zwar verlängerte, die Gefangennahme jedoch nicht mehr aufhalten konnte. Der Shift war von den Blues geortet worden. Da er nicht mehr flugfähig war, stellte er eher eine Behinderung als eine Hilfe dar.
Rhodan verließ das Raupenfahrzeug zuletzt. Kasom trug die beiden Mausbiber auf den Schultern. Atlan und Mory Abro rannten bereits auf die nahen Hügel zu. Andre Noir wartete neben Kasom.
Der Regen hatte das Aussehen des Mutanten seltsam verändert, die nassen Haare im Gesicht ließen ihn um Jahre älter erscheinen.
„Los, Kasom", sagte Rhodan ruhig. „Schalten Sie Ihren Mikrogravitator ab. Dann werden Sie lange vor uns ein Versteck ausfindig machen." Kasom hetzte in weiten Sprüngen davon. Die Mausbiber klammerten sich an ihm fest. Vergeblich suchte Bully, mit ihm Schritt zu halten. „Der Shift wird in dreißig Minuten explodieren", sagte Rhodan zu Noir. ,Ich habe die Selbstvernichtung eingestellt. Kommen Sie, Andre."
Vor ihnen überholte Kasom bereits Atlan und das Mädchen.
Rhodan sah, daß der Arkonide Mory am Unterarm hielt. Er hoffte, daß die junge Frau noch durchhalten konnte. „In den Bergen werden wir uns in einzelne Gruppen aufteilen", kündigte Rhodan an. „Das wird den Blues die Suche erschweren. Vielleicht geschieht ein Wunder, und Hilfe’ trifft ein. Auf diese Weise kann sich der eine oder andere eventuell noch retten." Als sie losrannten, glaubte Rhodan in den Bewegungen des Mutanten Müdigkeit und Resignation zu erkennen. Noir hielt den Kopf gesenkt, seine Augen waren auf den rauhen Boden gerichtet.
„Ich kann sie schon spüren!" rief er Rhodan zu. Kurz vor den ersten Felsen blieb Perry Rhodan stehen und blickte zurück.
Das Schiff der Blues erschien am anderen Ende der Ebene. Es glitt durch den Regen heran, wie ein durchsichtiger Tropfen aus Glas. Doch das war nur ein Effekt der eigenartigen Helligkeit, die zwischen den Wolken hindurchbrach. Inzwischen waren Kasom und die Mausbiber verschwunden. Atlan zog Mory Abro hinter eine Ansammlung größerer Felsbrocken. „Ich spüre noch etwas", sagte Noir plötzlich. „,Es ist... aber nein, das muß eine Täuschung sein," Rhodan blickte ihn gespannt an, doch Noir zuckte hilflos mit den Schultern. Da kam Kasom hinter zwei großen Steinen hervor.
„Die Mausbiber behaupten, daß sie einen Augenblick lang bekannte Gedankenimpulse empfangen hätten", rief er Rhodan entgegen. Noir und Rhodan wechselten einen Blick. Noir versuchte ein schwaches Grinsen. Hinter ihnen landete das Riesenschiff der Blues. „Unter diesen Umständen bleiben wir besser zusammen", entschied Rhodan. „Vielleicht bedeuten die schwachen Impulse wirklich, daß jemand in der Nähe ist, der nicht zu den Blues gehört." Kasom bekam glänzende Augen.
„Vielleicht ist es ein Tier, Sir", meinte er voller Hoffnung. „Ein großes Tier mit zartem Fleisch, das wir hier zwischen den Felsen braten können."
„Wie können Sie jetzt an Essen denken?" fragte Noir unwirsch. „Ich denke immerzu daran", gab ihm Kasom zu verstehen und schaute ihn aus hungrigen Augen an. Noir murmelte eine Verwünschung und zog sich
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