0195 - Eine schaurige Warnung
lachte. »Glauben Sie denn, daß noch jemand nach diesen Vorfällen Lust dazu hätte?«
Nein, das glaubte ich nicht. Es war nur als Sicherheit gedacht. Ich wechselte das Thema und bat den Polizisten, uns einen bekannten Weg zu erklären und aufzuzeichnen.
Das tat er gern. Wir setzten uns an einen Tisch. Der Wirt gab uns ein Bett, und Fawcett begann zu zeichnen, wobei er einige Erklärungen abgab, die wir uns gut einprägten.
Wäre doch gelacht, wenn wir diesen geheimnisvollen Abrakim nicht finden würden…
***
Glücklicherweise führte fast bis an den Rand des geheimnisvollen Waldes eine Straße. Die Asphaltdecke endete schließlich und führte als Schotterweg weiter. An seinem Ende ließ ich den Bentley stehen, denn quer durchs Gelände fahren wollte ich mit meinem Wagen nicht.
Natürlich hatte es im Dorf Aufregung gegeben – und offene Rebellion. Die Männer waren sauer. Arbeiter wollten nicht mehr weitermachen, die Angst schlich wie ein gefährliches Gift durch die Straßen. Der Sergeant und die Einwohner hatten natürlich nichts dagegen, daß die Fremden ihren Ort verlassen wollten. Im Gegenteil, sie waren froh darüber.
Ich stieg aus.
Suko hatte an der Beifahrerseite ebenfalls den Wagen verlassen.
Wie auch ich schaute er sich um.
Es war kühler geworden. Dunst umhüllte nicht nur uns, sondern auch den Wald. Er hatte sich fast schon zu einem Nebel verdichtet.
Das war das richtige Gruselwetter, für uns eine beeindruckende Kulisse, um den Geisterwald zu besuchen.
Wir hatten schon vorher unseren Plan abgesprochen. Nicht gemeinsam wollten wir gehen, sondern einzeln. Jeder für sich.
Falls irgend etwas war, konnte der eine dem anderen über Funk Bescheid geben. Wenn wir getrennt suchten, dann verdoppelten sich die Chancen, etwas zu finden.
Wir überprüften noch einmal unsere Waffen. Suko trug alles bei sich und ich ebenfalls.
Zum Abschluß schlug der Chinese auf die Motorhaube des Bentley.
»Dann wollen wir mal sehen«, sagte er.
Zuerst blieben wir noch zusammen. Der Weg, über den wir schritten, war mit hohem Gras bewachsen, das an einigen Stellen Knicke zeigte. Ein Beweis, daß der Weg hin und wieder auch von Fahrzeugen benutzt wurde. Sicherlich fuhren die nur bis zu einer bestimmten Grenze.
Ein paar Raben oder Krähen, so genau erkannte ich das nicht, huschten über uns hinweg. Zuerst hörten wir ihren klatschenden Flügelschlag, dann wehte ihr Krächzen an unsere Ohren.
Der Dunst umgab uns wie ein gewaltiger Schleier. Blaßgrau sah er aus, ebenso der Himmel, der sich langsam aber sicher verfärbte.
Bald würde es dunkel sein, und wir waren froh, die lichtstarken Taschenlampen bei uns zu tragen.
Ich grinste Suko an. »Und?« fragte ich.
Der Chinese hob die Schultern.
»So ganz wohl fühle ich mich auch nicht.«
»Das heißt, du spürst etwas.«
»Nein.« Suko deutete auf den dunklen Waldrand. »Das Gebiet ist ziemlich groß. Hoffentlich schaffen wir es.«
»Es soll ein Weg hindurchgehen.«
»Den finde mal.«
»Werde ich auch«, erwiderte ich und holte die Zeichnung aus der Tasche, die mir der Sergeant angefertigt hatte. Ich faltete sie auseinander.
Zum Glück war es noch so hell, daß wir unsere Lampen schonen konnten. Wir sahen auch so.
Da war das Ende der Schotterstraße eingezeichnet. Wir konnten genau den Punkt bestimmen, wo wir uns momentan aufhielten.
»Hier«, sagte Suko und deutete mit dem Zeigefinger dorthin.
Ich nickte, schaute auf die Karte, anschließend nach vorn und entdeckte auch den von dem Sergeant eingezeichneten Weg in natura.
Es war ein schmaler Pfad, der in den Wald hineinschnitt und sich in Schlangenlinien weiterschlängelte.
Wir nahmen den Pfad auch. Bis zu seinem Ende wollten wir zusammenbleiben.
Dieser Wald hatte wirklich eine unheimliche Aura. Er kam mir wie ein Urwald vor.
Da hatte niemand gerodet oder abgehackt. Die Bäume wuchsen kreuz und quer. Dazwischen breitete sich das Unterholz aus. Ein Wirrwarr auf einem dicken Laubteppich, der von den abgefallenen Blättern der Bäume gebildet wurde.
Lautlos konnten wir uns nicht bewegen. Unsere Füße schleiften durch die faulenden Blätter und wirbelten sie manchmal wie Papierschnipsel in die Höhe.
Noch befanden wir uns nicht direkt im Wald. Die Bäume standen nicht sehr dicht, waren auch nicht sehr hoch, und wir mußten erst einen Gebüschstreifen durchqueren, um in den eigentlichen Wald zu gelangen.
Schlagartig wurde es dunkler. Jetzt standen die Bäume so nah, daß von dem Pfad nichts mehr zu
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