0196 - Die Mörderklaue
Kollege verstand.
Dann lagen wir beide und waren in den nächsten Sekunden nur noch Statisten. Wir bekamen mit, wie sich die Schwarze und Weiße Magie bekämpften.
Ich hatte, wie schon erwähnt, mein Kreuz in den Boden gestoßen. Das Leuchten konzentrierte sich besonders stark an den Enden, wo die Erzengel ihre Zeichen hinterlassen hatten. Und hier trafen sie auf eine Magie, die genau gegen gepolt war.
Obwohl ich schreckliche Sekunden durchlebte, machte ich mir Gedanken darüber, wie es kam, daß mein Kreuz gerade jetzt so reagierte. Es hatte in ähnlichen Situationen immer geschwiegen, wenn ich das mal so sagen darf, aber nun entfaltete es eine große und auch starke Magie.
Damals wußte ich nicht, daß es das Mädchen Elena gewesen war, daß die Geister des Lichts angerufen hatte. Und mein Kreuz stand mit ihnen in Verbindung. Auf dem Weg durch die Dimensionen war es den Geistern gelungen, mit dem Kreuz Kontakt aufzunehmen. Sie wurden sozusagen von ihm angezogen wie ein Magnet.
Deshalb diese plötzliche Aktivität.
Das Strahlen verdichtete sich noch mehr und gleichzeitig breitete es sich weiter aus. Es wurde zu einem leuchtenden Schein, der mir wie eine dicke Haut vorkam, die uns schützte.
Ich hörte das Schreien der Vögel und riskierte es, den Kopf zu drehen.
Die Vögel starben.
Sie fielen buchstäblich vom Himmel wie zahlreiche Regentropfen, und mit ihnen vergingen auch die noch übriggebliebenen Klauen. Auch sie kamen gegen die starke Magie meines Kreuzes nicht an. Sie verdorrten, knickten weg und wurden zu Staub.
Suko und ich waren gerettet.
Ich stemmte mich auf die Knie und schaute mein Kreuz an. Innerhalb des pulsierenden und strahlenden Lichts war es kaum zu sehen. Das Zentrum der Weißen Magie befand sich dort, und ich glaubte auch, etwas zu erkennen.
Etwas Bestimmtes.
Fahrig wischte ich mir über die Augen, weil mich das Bild dort tief traf.
Ein verschwommenes Gesicht, ein lächelnder Mund und zwei Augen, in denen das Wissen der Ewigkeit zu stehen schien.
Das war er, das war der Seher!
Innerlich verkrampfte ich mich. Ein Schauer lief über meinen Rücken.
Endlich, nach langer Zeit, hatte ich ihn wieder vor mir gesehen. Zuletzt in Atlantis, als er mich, John Sinclair, gerettet hatte. Jetzt hatte er wieder eingegriffen und war zu meinem Schutzpatron geworden.
Hart mußte ich schlucken. Dies waren wirklich Momente, wo man ein Gefühl schlecht beschreiben kann. Ich spürte alles, Freunde, Kraft und auch den Mut weiterzumachen.
Ja, ich wollte die Gegner besiegen! Verschwand das Bild wieder?
Nein, es verdichtete sich und wurde klarer. Stärker traten die Umrisse hervor, ich sah vor allen Dingen die Augen und den Mund, bei dem sich die Lippen bewegten.
Der Seher wollte mir etwas mitteilen.
Dann vernahm ich Bruchstücke seiner Worte. Allerdings sprach er nicht laute, sondern auf telepathischem Wege zu mir. Ich hörte die Stimme in meinem Kopf.
»Gefahr, John Sinclair… Hölle…lauert. Asmodina…Dr. Tod wird sich… du mußt aufpassen… das Zentrum des Schreckens… das Tor zur Hölle… sehen… du wirst es sehen… bald… Gefahr…!«
In diesem Augenblick zerbrach die Verbindung. Das Gesicht löste sich auf, es wurde zu einem grauen Streifen, der mir wie ein Nebelschleier vorkam.
Dafür sah ich andere Gesichtszüge. Für den Bruchteil einer Sekunde erschienen die Umrisse eines satanisch lächelnden Frauenkopfs mit zwei Hörnern. Asmodina, die Tochter des Teufels. Sie grinste mich an, und hinter ihr erkannte ich riesengroß eine schwarze Gestalt, den Spuk!
Dann war auch dieses Bild verschwunden.
Ich stand Sekunden wie erstarrt. Die letzten Eindrücke waren zu schnell über mich hergefallen. Ich kam mir vor wie verzaubert und mußte meine Gedanken erst sortieren.
Der Seher war erschienen und hatte mich gewarnt. Ja, ich faßte es als Warnung auf. Irgend etwas bahnte sich in der näheren Zukunft an, dessen war ich mir sicher. Und es mußte mit Asmodina und dem Spuk zu tun haben, denn hier im Kreuzpunkt der Magien, wo mehrere Ströme aufeinandertrafen, wo die Zeit vielleicht aufgehoben wurde, hatte ich dieses seltsame Erlebnis gehabt.
Ein Blick in die Zukunft?
Nein, ich hatte keinen Blick dorthin werfen können. Man hatte mich nur vor der Zukunft gewarnt, vielleicht vor einer wichtigen Entscheidung, die mit der Teufelstochter in einem unmittelbaren Zusammenhang stand.
Das war gut möglich.
Schwer atmete ich aus. Hier in dieser geheimnisvollen Druidenstadt spielte Asmodina keine
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