0194 - Wenn Hexenhände töten
meisten der Gebäude waren zur Besichtigung freigegeben, nur die Privaträume der Windsors nicht.
Suko wußte nicht, ob es von der Themse her einen direkten Zugang zum Besitz der Windsors gab, deshalb fuhr er den offiziellen Weg und erreichte den Parkplatz, der vor den großen und hohen Mauern lag. Hier wurden die Busse abgestellt, denn auf das Gelände ließ man nur PKW’s.
Der Chinese auf seiner Harley verschwand fast zwischen den hohen Ungetümen. Er fand für sein Motorrad eine Ecke, nahm den Helm ab und kettete ihn an der Maschine fest.
Dann marschierte er los.
Suko hörte zahlreiche Sprachen. Deutsch war am häufigsten vertreten. Aus Germany kamen die Besucher wirklich in Scharen, um das Schloß und die Nebengebäude zu besichtigen. Die Führungen wurden laufend durchgeführt. Es gab zahlreiche Führer, die auf die Besucher warteten und sie in Empfang nahmen.
Schon hinter dem großen Hauptburgtor - es gab hiervon mehrere wurden die Besucherströme in die entsprechenden Richtungen geleitet.
Gepflegte Wege umrahmten die kurz geschnittenen Rasenflächen, die an einen grünen Teppich erinnerten.
Rundbauten, Türme, Söller, Wehrgänge, Mauern - sie alle bildeten ein verwirrendes Durcheinander. Suko hatte sich vor seiner Fahrt noch informiert. Er wollte nicht dorthin, wo die Windsors lebten, ihn interessierte die kleine Kapelle. Dort hatte John Sinclair seinen Auftrag ausführen wollen.
Der frischgebackene Inspektor machte es geschickt. Ein Stück ließ er sich mit den Touristen treiben, bevor er sich nach links absetzte und damit weg von dem großen Rundweg kam, der das riesige Gelände praktisch in zwei Hälften teilte.
Suko wandte sich nach links. Dort stand eines der Hauptgebäude, das nicht besichtigt werden konnte. An seiner Westseite jedoch führte ein schmaler Weg entlang, den Suko einschlug. Er war kaum ein paar Schritte gegangen, als sein Blickwinkel besser wurde und er einige kleine Gebäude sah, deren Dächer rot schimmerten.
Dort mußte das Personal wohnen.
Die Bauten standen dicht an dicht. Als Suko näherkam, roch er den Stallgeruch.
Pferde.
Hier hielten die Windsors also ihre Klasserenner auf vier Beinen. Suko hörte auch Stimmen. Er sah einen kleinen, mit Sand bestreuten Platz, auf dem zwei Pfleger rassige Hengste in die Runde führten. Auf dem Gatter saß ein dritter Mann, der gab hin und wieder einige Anweisungen und schrieb etwas in seinen Notizblock. Das war sicherlich der Stallmeister.
Suko hatte Glück, daß man ihn nicht sah. Er drückte sich durch eine Gasse zwischen zwei Hausreihen, gelangte in einen viereckigen Innenhof und saß erst einmal fest.
Ein Ausgang war nicht zu sehen.
Irgendwo dudelte ein Radio. Die Musik kam von oben. Suko hob den Blick und sah die lange Balkonreihe, die jedes Haus miteinander verband und sich durch den gesamten Innenhof zog. Dem Chinesen gegenüber schimmerte das Tor einer Einfahrt im dunklen Grün. Suko roch noch die Farbe, das Tor war erst frisch gestrichen worden.
Aus einer Tür erschien eine Frau. Sie trat vor bis an das Geländer des Balkons, stützte ihre Arme auf das Schmiedeeisen und schaute nach unten.
»Suchen Sie etwas?«
Jetzt mußte Suko sich rasch eine Ausrede einfallen lassen. »Ja«, rief er zurück, »den Küster.«
Die Frau lachte. »Den finden Sie hier nicht: Der ist in der kleinen Kapelle. Was wollen Sie denn von ihm?«
»Ich muß mit ihm sprechen. Wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Er hat mich eingeladen.«
»Dann gehen Sie mal durch das grüne Tor.« Die Frau wies in die Richtung. »Dahinter beginnen zwei Wege. Sie müssen den linken nehmen. Er führt auch zur Kapelle. Dort treibt sich der Küster meist herum. Und hoffentlich ist er nüchtern.«
»Wieso? Trinkt der Gute denn?«
»Mindestens eine Flasche Gin am Tag. Wir nennen ihn immer Don Camillo, denn betrunken spricht er immer mit dem Herrgott.«
»Na denn. Vielen Dank auch.«
»Und grüßen Sie den alten Knaben mal.«
Von wem er grüßen sollte, erfuhr Suko nicht, denn die Frau verschwand vom Balkon.
Der Chinese zog einen Torflügel auf und fand tatsächlich die beiden Wege. Er schlug den linken ein. Dieser führte ihn in die Nähe der Burgmauer und auch gleichzeitig auf einen Wald zu, der zu dieser Jahreszeit allerdings kahl aussah und wie ein Gerippe wirkte. Suko hörte das Brummen einer Kehrmaschine, und er sah zwischen den Bäumen einen Mann auf einem Minitrecker sitzen. An dem Gefährt war eine automatische Kehrmaschine angebracht worden, die das
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