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0195 - Im Schloß der Bestien

0195 - Im Schloß der Bestien

Titel: 0195 - Im Schloß der Bestien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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gesenktem Kopf folgte sie der Wolfsköpfigen.
    Werwölfe …
    Nicole erschauerte immer wieder bei diesem Gedanken. Wie viele dieser Ungeheuer mochte es geben? Waren sie alle, die in diesen Mauern lebten, Wolfsmenschen?
    Vor ihnen öffnete die Frau eine Tür und trat in einen anderen Raum. Susy und Nicole folgten. Fedor Lykow zog die Tür hinter sich zu und blieb mit verschränkten Armen stehen.
    »Was jetzt?« fragte Nicole unsicher. Das Zimmer war mit einigen Sesseln und einem niedrigen Tisch bestückt. An einer Wand standen Bücherregale. Rechts ein Kamin mit offenem knisternden Feuer. Hieß es nicht, daß Wölfe wie Werwölfe das Feuer fürchten? Hier schien es aber nicht der Fall zu sein. Links hingen zwei große Bilder an der Wand. Eines zeigte eine russische Schneelandschaft, das andere war wohl so etwas wie ein Familienporträt. Auffällig und abstoßend die Köpfe der dargestellten Personen. Wolfsköpfe!
    »Ihr dürft euch setzen«, sagte Fedor Lykow.
    Nicole verzichtete. Sie stand lieber und hatte dabei alles unter Kontrolle. Susy dagegen ließ sich in einem Sessel nieder. Nicole sah, daß sich auf ihrem Körper eine Gänsehaut gebildet hatte.
    In diesem Augenblick begann die Wolfsfrau sich zu verändern.
    ***
    Vor der Außenmauer blieb Zamorra stehen. Früher mußte es in der Tat so etwas wie eine Burgmauer gewesen sein, eine Festungsmauer, die Raubrittern und römischen Eroberern Widerstand zu leisten hatte. Auch die Ecktürmchen waren in der Dunkelheit, die nur vom Licht des bleichen Wolfsmondes aufgerissen wurde, zu erkennen. Aber wehrhaft war die Mauer schon lange nicht mehr.
    Es gab auch keine massive Tür mehr. Ein zierliches Gitterwerk ersetzte Falltür und Zugbrücke, und diese Gittertür war noch dazu lediglich angelehnt. Der Boden war feucht, und Zamorra sah frische Reifenspuren. War dies Tamara Lykow gewesen?
    Er sah Fenrir an.
    Der Graue hatte das Fell leicht gesträubt und die Ohren angelegt. Er witterte den Feind in den Mauern. Aber er wich nicht zurück, sondern näherte sich auf seinen vier Beinen dem Tor.
    Grotesk! dachte Zamorra. Ein Mensch und ein Wolf wollen gegen Wolfsmenschen antreten!
    Mit seinem Körper drückte Fenrir das Türchen auf und befand sich im nächsten Moment innerhalb der Mauern. Vor ihnen ragte das breite dunkle Gebäude auf. Einige Fenster waren erhellt und warfen gelbe Lichtbalken auf den Innenhof. Aber vergeblich versuchte Zamorra in den erleuchteten Zimmern Schatten zu erkennen, die sich bewegten.
    Nichts rührte sich. Lykows Schloß war wie ausgestorben.
    Langsam schritt Zamorra dem Gebäude entgegen. Vor seiner Brust schimmerte das Amulett. Eine leichte Wärmewelle ging von ihm aus. Das Amulett verriet die Nähe dämonischer Wesenheiten. Schwarzblütige befanden sich im Schloß. Werwölfe.
    »Wir werden sehen«, murmelte Zamorra. »Hoffentlich kommen wir unbemerkt hinein!«
    Alles blieb ruhig. Die Stille gefiel Zamorra nicht, weil sie Gefahr in sich barg. Die Ruhe vor dem Sturm … vielleicht war es eine Falle, auch jetzt noch, nachdem er nicht mehr ahnungslos, wie es ursprünglich geplant war, anreiste. Vielleicht lauerten sie nur, daß er in diese Falle doch noch hineintappte.
    Dann hatte er den Schloßinnenhof durchquert. Seine Hand legte sich auf die große Klinke der Haupteingangstür.
    ***
    Wieder wandte sich Pjotr Lykow dem Ahnenporträt hinter seinem großen Arbeitstisch zu. »Die Chancen stehen immer noch gut«, murmelte er. »Wir werden sehen, ob wir beide Mädchen gebrauchen können!«
    Das Bild schien zu leben. Der große Wolfsschädel des Porträtierten bewegte sich kaum merklich, und die Augen glühten wie Kohle.
    »Paß auf«, warnte das Bild. »Zamorra ist nicht mehr ahnungslos, und er ist in der Nähe! Geht deine Rechnung noch auf? Hüte dich!«
    »Ja«, sagte Pjotr Lykow entschlossen. »Und wie sie aufgeht!«
    Abrupt wandte er sich um und verließ das Arbeitszimmer. Die glühenden Augen des gemalten Wolfskopfs sahen ihm besorgt nach.
    ***
    Der Kopf der Wolfsfrau veränderte sich. Die lange Schnauze bildete sich zurück, die Ohren verrutschten und wurden rund. Die Gesichtshaare schwanden, dafür wuchs das Haupthaar lang und schwarz. Nach ein paar Sekunden sah der Kopf sehr menschlich aus. Die leicht asiatischen Züge der jetzt schönen Frau gaben dem Gesicht einen eigenartigen Reiz.
    Die Frau glich Fedor Lykow. Waren sie Geschwister, fragte sich Nicole.
    Und was bedeutete dies alles? Es widersprach dem, was sie über Werwölfe wußte.

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