0194 - Wenn Hexenhände töten
sagen sollte. Sir James blieb zwischen den beiden Schreibtischen ein wenig unschlüssig stehen und nickte dann.
Nach einer Weile meinte er: »Ich möchte Sie in meinem Büro sprechen.«
»Natürlich, Sir.«
Der Superintendent ging vor. Als Suko das Zimmer von Glenda durchquerte, warf er einen sehnsuchtsvollen Blick auf die Tasse, in der bereits der Tee dampfte.
Den konnte er jetzt vergessen.
In Sir James’ Büro nahm Suko Platz. Der Alte war ziemlich unruhig. Er nahm einen Schluck von seinem Magenwasser und verzog das Gesicht, bevor er sagte: »Irgend etwas ist da faul, das spüre ich. Sie werden sich um den Fall kümmern, Suko.«
»Gern, Sir. Nur weiß ich leider nicht, um was es genau geht.«
Der Superintendent winkte ab. »Das erkläre ich Ihnen sofort.« Er nahm noch einen Schluck und setzte Suko in wenigen Sätzen auseinander, um was es ging.
Der Chinese hörte genau zu. Hin und wieder nickte er. Besonders beeindruckt zeigte er sich nicht, als er den Namen der Windsors vernahm. Suko war eben kein Engländer.
»Sie müssen den Fall natürlich mit sehr viel Fingerspitzengefühl angehen«, erklärte ihm der Superintendent. »Die Windsors sind keine Browns oder Smiths, sondern eine sehr angesehene Familie. Wenn nicht die angesehendste überhaupt. Deshalb verlange ich von Ihnen Diskretion. Ich werde mich um ein persönliches Gespräch bemühen, und Sie versuchen, den Fall von einer anderen Seite aufzurollen.«
»Habe ich direkten Kontakt mit der Familie?«
»Das glaube ich nicht. Auch John Sinclair ist nicht zu den Windsors gegangen, er war mit dem Küster verabredet. Versuchen Sie, diesen Mann ausfindig zu machen, dann ist alles klar.«
»Ja, Sir, ich werde mein Bestes tun.«
»Sie wissen, wo Sie den Wohnsitz der Windsors finden können?«
»An der Themse, ungefähr 25 Meilen von hier.«
»Genau. Und halten Sie mich auf dem Laufenden.«
»Natürlich, Sir.«
Suko war entlassen. Bevor er sich auf den Weg machte, ging er noch bei Glenda vorbei. »Wie sieht es mit dem Tee aus?«
Die schwarzhaarige Glenda lächelte. »Ich habe ihn warmgestellt.«
»Sie sind ein Schatz.«
»Langsam nehmen Sie die Sprüche eines John Sinclair an, Suko.«
»Ist das verkehrt?«
»Eigentlich nicht.«
Suko nahm die Tasse und führte sie an den Mund. »Sehen Sie, Glenda, so kommen Sie wenigstens nicht aus der Übung.«
»So kann man es auch sagen.«
Suko trank den Tee, und er berichtete Glenda, in deren Augen Sorge stand, daß er sich auf die Suche nach John Sinclair machen wollte.
»Hoffentlich ist ihm nichts geschehen.«
Suko winkte ab. »John ist zäh, der hat sogar sieben Leben. Wie eine Katze.«
»Übertreiben Sie da nicht ein wenig?« fragte Glenda.
»Nein, ich mache mir nur selbst Mut.«
»Den können Sie auch gebrauchen.«
***
Ich hatte mich schon oft während meiner langen Laufbahn in gefährlichen Situationen befunden, war mehrere Male niedergeschlagen worden und gefesselt wieder erwacht, aber diese Haltung, in die man mich ohne mein Wissen hineingezwängt hatte, war wohl die schlimmste bisher von allen.
Ich hing an einem Kreuz!
Nicht an einem normalen, nein, an einem Kreuz, bei dem beide Teile gleich lang waren. Der senkrechte und der waagerechte dicke Holzbalken. Zudem stand es gekippt, so daß es ein großes X bildete.
Man hatte mich gefesselt.
Um Hände und Füße waren die Stricke gebunden. Und zwar so hart, daß ich mich nicht rühren konnte. Arme und Beine waren so weit auseinandergezogen worden, wie es eben ging, und ich spürte ein Stechen in den Gelenken, welches das Schmerzgefühl in meinem Kopf sogar noch übertönte.
Meine Gegner hatten mich in dem Kellerraum gelassen, in den ich kurz vor meiner Bewußtlosigkeit hatte einen Blick werfen können. Da war ja nicht nur dieses große X, das mir zuvor Rätsel aufgegeben hatte, sondern eine makabre Bank.
Sie bestand ebenfalls aus Holz, und ich sah sie in geringer Entfernung vor mir.
Die Bank besaß Löcher. Genau acht an der Zahl. Und in jedem Loch steckte eine Hand!
Acht Hände.
Genau die Hände, die ich schon einmal in der Truhe gesehen hatte, als sie von mir geöffnet worden war. Jetzt befanden sich die Hände hier.
Man hatte sie in die Bank gesteckt, die Finger auseinandergebogen und zur Klaue geformt. Mir, dem Gefangenen, wandten die Hände ihre Innenseiten zu, und die Finger sahen aus, als wollten sie jeden Moment nach mir greifen.
Ich konnte alles so gut erkennen, weil der Keller erhellt wurde. Die Birne an der Decke, die ich
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